VW Lupo 3L TDI:Die magische Zahl

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Von der Entdeckung der Sparsamkeit: VW Lupo 3L TDI im Fahrbericht

Michael Harnischfeger

Neulich, an der Tankstelle: Kommt ein Mann mit seinem VW vorgefahren und stellt ihn direkt hinter die große Limousine eines tankenden Mitmenschen. Als der die Zapfpistole eingehängt hat, nimmt der VW-Fahrer den Schlauch, führt ihn in den Tankstutzen seines Autos ein und schüttelt die letzten zwei, drei Tropfen heraus. Hängt ein. Schnitt. Mit diesem Spot wirbt VW für seine unbestritten sparsamen TDI-Motoren, und der Sparsamste von allen sitzt im kleinsten (und gemessen am Materialeinsatz teuersten) Serien-VW aller Zeiten, dem Lupo 3L TDI.

Sparsam in der weiten Welt unterwegs (Foto: Foto: Volkswagen)

27.382 Mark liquidiert der VW-Händler für diesen Mini, das Blech gewordene Symbol eines erstarkenden Umweltbewusstseins. Denn dieser 61 PS starke Dreizylinder ist das erste Drei-Liter-Auto der Welt. Dass ein sparsamer Motor, in diesem Fall ein Dreizylinder-Turbo mit Pumpe-Düse-Einspritzung und variabler Geometrie der Turbinenschaufeln, allein keine Wunder vollbringen kann, ist klar.

Blech wich an vielen Stellen der Karosserie leichtem Aluminium

Also gingen die Entwickler auf die Suche nach überflüssigen Pfunden. Blech wich an vielen Stellen der Karosserie leichtem Aluminium, und dieser teure Werkstoff findet sich auch an weniger prominentem Ort wieder. An den Radaufhängungen etwa, den Bremssätteln, den Bremstrommeln und sogar an den Gestellen und Rahmen der zierlichen, dennoch bequemen Sitze. Teile der Heckklappe und das Lenkrad bestehen sogar aus noch leichterem Magnesium, und selbst am Glas wurde gespart. Nicht an der Fläche der Scheiben, aber an deren Dicke.

Auch den Fahrtwiderständen rückten die Wolfsburger zu Leibe. Ein verkleideter Unterboden, verkleinerte Kühlluftöffnungen und tiefer modellierte Seitenschweller machen die Karosserie strömungsgünstiger, spezielle Leichtlaufreifen senken den Rollwiderstand. Hightech also an allen Ecken und Enden, und die hat natürlich nicht nur Folgen für den Verbrauch (laut EG-Norm 2,99 Liter pro 100 Kilometer), sondern auch auf das Fahrerlebnis.

Das Getriebe irritiert mit subjektiv langen Schaltpausen

Die großen Türen fallen mit ungewohnt hellem Ploppen ins Schloss, die Polsterung der Sitze wirkt auf Anhieb ein wenig dünn. Ohne Vorglühzeit springt der kleine Motor willig an und fällt in einen leisen Leerlauf. Der Tritt aufs Kupplungspedal endet im Leeren, denn ohne ein spezielles Getriebe wäre die magische Zahl drei nicht zu knacken gewesen.

Es handelt sich hierbei um ein Fünfganggetriebe mit automatischer Kupplung, das je nach Fahrerwunsch selbst die Gänge wechselt oder dies tut, wenn der Fahrer den Wählhebel kurz vor- oder zurückschiebt. Wie alle Getriebe dieser Art irritiert es mit subjektiv langen Schaltpausen. Das mag daran liegen, dass man während der Zugkraftunterbrechung nichts weiter zu tun hat, als den Fuß auf dem Gaspedal zu halten. Automatisch wie der Gangwechsel wächst daher die Überzeugung, dass man das mit einem konventionellen Getriebe wohl besser machen würde.

