VW-Abgas-Skandal:Was der Zwangsrückruf für VW-Fahrer bedeutet

Studie: Köln löst Stuttgart als Stauhauptstadt ab

2,4 Millionen VW-Dieselfahrzeuge müssen in die Werkstatt: Das Kraftfahrt-Bundesamt hat heute den Rückruf angeordnet.

(Foto: dpa)
  • Das Kraftfahrt-Bundesamt ordnet einen Rückruf an und zwingt VW dadurch, die vom Abgas-Skandal betroffenen Autos in die Werkstätten zu holen.
  • Dabei korrigiert die Behörde die Zahl nach unten. Demnach sind nur 2,4 Millionen Fahrzeuge mit der Manipulations-Software ausgerüstet.
  • Fragen und Antworten, wie sich VW-Fahrer nun verhalten sollten.

Von Thomas Harloff

Überraschung aus dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Die Behörde zwingt Volkswagen dazu, die mit einer Manipulations-Software ausgerüsteten, vom Abgas-Skandal betroffenen und in Deutschland zugelassenen Autos in die Werkstätten zu holen. Damit schwenkt das KBA auf eine neue Linie ein, denn in den allermeisten Fällen wird ein Rückruf freiwillig vom jeweiligen Hersteller durchgeführt und vom KBA lediglich überwacht.

Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Warum ordnet das KBA den Rückruf an?

Der Zwangs-Rückruf sei vor allem deshalb erfolgt, weil mit einer Anzahl von 2,4 Millionen besonders viele Autos davon betroffen seien. Das sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), dessen Ministerium dem KBA übergeordnet ist, heute bei einer Pressekonferenz. Terminlich ändert sich jedoch nichts. Der Rückruf wird von Anfang 2016 an durchgeführt. Genau diesen Zeitpunkt nannte auch VW zuletzt immer. Dobrindt ließ jedoch offen, wie lange die Maßnahme dauern wird. VW nannte zuvor das Jahresende 2016 als Zielmarke.

Dobrindt zufolge wurde VW die Anordnung heute übermittelt. Der Konzern bleibt auch weiter für die Durchführung der Aktion verantwortlich und deshalb Ansprechpartner für die Kunden. Bis Ende Oktober ist der Hersteller verpflichtet, dem KBA eine technische Lösung für die betroffenen 2,0-Liter-Motoren zu präsentieren. Bei den 1,2- und 1,6-Liter-Motoren muss das bis Ende November geschehen. Auf jeden Fall ist VW dazu verpflichtet, die Manipulations-Software aus seinen Autos zu entfernen.

Müssen VW-Fahrer nun sofort selbst aktiv werden?

Nein. Wie bei jedem anderen Rückruf können die Fahrzeughalter abwarten, bis sie per Post über den Rückruf informiert werden. Einziger Unterschied ist, dass das KBA federführend bei dieser Kommunikation sein wird, nicht der Hersteller wie bei sonstigen freiwilligen Rückrufen. Sobald betroffene Kunden den Brief erhalten haben, vereinbaren sie einen Termin in einer Vertragswerkstatt.

Warum geht es nun nur noch um 2,4 Millionen Autos?

Ursprünglich war stets die Rede davon, dass in Deutschland 2,8 Millionen Autos mit der Manipulations-Software ausgerüstet waren. Diese Zahl hat das KBA nun nach unten korrigiert. Grund dafür ist Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) zufolge, dass anfangs in der Statistik die Zahl der ursprünglichen, seit 2007 erfolgten Neuzulassungen erfasst wurde. Etwa 400 000 dieser Autos fahren nun jedoch nicht mehr auf deutschen Straßen, beispielsweise weil sie zwischenzeitlich verschrottet oder ins Ausland verkauft wurden.

Kommen Kosten auf VW-Fahrer zu?

Nein. Die Kosten für den Rückruf und alles, was damit zusammenhängt, trägt allein der Hersteller. Also nicht nur für Ersatzteile und die Arbeitszeit der Mechaniker, sondern auch, falls ein Kunde auf einen Ersatzwagen angewiesen ist, sollte die Reparatur zu lange dauern. Die Rechnungsabwicklung läuft einzig zwischen Werkstatt und Konzern, die Kunden sind hier außen vor.

Kann ich weiterhin mit meinem Auto fahren?

Fahrer eines betroffenen Modells können ihre Autos weiterhin problemlos und uneingeschränkt nutzen. "Die Fahrzeuge sind verkehrssicher und können deshalb ganz normal gefahren werden", sagt Dobrindt.

