Zukunftsvision:Israel will Elektroautos

Israel will deutlich unabhängiger von Öl-Importen werden und deswegen in wenigen Jahren ein landesweites Elektroauto-Netzwerk aufbauen. Renault und Nissan sollen helfen.

Öl wird nicht nur immer teurer, sondern ist im Falle Israels auch eine politisch heikle Ware - schließlich muss man den wertvollen Rohstoff bei nicht immer freundlich gesinnten arabischen Staaten einkaufen. Grund genug, nach Alternativen zu suchen. Ein ambitioniertes Projekt soll Israel deutlich unabhängiger vom Öl machen: Binnen weniger Jahre will man ein landesweites Elektroauto-Netzwerk aufgebaut haben.

Zukunftsvision: Pressekonferenz im Amtssitz: Renault-Chef Carlos Ghosn, Israels Ministerpräsident Shimon Peres und der Projektleiter Shai Agassi stellen die Initiative "Better Place" vor.

Pressekonferenz im Amtssitz: Renault-Chef Carlos Ghosn, Israels Ministerpräsident Shimon Peres und der Projektleiter Shai Agassi stellen die Initiative "Better Place" vor.

(Foto: Foto: afp)

500.000 Ladestationen werden gebraucht

Ein privat finanziertes Konsortium soll dazu innerhalb der nächsten 18 Monate ein umfangreiches Netz an Tankstellen und Stationen zum Wechseln der Batterie errichten. Die Autohersteller Renault und Nissan wiederum haben sich in einem Vorvertrag verpflichtet, bis 2011 dafür ein Elektroauto zu entwickeln, das mit vollem "Tank" deutlich mehr als 200 Kilometer zurücklegen kann.

Um das Projekt alltagstauglich und erfolgreich zu machen, müssen geschätzte 500.000 Ladestationen errichtet werden. Der dafür benötigte Strom wird anfangs aus dem normalen Netzwerk bezogen, soll aber später ausschließlich aus Solarenergie gewonnen werden.

Der Plan wird von Israels Regierung und vor allem von Staatspräsident Schimon Peres unterstützt, der die Initiative gestern bei einer Pressekonferenz vorgestellt hat - gemeinsam mit Renault-Chef Carlos Ghosn und dem einstigen SAP-Wunderkind Shai Agassi. Finanziell wird das Projekt vom Staat durch deutliche Steuererleichterungen unterstützt: So soll beim Kauf eines Elektroautos nur ein Bruchteil der bei einem normalen Pkw anfallenden Steuern zu entrichten sein.

Israel will Elektroautos

Initiatoren des Projekts sind der frühere SAP-Manager Shai Agassi und Idan Ofer von der Israel Corporation, die mit der Plattform "Project Better Place" eine ähnliche Strategie wie die Mobilfunker planen. Regionsweise soll ein funktionierendes Netz aufgebaut werden, das mit entsprechender Nutzung ständig ausgebaut wird.

Zukunftsvision: Ghosn, Peres und Agassi stellen sich den Fragen der Presse.

Ghosn, Peres und Agassi stellen sich den Fragen der Presse.

(Foto: Foto: afp)

200 Mio. Dollar stehen schon jetzt zur Verfügung

200 Millionen Dollar (137 Mio. Euro) hat das Start-up-Unternehmen bereits an Risikokapital eingesammelt - genug, um die ersten Phasen des Projekts umzusetzen, so die "Financial Times". Für den Ausbau der Infrastruktur und die Elektroautos wird mit weiteren Kosten von 800 Mio. Dollar gerechnet.

Israel verspricht sich durch die Elektrifizierung des Straßenverkehrs eine deutliche Reduzierung seines CO2-Ausstoßes. IDem Projekt könnte die Tatsache helfen, dass 90 Prozent der Pkw-Besitzer täglich weniger als 70 Kilometer fahren - das ist eine Strecke, bei der auch die geringere Reichweite von Elektroautos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor keine wirkliche Rolle spielt.

Außerdem errechnete "Project Better Place" die Kosten für die Umstellung der gesamten Pkw-Autoflotte des Landes auf Elektroautos: Um in Zukunft den gesamten Strombedarf durch Solarenergie decken zu können, wären Investitionen von fünf Milliarden Dollar (3,4 Mrd. Euro) nötig.

Wie das Ganze funktionieren soll, lesen Sie auf der nächsten Seite.

Israel will Elektroautos

Die Idee klingt verführerisch: Je mehr Besitzer ihr Elektroauto nutzen, desto weniger wird es kosten. Verpflichten sich die Kunden sogar zu einem gewissen Nutzungsumfang, soll es das Auto selbst sogar gratis geben.

Um das Grundproblem heutiger Elektroautos - die lange Ladedauer der Batterie und die relativ kurze Reichweite - zu umgehen, sind zwei Maßnahmen vorgesehen: Ladestationen soll es nicht nur an Straßen, sondern auch in öffentlichen Parkhäusern, bei Bürogebäuden und in der Nähe von Wohngebäuden geben. Im Endausbau sollen Hunderttausende Ladestationen im ganzen Land verfügbar sein.

Überall aufladen - oder Batterie einfach austauschen

Das Problem der kurzen Reichweite soll ein schneller Batteriewechsel beseitigen. Statt die Batterie aufzuladen, soll sie an regulären Tankstellen ausgetauscht werden können - dank eines vollautomatisierten Robotersystems eine Angelegenheit von wenigen Minuten, verspricht Better Place.

Ebenso wichtig: Das Geschäftsmodell lässt sich laut Projekt-Chef Agassi schon mit der heutigen Generation von Lithium-Ionen-Batterien realisieren. Es sei also nicht nötig, auf einen Durchbruch bei der Akku-Technik zu warten, der vielleicht nie oder doch erst in vielen Jahren kommt.

Eine weitere Erleichterung: Autobesitzer sollen die bis zu 14.000 Euro teuren Batterien nicht kaufen, sondern vom Betreiber des Netzwerks gegen eine monatliche Gebühr leasen. Vielleicht, so die Hoffnung, ist dieses Projekt der entscheidende Anstoß für die Massenverbreitung von Elektroautos. Ist es erfolgreich, soll es in andere Länder exportiert werden.

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