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VW Eco-Up! im Test:Gas geben ist teuer

Erdgasautos haben auf dem deutschen Markt einen schweren Stand. Schade, denn wie der VW Eco-Up! zeigt, gibt es im Alltag keine Nachteile gegenüber der Benziner-Variante. Das Problem ist der Preis.

Von Thomas Harloff

Kaum ein Thema wird in der Autobranche derzeit so heiß diskutiert wie das der alternativen Antriebe. Das Interesse an Elektro- und Hybridautos oder Fahrzeugen mit Gasantrieb ist also vorhanden. Das Problem: die Verkaufserfolge. Die Zulassungsstatistik für den Juli wies folgende Zahlen aus: 2196 neu zugelassene Pkw mit Hybridantrieb, 597 reine Elektroautos, 621 Fahrzeuge mit Flüssiggas- und 792 mit Erdgasantrieb. 266 043 im Juli zugelassene Neuwagen werden dagegen von einem Diesel- oder Benzinmotor angetrieben. Das sind 98,44 Prozent.

Elektroautos, Hybridantrieb, Flüssig- und Erdgasmotoren: Was eine Alternative sein soll, ist eine Randgruppe. Gerade bei den Gasautos verwundert das auf den ersten Blick. Die Tankstellennetze für Flüssiggas (auch Autogas oder LPG genannt) oder Erdgas (auch als CNG bekannt) sind inzwischen ordentlich ausgebaut und das Tanken geht ähnlich einfach wie bei Benzin oder Diesel. Zudem muss das Auto nicht mehr aufwändig auf den Gasantrieb umgebaut werden, denn längst bieten einige Hersteller ab Werk für jede der beiden Gasarten insgesamt mehr als ein Dutzend Fahrzeuge an. In der Kleinwagenklasse offeriert der Volkswagen-Konzern das fast baugleiche Erdgas-Trio Seat Mii Ecofuel (ab 12 160 Euro), Škoda Citigo G-Tec (ab 12 640 Euro) und VW Eco-Up! (ab 12 950 Euro).

VW Up! mit Erdgasantrieb im Praxistest

Letzterer soll zeigen, ob der CNG-Antrieb zu Unrecht verschmäht wird und musste sich einem zehntägigen Praxistest unterziehen. Mit allen Herausforderungen, die das tägliche Leben so stellt: Fahrten zum Supermarkt, zur Arbeit, ins Fitnessstudio und zu den Schwiegereltern.

Beim ersten Anlassen gleich die bange Frage: Ist der kaputt? Denn der Einliter-Dreizylindermotor rattert los wie ein Rasenmäher. Aber nein, das gehört zum Konzept, denn ein unkultivierter und rauer Motorlauf mit vielen Vibrationen ist eine Eigenheit von Dreizylindermotoren. Allerdings tritt das Phänomen außen deutlicher zutage als im Innenraum. Und ist der Motor erst einmal auf Betriebstemperatur, nimmt der Lautstärkepegel spürbar ab.

Ist wirklich alles in Ordnung?

Nach den ersten Beschleunigungsversuchen kommen die nächsten Zweifel, ob mit dem Motor alles in Ordnung ist. Natürlich sind ein Liter Hubraum, 68 PS, maximal 90 Newtonmeter und der Verzicht auf irgendeine Form der Aufladung nicht gerade die Zutaten, die aus einem Klein- einen Sportwagen machen. Der Motor lässt sich sehr lange bitten, um einen Tritt auf das Gaspedal in Beschleunigung umzuwandeln - und dies fast unabhängig von der Drehzahl. 3000 Umdrehungen sollten es mindestens sein, damit der Eco-Up! beim Gasgeben auch schneller wird.

Diese Schwäche hat die Erdgasvariante mit den 60 beziehungsweise 75 PS starken Benzinervarianten des VW Up! gemeinsam. Dass es besser geht, zeigen einige Konkurrenten. Zum Beispiel der neue Citroën C1, dessen Basismotor nur ein PS stärker ist, aber spürbar kräftiger antritt.

Ein schwacher, knurriger Motor in einem kleinen, mit 1031 Kilogramm Leergewicht recht schweren Auto - nicht die besten Voraussetzungen für die nächste Aufgabe, die der Eco-Up! bewältigen soll: Einmal von München nach Nürnberg und wieder zurück, zweimal etwa 175 Kilometer, die meisten von ihnen auf der Vollgas-Autobahn A9.