Welche Autos sind betroffen?

Die Software ist in Autos der Marken VW (Pkw und Nutzfahrzeuge), Audi, Seat und Škoda installiert, die vom Turbodieselmotor mit der internen Bezeichnung EA 189 angetrieben werden. Dabei handelt es sich um eine zwischen 2007 und 2015 produzierte Motorenfamilie, die Drei- und Vierzylindermotoren mit 1,2, 1,6 und 2,0 Litern Hubraum umfassen. Wichtig zu wissen: Es sind nur Motoren betroffen, die ursprünglich nach der Abgasnorm Euro 5 eingestuft wurden. Neuere Triebwerke, die nach Euro 6 zertifiziert sind, fallen nicht unter den Rückruf. Berichte, wonach auch bei diesen Triebwerken manipuliert wurde, wollte Dobrindt nicht bestätigen.

Wo können sich VW-Fahrer über den Rückruf informieren?

Das KBA führt eine Online-Datenbank, über die sich Autobesitzer informieren können, ob ihr Auto von einem Rückruf betroffen ist. Die Datenbankabfrage richtet sich nach Marke, Modell, der betroffenen Baugruppe und dem Baujahr. Aktuell ist der Zwangsrückruf für VW-Fahrzeuge dort allerdings noch nicht berücksichtig. Das dürfte mit Beginn der Rückrufaktion aber der Fall sein. Auch der ADAC führt eine Rückruf-Datenbank, die allerdings zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls noch nicht aktualisiert ist.

Ob das eigene Auto über die Manipulations-Software verfügt, können VW-, Audi-, Seat- und Škoda-Fahrer zusätzlich über die Internetseiten der jeweiligen Hersteller abfragen. Dazu benötigen sie die Fahrzeug-Identifizierungsnummer, auch als Fahrgestellnummer bekannt, die im Fahrzeugschein unter Ziffer 4 vermerkt und außerdem im Auto (im Motorraum und oft auch in einer Ecke der Frontscheibe) zu finden ist.

Muss das Auto unbedingt in die Werkstatt gebracht werden?

Ja. Dem KBA zufolge werden Rückrufaktionen nur bei erheblichen Mängeln für die Verkehrssicherheit oder die Umwelt ausgelöst. Da der Halter für die Verkehrssicherheit und den ordnungsgemäßen Zustand seines Fahrzeugs verantwortlich ist, sollte er zu seiner eigenen Sicherheit und der anderer Verkehrsteilnehmer an einer solchen Aktion unbedingt teilnehmen. Nach Beendigung der Maßnahme werden die Daten vom KBA abgeglichen - und nicht reparierte Fahrzeuge werden an die Zulassungsbehörden gemeldet. Die können daraufhin im schlimmsten Fall dem Auto die Zulassung entziehen.

Dobrindt wies zudem darauf hin, dass eine Rückrufaktion für jeden Hersteller verpflichtend sei.

Was muss bei den Autos repariert werden?

Hauptsächlich werden sich die Reparaturen im Software-Bereich abspielen. Auf jeden Fall muss VW sicherstellen, dass die Manipulations-Software aus den Fahrzeugen verschwindet und die Emissionvorschriften eingehalten werden. Darauf wies Dobrindt in der Pressekonferenz nochmals hin. Was genau zu tun ist, hängt jedoch von den einzelnen Motorvarianten ab. Laut Volkswagen reicht es bei den 1,2- und 2,0-Liter-Versionen des EA-189-Motors, eine neue Software aufzuspielen. Bei der 1,6-Liter-Variante ist wohl eine motortechnische Anpassung nötig, bei der auch neue Teile verbaut werden müssen - beispielsweise neue Einspritzsysteme oder Katalysatoren. Diese Lösung sei dem Hersteller zufolge aber nicht vor September 2016 zu erwarten. Ein Termin, den auch Dobrindt nochmals bestätigte.

Schon Anfang Oktober prognostizierte der neue VW-Chef Matthias Müller, dass es kompliziert werden könnte, die Probleme zu beheben. Grund dafür sei, dass der EA-189-Motor für die einzelnen Märkte spezifisch angepasst worden und mit mehreren Getriebevarianten kombiniert worden sei. "Wir brauchen also nicht drei Lösungen, sondern Tausende", sagte er in einem Interview mit der FAZ.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: