VW Lupo FSI:Die Sparkönige von Wolfsburg

Leichtbau, innovative Abgastechnik mit Speicher-Katalysator und die aus dem 3-Liter-Lupo gefürchtete Automatik lässt sich VW mit knapp 30 000 Mark bezahlen

(SZ vom 16.09.2000) Alle Wege führen nach Rom - nur, dass Rom heutzutage in Niedersachsen liegt. Denn in der Autohauptstadt Wolfsburg sind die Sparkönige zu Hause, die auf vielen verschlungenen Pfaden immer nur das eine Ziel ansteuern: so sparsam wie möglich zu sein. So sieht es zumindest Volkswagen. VW ist - zu Recht - stolz darauf, das erste 3-Liter-Auto der Welt auf die Räder gestellt zu haben, den Lupo 3L mit einem genügsamen Dieselmotor. Doch auch die Ottomotoren, die Normal- oder Superkraftstoff benötigen, sollen künftig weniger verbrauchen, und hier heißt der Königsweg wie beim Diesel ebenfalls Direkteinspritzung.

Nachdem diese erstmals Ende 1997 von Mitsubishi als GDI (Gasoline Direct Injection) in einem Serienmobil vorgestellte Lösung von den meisten Herstellern zunächst nicht ernst genommen worden war, brüten inzwischen die Ingenieure nahezu aller namhaften Marken über dieser Technik. Nun haben die Wolfsburger den ersten GDI-Motor aus deutschen Landen zur Serienreife entwickelt. Aber auch die Marketing-Köpfe waren kreativ und haben dem Aggregat das Kürzel FSI verpasst. Was in bestem Neudeutsch Fuel Stratified Injection oder in feinster Techniker-Übersetzung Geschichtete Benzindirekteinspritzung bedeutet.

Diese funktioniert - vereinfacht ausgedrückt - so: Der Kraftstoff wird mit einem Druck von bis zu 100 bar direkt in den Brennraum eingespritzt. Dabei kann die Motorelektronik die Menge des Kraftstoffs so genau steuern, dass immer ein optimales Verhältnis zwischen Luft und Kraftstoff entsteht, also ein optimaler Wirkungsgrad erreicht wird. Dieses Kraftstoff-/Luftverhältnis ist kein konstanter Wert, sondern ändert sich je nachdem, wie viel Leistung der Gasfuß des Fahrers fordert. Im Teillastbetrieb arbeitet der VW-Motor mit einem hohen Luftüberschuss, also einem mageren Gemisch.

Konventionelle Einspritzmotoren haben prinzipbedingt den Nachteil, dass mit der Menge des Kraftstoffs auch die Luftzufuhr stark gedrosselt wird. Daraus resultieren vergleichsweise ungünstige Verbrauchswerte im Teillastbetrieb. Wem dies alles zu kompliziert ist, der stelle sich Folgendes vor: Wenn man bei einer Kerze, die in einem Glas untergebracht ist, langsam einen Deckel über die Öffnung schiebt, wird die Flamme kleiner - und damit die Verbrennung schlechter.

Wie auch immer - wichtig ist, was hinten herauskommt, hat einmal ein deutscher Politiker gesagt, und im Falle des FSI-Motors ist das nicht allzu viel. Genau dies haben sich die Techniker allerdings auch gewünscht, denn je weniger Schadstoffe aus dem Auspuff in die Luft entfleuchen, desto umweltfreundlicher ist das Auto. Nur ist das bei Benzindirekteinspritzmotoren nicht so leicht zu erreichen. Das Problem sind die Stickoxide. Denn gerade das umweltschädliche NOx wird in der mageren und damit besonders Kraftstoff sparenden Betriebsphase aller Motoren mit Direkteinspritzung verstärkt produziert - ein höchst unangenehmer Nebeneffekt.

Um diesem zu Leibe zu rücken, haben die Wolfsburger Techniker erheblichen Aufwand betrieben: Ein so genanntes On-Board-Diagnose-System überwacht die Abgasbehandlung. Das Ziel ist es dabei, Stickoxide in ungefährlichen Stickstoff umzuwandeln. Dies geschieht mit Hilfe eines zusätzlichen Katalysator neben dem bekannten Dreiwege-Kat, in dem die Stickoxide quasi gefangen gehalten werden. Dieses Festhalten erledigen Barium-Moleküle im Speicher-Kat. Der Pferdefuß an dieser Technik: Die Speicherkapazität ist relativ schnell - nach zirka 60 Sekunden - erschöpft. Ein Sensor erkennt dies, und wenn der Speicher-Kat überzulaufen droht, sendet er einen Impuls an das Motormanagement: Dieses schaltet für zwei Sekunden in einen fetteren Regenerationsbetrieb mit einem höheren Kraftstoffanteil. Durch diese Zusatzbefeuerung, bei der höhere Abgastemperaturen entstehen, wird das Stickoxid freigegeben und in Stickstoff umgewandelt.

Was bedeutet dies in der Praxis? Einen Hubraum von 1,4 Liter, eine Leistung von 77 kW (105 PS), eine Höchstgeschwindigkeit von 199 km/h, einen - man lese und staune - durchschnittlichen Kraftstoffverbrauch von 4,9 Liter auf 100 Kilometer und die Erfüllung der schärfsten Abgasnorm D4.

VW hat einen guten Griff getan, indem man den FSI-Motor als erstes im Lupo anbietet, jenem Kleinwagen, dessen 3-Liter-Variante derzeit den Weltrekord im Kraftstoffsparen hält. Denn VW hat wesentliche Elemente der Leichtbautechnik (viel Aluminium) und das Automatik-Getriebe mit dem Eco-Modus aus dem Lupo 3L in den neuen Lupo FSI übernehmen können und mit dem 1,4-Liter-FSI-Motor kombiniert. Doch der Lupo FSI wird kein Unikum bleiben, nach und nach will VW alle Benzinmotoren auf die FSI-Technik umstellen. Als nächstes sind Polo und Golf an der Reihe.

Bei ersten kurzen Fahrten zwischen Hoitlingen und Tiddische erwies sich der Lupo FSI als agiles Auto - wenn man ihn selbst schaltet und dies nicht der Automatik im Eco-Modus überlässt. Denn dann führt sich der Lupo FSI wie ein wild gewordenes Pferd auf, das seinen Reiter abschütteln will. Die Automatik lässt sich bei den Schaltvorgängen so viel Zeit, dass der Fahrer das Gefühl hat, wie in einer Schiffschaukel auf dem Oktoberfest nach vorne und hinten zu pendeln. VW kennt das Problem schon aus dem Lupo 3L - und arbeitet daran. Vielleicht sollte man einmal bei Brabus anrufen, wo man ein ähnliches Problem beim Smart mit neuer Software gelöst hat.

Leider orientiert sich der FSI, der von Anfang November an zu haben sein wird, auch beim Preis am 3-Liter-Lupo. Kostet dieser rund 27 000 Mark, sind für den Benziner mindestens 29 533 Mark anzulegen, und mit Seitenairbags (469 Mark), Klimaanlage (2131 Mark), sowie dem Zentralverriegelung, elektrische Fensterheber, Diebstahlwarnanlage und elektrisch einstellbare Außenspiegel umfassenden Komfortpaket II (2092 Mark) und einem Radio kann die Summe schnell auf 35 000 Mark gesteigert werden. Sparen kann eben manchmal ganz schön ins Geld gehen.

Von Otto Fritscher

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: