Weltspiegel (23): Automarkt Südafrika:Kap der guten Hoffnung

Südafrika ist Gastgeber der Fußball-WM 2010. Auf dem Automarkt aber sieht es düster aus: Auch am Kap macht die Krise den Herstellern kräftig zu schaffen.

Sebastian Viehmann

Die Redaktion von sueddeutsche.de sieht sich um - im "Weltspiegel": Welche Autos fahren die anderen? Wie reagieren andere Länder und Hersteller auf den Klimawandel und die Krise? Wer steigt auf alternativ angetriebene Fahrzeuge um?

Weltspiegel (23): Automarkt Südafrika: Straßenszene in Südafrika: 2008 wurden 330.000 Neuwagen verkauft.

Straßenszene in Südafrika: 2008 wurden 330.000 Neuwagen verkauft.

(Foto: Foto: Pressinform)

Robert Thompson sieht aus wie ein Extremsportler: groß, breitschultrig, braungebrannt, mit einem Händedruck wie ein Schraubstock. Der Chef des Hyundai-Autohauses Paarden Eiland in Kapstadt strahlt die Zuverlässigkeit und Lebensfreude aus, die so typisch ist für viele Südafrikaner. Zurzeit kann Thompson auch viel davon gebrauchen: Am Kap hat die Wirtschaftskrise mit aller Macht zugeschlagen und auch die Autobranche nicht verschont.

Nach Auskunft des Forschungszentrums Center Automotive Research (CAR) wurden 2008 in Südafrika noch 330.000 Pkw verkauft - ein Viertel weniger als 2007. In den ersten fünf Monaten des Jahres 2009 sackte der Verkauf gar um 55 Prozent ab. Bei Hyundai erwartet man, dass sich der Gesamtmarkt 2009 bei 230.000 Pkw und 150.000 Nutzfahrzeugen einpendeln wird.

Ein Lichtblick für Hyundai ist der wachsende Marktanteil: Die Marke hat sich Stück für Stück auf 8,1 Prozent hochgearbeitet. Der Hyundai Tucson ist das meistverkauft SUV des Landes, der Hyundai Atos liegt bei den kompakten Fünftürern hinter dem VW Polo auf Rang Zwei.

Robert Thompsons Bestseller sind die Kleinwagen Atos und Getz. Demnächst ist die Markteinführung für den i20 geplant, auf den Thompson schon sehnsüchtig wartet: "Wir bekommen viele Modelle später als andere Märkte, unter anderem weil wir in Südafrika Rechtslenker-Versionen brauchen", sagt er.

Südafrika schützt seine Autoindustrie - durch hohe Zölle

Auch einen Pick-up würde er sich für seine Modellpalette wünschen, denn in diesem Marktsegment hat Hyundai der Konkurrenz von Nissan oder Toyota nichts entgegen zu setzen. Dafür kann sich Thompson über den Erfolg des in Europa unbekannten H-100 freuen. Der Mini-Lkw mit einer Nutzlast von 1,3 Tonnen lässt sich mit einem Kabinenaufbau und Zubehör zum Allzweckfahrzeug umrüsten.

Im Gegensatz zu anderen Herstellern montiert Hyundai am Kap nicht selbst. Südafrika schützt seine Automobilindustrie - nach Bergbau und Finanzwesen der drittgrößte Wirtschaftszweig des Landes - durch hohe Zölle. Toyota, Mercedes, BMW, Mercedes und viele weitere Autobauer haben deshalb eine einheimische Produktion, wobei es sich dabei in der Regel um die Montage von vorgefertigten Teilesätzen aus den Herstellerländern handelt.

Toyota montierte 2008 fast 70.000 Autos, VW rund 58.000 Stück. Sogar Jaguar (922 Stück), Porsche (573 Stück) und Smart (190 Stück) entstehen in Südafrika, berichtet Ferdinand Dudenhöffer, CAR-Direktor und Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg-Essen. "Damit wird das Land mit dem kleinen Automarkt ein Autoexporteur. Einige Hersteller haben ihre Produktion der Rechtslenker-Fahrzeuge in Südafrika konzentriert und exportieren sie zum Beispiel von Südafrika nach Japan. Dazu zählen BMW, Mercedes und Porsche", so Dudenhöffer.

Vom Einbruch des Automarktes sind auch die Premiumhersteller betroffen. "Die Lage ist schlecht", bringt es Henry Uys auf den Punkt, Verkaufsleiter der Mercedes-Niederlassung Culemborg in Kapstadt. Die C-Klasse ist in Südafrika sehr beliebt, und auch von der neuen E-Klasse verspricht sich Uys viel. Doch die gespannte Lage bei der Autofinanzierung hinterlässt Spuren: "Es ist für viele Leute sehr schwer, sich Geld zu leihen. Es bekommen nur noch Kunden Kredit, bei denen sich die Banken hundertprozentig sicher sind", beschreibt Uys die Situation.

Auto-Auktionen, aus der Not geboren

Arbeitslosigkeit und Insolvenzen führen dazu, dass zahlreiche Fahrzeuge unter dem Hammer landen. Im ganzen Land gibt es riesige Auto-Auktionen. Das wiederum hat einen fatalen Rückkopplungseffekt für den Neu- und Gebrauchtwagenmarkt. "Viele Leute sagen sich: Warum ein Auto beim Händler kaufen, wenn ich es bei einer Versteigerung noch billiger bekomme?", sagt Stanley Anderson, Marketing-Manager von Hyundai Motors South Africa.

Hyundai startet daher zum Gegenangriff und bietet seinen Kunden eine ungewöhnliche Rückkaufgarantie. 12 Monate nach dem Erwerb können Kunden - zum Beispiel wenn sie ihren Job verloren haben - ihr Auto zurückgeben und bekommen 85 Prozent des Kaufpreises zurückerstattet. Außerdem gewähren die Koreaner auf ihre Fahrzeuge fünf Jahre beziehungsweise 150.000 Kilometer Garantie.

Mit dieser Strategie reagiert Hyundai auch auf eine andere Entwicklung, die sich am Kap abzeichnet: Zahlreiche chinesische Autobauer drängen auf den Markt, darunter Great Wall, Chana, Asia Wing und Gonow. Während Hyundai allerdings seinen wachsenden Marktanteil dem Ruf der guten Qualität verdankt, machen die Chinesen noch oft mit dürftigen Produkten von sich reden. "Einige chinesische Hersteller sind nach einem kurzen Auftritt schon wieder vom südafrikanischen Markt verschwunden", berichtet Stanley Anderson. Doch er bleibt realistisch: "Hyundai hat zehn Jahre gebraucht, um sich auf dem Markt zu etablieren. Die Chinesen könnten das in der Hälfte der Zeit schaffen".

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