VW Golf GTE im Fahrbericht:Teure Alternative zum Diesel

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Da sich seine Batterien an der Steckdose aufladen lassen, firmiert der VW Golf GTE als "Plug-in-Hybrid". (Foto: Volkswagen AG)

Den VW Golf gibt es jetzt mit wiederaufladbarem Hybridantrieb. Die Technik funktioniert super, der GTE fährt sich bestens. Doch trotz seines geringen Verbrauchs ist er unwirtschaftlich.

Von Michael Specht

Wir kennen das ja von VW, spät kommen und dann die Konkurrenz flott überholen. Das gelang damals erst mit dem Touran und danach mit dem Tiguan. Auch beim Thema Plug-in-Hybrid zählen die Wolfsburger Autobauer nicht zu den Pionieren der Branche, nicht einmal innerhalb des Konzerns. Tochter Porsche hat mit dem 918 Spyder und dem Panamera S E-Hybrid bereits zwei Vertreter auf der Straße, demnächst folgt der Cayenne. Audi stellte vor wenigen Monaten den A3 E-tron vor, der im November in den Handel kommt. "Es geht nicht darum, der Erste zu sein", verteidigt sich VW-Chef Martin Winterkorn, "es geht darum, der Beste zu sein." Der verbale Seitenhieb dürfte in erster Linie wohl Toyota mit seinem Prius gelten.

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Nach dem XL1, eine Art Leuchtturmmodell und in homöopathischen Dosen verkauft, bringt Volkswagen im Dezember nun seinen ersten Plug-in-Hybrid in Großserie auf den Markt: den Golf. Europas Bestseller wird dann das Kürzel GTE tragen. Das zeigt, dass die Marketingstrategen den Teilstromer nicht nur als Öko-Modell, sondern auch als sportliches Auto positionieren. Tatsächlich bietet der GTE eine sogenannte Systemleistung von 204 PS und ein imposantes Drehmoment von 350 Newtonmeter. Verantwortlich dafür sind ein 1,4-Liter-TSI mit 150 PS und eine E-Maschine mit 102 PS, die wie eine dickere Scheibe zwischen Motor und Doppelkupplungsgetriebe sitzt.

Der GTE kostet mehr als der teuerste Diesel

Technisch sieht Volkswagen den Plug-in-Hybrid als das "Beste aus zwei Welten" an. "Sie können emissionsfrei 50 Kilometer durch die Stadt und mit demselben Auto auch längere Strecken ganz konventionell zurücklegen, wenn es sein muss, bis zu 940 Kilometer", sagt Entwicklungschef Jakob Neußer. Die Hybridkombination aus Benzinmotor, E-Maschine und die an der Steckdose aufladbaren Batterien (daher: Plug-in) lässt sich VW allerdings teuer bezahlen: Mindestens 36 900 Euro stehen in der Liste.

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Kein Schnäppchen also, und einige tausend Euro mehr, als der stärkste Diesel-Golf kosten würde. Doch die Rechnung, wie viele Kilometer man fahren muss, um diesen Aufpreis durch den geringeren Verbrauch wieder hereinzufahren, sollte hier gar nicht erst gemacht werden. Den Golf GTE kauft jemand, der vorwiegend elektrisch und damit umweltschonend unterwegs sein will. Gerade das macht ja den besonderen Reiz aus. Der Mehrpreis wird in Kauf genommen.

Technisch betrachtet, gelang den Wolfsburger Ingenieuren eine sehr gute Abstimmung des gesamten Antriebssystems, das den GTE zu einem grundsoliden und normalen Alltagsauto macht. Alles läuft - wenig überraschend bei Volkswagen - geschmeidig und ruhig ab. Der Plug-in-Golf startet immer im sogenannten EV-Modus, es sei denn, die Temperaturen liegen weit unter dem Gefrierpunkt oder die Batterie ist leer.

Elektrisch angetrieben beschleunigt der GTE nahezu lautlos und butterweich. Das funktioniert maximal bis zu einem Tempo von 130 km/h. Nimmt man das Gas zurück, segelt der Wagen, das heißt, eine Kupplung trennt augenblicklich Motor und Getriebe. Es setzt also nicht die übliche Verzögerung ein. Daran hat man sich schnell gewöhnt, empfindet es sogar als sehr angenehm, weil das Auto - ohne Energieverbrauch - gefühlt noch endlos weiterrollt. Wer dies nicht möchte, schaltet einfach von D auf B, dann rekuperiert die E-Maschine und lädt die Batterie.

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Auch im Hybrid-Modus, wenn sich gelegentlich der 1,4-Liter-TFSI ins Spiel bringt, wird alles ausgeschaltet, sobald der Fuß vom Gas geht. Dies führt in Summe zu einem Normverbrauch von nur 1,5 Liter, was einem CO₂-Ausstoß von 35 g/km entspricht. Dass diese EU-Prüfmethode nicht dem Verbrauch im Alltag entspricht, ist hinreichend bekannt. Doch selbst ausschließlich im Hybridmodus bewegt, beträgt der Verbrauch 4,5 Liter pro 100 Kilometer. Sparsamer sind Dieselmotoren auch nicht, allerdings weniger teuer.

Neben dem EV- und Hybrid-Modus bietet der Golf GTE seinem Fahrer noch Battery Hold und Battery Charge. Diese Modi kommen dann zum Einsatz, wenn nach einer längeren Autobahnfahrt noch Strom gebraucht wird - beispielsweise für die Einfahrt in eine für Verbrennungsmotoren gesperrte Umweltzone. Der Druck auf die Taste GTE schließlich aktiviert die sportlichen Gene des Öko-Golf. E-Maschine und TSI-Motor ziehen jetzt an einem Strang, beschleunigen den Wagen in 7,6 Sekunden von null auf 100 km/h und ermöglichen eine Spitze von immerhin 222 km/h.

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Äußerlich erkennbar ist der Golf GTE vor allem an seinen blauen Akzenten im Grill und in den Scheinwerfern. Auch innen weisen blaue Kontrastnähte und blaue Streifen im Karomuster der Sitze darauf hin, dass die Farbe Blau bei VW für E-Mobilität steht. Sie soll in Zukunft weiter ausgebaut werden. "Wir legen kräftig nach", sagt Konzernchef Winterkorn. Schon im nächsten Jahr folgt der Passat als Plug-in-Hybrid. Ihn wird es sogar als Limousine und als Kombi geben.

© SZ vom 27.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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