Wildunfälle:Eine Gefahr, die  viel zu oft unterschätzt wird

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Ob Reh, Fuchs oder Wildschwein - alle 17 Minuten kollidiert ein Verkehrsteilnehmer mit einem Wildtier. Doch nicht jede Straße lässt sich mit einem Zaun oder Duftstoffen einhegen. Am Ende bleibt wohl nur eines: Tempo rausnehmen.

Von Marco Völklein 

Nicht nur Autofahrer haben mitunter unliebsame Begegnungen mit einem Wildtier. Im Kreis Euskirchen trafen vor Kurzem ein Fahrradfahrer und ein Reh aufeinander. Laut Polizei kollidierte der 53-jährige Radler nachts auf einem Radweg mit dem Tier. Er wurde verletzt und musste mit einem Rettungswagen in eine Klinik gebracht werden. Tödlich endete dagegen für einen Motorradfahrer aus Pfreimd im Landkreis Schwandorf eine Begegnung mit einem Reh auf der Straße. Der Mann stürzte auf regennasser Fahrbahn und rutschte bis zur Leitplanke. Rettungskräfte versuchten noch, ihn wiederzubeleben, er starb aber an der Unfallstelle. Auch das Reh überlebte den Zusammenstoß nicht.

Tatsächlich zählen Wildunfälle zu den unterschätzten Gefahren im Straßenverkehr. Allein dem Versicherer Allianz zufolge werden täglich im Durchschnitt 85 Zusammenstöße zwischen einem Wildtier und einem bei der Gesellschaft versicherten Fahrzeug gemeldet - also alle 17 Minuten. Nach Angaben des Automobilclubs von Deutschland (AvD) gehen bei allen Versicherern jeden Tag im Schnitt 650 solcher Meldungen ein. Bei der Allianz entstand im Jahr 2016 ein Gesamtschaden von mehr als 70 Millionen Euro. "Das Unfallrisiko ist also nicht zu unterschätzen", warnt der Automobilklub.

Am Ende bleibt dann doch nur eines: Fuß runter vom Gas

Und anders als von vielen vermutet, stellt sich das Problem nicht nur im Frühjahr oder Herbst oder zu bestimmten Tageszeiten. Statistisch nicht haltbar ist laut einer Studie des Versicherungsverbands GDV eine Ballung in den Morgen- und Abendstunden. Auf ein plötzlich auf die Straße laufendes Wildtier können Verkehrsteilnehmer also jederzeit treffen.

Umso wichtiger sei es daher, die Warnschilder vor Wildwechsel zu beachten, heißt es beim AvD. Doch mal Hand aufs Herz: Wer nimmt denn tatsächlich den Fuß vom Gas, wenn er an einem roten Dreieck mit schwarzem Springbock vorbeifährt? Zumal man auf manchen Strecken eigentlich ständig im Kriechgang unterwegs sein müsste, weil ein Maisacker neben dem nächsten liegt und die Pflanzen aktuell, so kurz vor der Erntezeit, dort mannshoch stehen. Autoklubs und Verkehrswacht versuchen mancherorts, mit Duftmarken oder reflektierenden Materialien die Tiere vom Asphalt fernzuhalten. Auch lässt sich nicht jeder Kilometer Straße mit einem Wildzaun einhegen. Und Oberklassehersteller ergänzen ihr Assistentenarsenal zwar mittlerweile um Wildtierkollisionswarner, doch in aller Regel bleibt Auto- wie Zweiradfahrern kaum etwas anderes übrig, als eben doch hin und wieder mal Schwung rauszunehmen. Der AvD rät jedenfalls, das Tempo so anzupassen, dass "in jedem Fall innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann".

Tauchen Reh, Wildschwein oder Fuchs auf, sollte man versuchen, das Tier durch Hupen zu verscheuchen. Nicht hilfreich sei es, mit dem Fernlicht herumzuflackern. "Das verwirrt die Tiere und sie verlieren die Orientierung." Schlimmer noch: Manchmal laufen sie instinktiv auf die Lichtquelle zu. Und das kann man in so einer Situation gar nicht gebrauchen. Egal, ob man mit einem zwei- oder einem vierrädrigen Fahrzeug unterwegs ist.

© SZ vom 26.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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