Irritierend auch die Unentschlossenheit der Schaltbox, wenn aus langsamem Fußgängertempo wieder beschleunigt werden soll. Eine Zeit lang scheinen die Bits und Bytes der Elektronik auszuknobeln, ob nun der erste oder der zweite Gang der passende ist. Meist wird, nicht immer ruckfrei, der Erste eingelegt, und schon pfeifen die dünnen Vorderräder anerkennend durch die Profilrillen.

165 Spitze sind versprochen

Denn Dampf hat der kleine Motor wirklich. In 14,5 Sekunden soll er von 0 auf 100 stürmen, und angesichts seiner Drehfreude und seines gleichmäßigen Schubs besteht daran kein Zweifel. 165 Spitze sind versprochen, und auch dieser Wert klingt glaubhaft. Ohne großen Anlauf stehen bei Vollgas mehr als 170 km/h auf dem blau beleuchteten Tacho, und mit ein bisschen Gefälle nähert sich die Nadel zielstrebig der 200er-Marke.

Sparrekorde sind auf diese Weise natürlich nicht zu erringen. Dazu muss die Eco-Taste im Cockpit gedrückt sein. Sie schaltet die Motorelektronik auf maximale Sparsamkeit und reguliert auch die Schaltpunkte nach unten. Schon unterhalb von 2000 Touren kommt nun der nächste Gang hinein, selbst mit Vollgas ist bei 3000 Umdrehungen Schluss.

Nimmt der Fahrer bei konstantem Tempo den Fuß vom Gas, kuppelt das Getriebe aus und lässt das Auto rollen, während die drei Zylinder im Leerlauf nur ganz winzige Schlückchen aus dem 34-Liter-Tank saugen. Und nach einigen Sekunden Standzeit schalten sie sich ganz ab, weil der stehende Motor eben der Sparsamste ist.

Das ist ungewohnt und kann nerven. Dann zum Beispiel, wenn man sich in eine Hauptverkehrsstraße einfädeln will. Tut sich endlich eine Lücke auf, geht der Motor aus. Hat man ihn durch Druck aufs Gaspedal wieder gestartet, ist die Lücke weg. Wenn dann irgendwann der Hintermann aussteigt und zu dir ans Auto kommt, kannst du jede Wette eingehen: Etwas Freundliches sagt er nicht.

Besser ist es also, in solchen Situationen auf den Einsatz der Eco-Taste zu verzichten und ein Zehntelliter Mehrverbrauch in Kauf zu nehmen. Um die versprochene Dreiliter-Marke pendelt der Verbrauch bei vernünftiger Fahrweise ohnehin, und bei betont sensiblem Umgang mit dem Gaspedal sind auch Werte um 2,5 Liter auf der serienmäßigen Verbrauchsanzeige ablesbar.

Komfortabel, aber etwas unhandlich

Ein Wort noch zum Komfort: Er ist für ein Auto dieser Größe schlicht gut. Man ist leise und gut gefedert unterwegs und fühlt sich als Fahrer eines vollwertigen Automobils. Dass beim Rangieren die Lenkkräfte wegen der fehlenden Servounterstützung nicht gerade niedrig sind, liegt durchaus im Bereich des Akzeptablen.

Nicht so schön ist das Fahrverhalten des Lupo 3L TDI. Wegen der schmalen Reifen gerät er sehr früh ins Untersteuern, was ihn für seine Größe reichlich unhandlich macht. Auf nasser Straße sollte das maximale Kurventempo doppelt pessimistisch eingeschätzt werden, denn jetzt schiebt er noch viel früher über die eingeschlagenen Vorderräder.

Allesamt keine unzumutbaren Opfer, ohne Frage. Die dürften erst in ein paar Jahren fällig sein, wenn Ferdinand Piëch das unlängst versprochene Ein-Liter-Auto präsentiert.

Man wird sich auf etwas gefasst machen müssen. Denn vor rund einem Jahr erklärte eben dieser Ferdinand Piëch die Entwicklung eines Zwei-Liter-Autos für beendet. Begründung: Die Fortbewegung in diesem Fahrzeug habe nicht mehr viel mit dem gemein, was wir heute unter Autofahren verstehen.

Quelle: autocert.de

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