Theoretisch sollte der kleine Volkswagen die gesamte Strecke mit einer Erdgas-Tankfüllung zurücklegen können. Der Hersteller verspricht, dass ein komplett gefülltes CNG-Reservoir für 380 Kilometer reicht. Schnell wird klar, dass das in der Praxis nicht so ist. Obwohl der Eco-Up! anfangs nur auf streng tempolimitierten Teilstücken unterwegs ist und auch eine lange Baustelle passieren muss, pendelt sich der Durchschnittsverbrauch bei 3,4 kg pro 100 km und nicht bei den von VW versprochenen 2,9 kg auf 100 km ein. Mit einem Reisetempo von 140 bis 150 km/h geht es weiter in Richtung Nürnberg, der Bordcomputer meldet einen Durchschnittsverbrauch von 4 kg auf 100 km. Als das Ziel erreicht ist, sind noch 110 Kilometer Erdgas-Reichweite übrig - zu wenig, um wieder nach München zu kommen.

Doch kein Problem, schließlich bieten beide Städte ein ordentlich ausgebautes Netz an Erdgas-Tankstellen. In München sind es sieben an der Zahl, die großflächig über die Stadt verteilt sind. In Nürnberg gibt es immerhin vier CNG-Stationen, hinzu kommt eine im direkt benachbarten Fürth. Insgesamt sind hierzulande etwas mehr als 900 Tankstellen erfasst - der zweithöchste Wert in Europa nach Italien. Der Durchschnittspreis liegt bei knapp 1,10 Euro und bleibt anders als die Benzin- und Dieselpreise über einen längeren Zeitraum stabil.

Das Internet hilft bei der Tankstellen-Suche

Tankstellen findet man mit den sehr aktuell gehaltenen Internet-Datenbanken schnell und unkompliziert. Auch das 390 Euro teure Navigationssystem leitet den Fahrer zielsicher zur passenden Zapfsäule. Mit 280 Kilometern Erdgas-Reichweite tritt der Eco-Up! den Rückweg an. 80 Kilometer sind davon noch übrig, als die bayerische Landeshauptstadt wieder erreicht ist, nachdem der kleine Wolfsburger die Strecke erstaunlich flott bewältigt hat. Meist bewegte er sich nah an der offiziellen Höchstgeschwindigkeit von 164 km/h, die der Kleinwagen bei ebener Strecke allerdings nur zäh erreicht.

Das Manko der geringen Erdgas-Reichweite federt der zusätzliche Benzintank ab. Geht das CNG einmal aus, schaltet der Motor, für den Fahrer unmerklich, in den Benzinmodus um. Laut VW soll das für 220 weitere Kilometer Reichweite sorgen. In der Praxis sind es eher 150, was die Gesamtreichweite auf knapp 450 Kilometer erhöht. Ein akzeptabler Wert für einen Kleinwagen, der im Alltag eher auf der Kurzstrecke zuhause ist.

Das alte Lied

Ist der VW Eco-Up! also eine Empfehlung wert? Um diese Frage zu beantworten, muss man die Preisliste studieren. In der Erdgas-Ausführung kostet der Kleinwagen mindestens 12 950 Euro - 2975 mehr als die Basisversion mit 60 PS. Dafür gibt es sehr viel Kraftstoff: 1934 Liter Super E10, um genau zu sein. Legt man dessen Normverbrauch zugrunde, kommt der Benziner damit knapp 43 000 Kilometer weit. Selbst unter realistischen Bedingungen dürften es mindestens 30 000 Kilometer sein.

Letztlich ist es also auch beim VW Eco-Up! das alte Lied: Wer der Umwelt Gutes tun möchte, indem er sich ein Auto mit geringem Kraftstoffverbrauch und niedrigem CO2-Ausstoß zulegt, muss beim Bezahlen des Kaufpreises erst einmal in Vorleistung gehen. Solange das so bleibt, wird sich an den geringen Verkaufszahlen von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wenig ändern.

Technische Daten VW Eco-Up!:

Bivalenter R3-Erdgas- und Benzinmotor mit 1,0 Litern Hubraum; Leistung 50 kW (68 PS); max. Drehmoment: 90 Nm bei 3000/min; Leergewicht: 1031 kg; Kofferraum: 213 - 921 l; 0 - 100 km/h: 16,3 s; Vmax: 164 km/h; Testverbrauch: 4,0 kg / 100 km (lt. Werk: 2,9 l; CO2-Ausstoß: 79 g/km); Euro 5; Grundpreis: 12 950 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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