Süddeutsche Zeitung

Vorschlag von Union und FDP:Blitzerwarner sollen legalisiert werden

75 Euro und vier Punkte in Flensburg sind bisher fällig, wenn Autofahrer Blitzerwarner nutzen. Verkehrspolitiker von Union und FDP wollen deren Nutzung nun erlauben. Doch Grünen-Politiker und Polizeigewerkschaften kritisieren eine Aufhebung des Verbots.

Die Verkehrspolitiker von Union und FDP wollen nach einem Zeitungsbericht das Verbot von Blitzerwarnern teilweise kippen. Wie die Saarbrücker Zeitung berichtet, sollen Navigationssysteme oder Handy-Apps künftig legal verraten dürfen, wo Autofahrer mit einem Blitzer rechnen müssen. Bislang ist dies in Deutschland verboten. Einen entsprechenden Antrag wolle die Union jetzt in den Bundestag einbringen.

Der Verkehrsexperte der Fraktion, Thomas Jarzombek (CDU), sagte der Zeitung: "Wir wollen zwischen Verkehrssicherheit und Abzocke eine Grenze ziehen." Sogenannte Starenkästen - Boxen mit Blitzautomaten - seien an Unfallschwerpunkten installiert. "Da ist es sinnvoll, wenn möglichst viele Menschen, auch Ortsunkundige, auf diese Gefahrenstelle hingewiesen werden."

FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sagte: "Das strikte Verbot von Radarwarnern in Navigationsgeräten ist nicht mehr zeitgemäß." Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) müsse im Zuge der Punktereform die Regelung "auf den Prüfstand stellen". Laut Zeitung soll dafür die Straßenverkehrsordnung geändert werden. Auch die schwarz-gelbe Landesregierung in Niedersachesen begrüßt den Vorschlag.

Grüne: "Wer Warngeräte zulassen will, macht sich zum Komplizen der Regelverletzer"

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ist dagegen, das Verbot von Blitzerwarnern zu kippen. "Unangekündigte Geschwindigkeitsüberwachung ist notwendig, weil etliche Autofahrer Tempolimits gezielt missachten", sagte er. "Wer Warngeräte zulassen will, macht sich zum Komplizen der Regelverletzer." Das sei keine verantwortungsvolle Verkehrspolitik.

Auch die Gewerkschaft der Polizei kritisiert den Plan. Es werde immer Unfallschwerpunkte geben, an denen geblitzt werden müsse, "und die sollten aus meiner Sicht auch nicht angekündigt werden", sagte der Vorsitzende Bernhard Witthaut im ZDF. Außerdem seien Radarkontrollen bei Anwohnern sowieso bekannt, wenn sie oft auf der gleichen Strecke unterwegs seien.

Autofahrer dürfen Blitzerwarner im Navi bisher nicht nutzen - sie schalten diese Funktion daher nach dem Kauf des Geräts besser dauerhaft ab. Das rät der ADAC-Verkehrsrechtsexperte Markus Schäpe. Bei einigen Navigationsgeräten ist ein Blitzerwarner vorinstalliert, es gibt außerdem Smartphone-Apps sowie Spezialgeräte mit entsprechender Funktion. Bislang verbietet die Straßenverkehrsordnung (StVO) aber deren Benutzung (§ 23 Abs. 1b StVO).

Laut StVO dürfe das Gerät nicht "betriebsbereit" sein. Betriebsbereit bedeute, dass ein Blitzerwarner während der Fahrt problemlos eingeschaltet werden könne, sagt Schäpe. Wer mit einem betriebsbereiten oder gar aktivierten Blitzerwarner im Wagen erwischt wird, muss mit 75 Euro Bußgeld und vier Punkten in der Flensburger Verkehrssünderkartei rechnen.

Wie sich der Blitzerwarner im Navi abschalten lässt, stehe in der Bedienungsanleitung oder könne beim Hersteller erfragt werden, sagt Schäpe. So geraten Autofahrer bei einer Polizeikontrolle gar nicht erst in den Verdacht, dass sie die elektronische Knöllchenbremse nutzen.

Die Polizei darf Spezialgeräte beschlagnahmen und vernichten

Spezialgeräte zum Aufspüren von Starenkästen und Radarpistolen darf die Polizei sogar beschlagnahmen und vernichten, sagt Schäpe. "Bei Smartphones oder Navigationsgeräten mit entsprechender Funktion wäre das aber unverhältnismäßig, weil diese vorrangig einen anderen Zweck erfüllen. Da bleibt es in der Regel bei Bußgeld und Punkten."

Guten Gewissens können sich Autofahrer bei der Routenplanung zu Hause über Standorte für Tempokontrollen schlaumachen, denn das ist erlaubt. Solche Informationen dürfen auch ausgedruckt und mit auf die Reise genommen werden. Entscheidend sei immer, dass ein Fahrer nicht gezielt kurz vor dem Erreichen einer Messstelle automatisch gewarnt wird oder werden könnte, sagt Schäpe. In vielen Straßenkarten sind daher fest installierte Blitzer eingezeichnet.

Legal sind laut Schäpe auch Hinweise auf Geschwindigkeitsmessungen im Radio, da sie unabhängig vom Standort des Hörers gegeben werden. Autofahrer dürfen sich außerdem gegenseitig per Handzeichen auf Tempokontrollen aufmerksam machen - aber nicht mit der Lichthupe. Mit kurzem Aufblenden der Scheinwerfer dürfen andere Verkehrsteilnehmer nur vor Gefahrenstellen gewarnt werden. Der Missbrauch der Lichthupe kann 10 Euro Bußgeld kosten.

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