Vorschau:Das kommt 2016

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Viele Modelle sind fürs kommende Jahr angekündigt. Mit neuem Design und neuen Motoren. Doch der fällige Paradigmenwechsel mit Digitalisierung und alternativen Antrieben kommt nur langsam voran.

Von Georg Kacher

Die neuen Probleme sind die alten: CO₂, NOx und Feinstaub sind auch künftig treue Begleiter, wie gehabt motiviert durch fallende Spritpreise und ermutigt durch Gesetzeslücken fast so groß wie das Ozonloch. Obwohl Russland siecht und China schwächelt, leuchten die Augen der meisten Controller in der Autoindustrie - vor allem , wenn ihr Arbeitgeber möglichst viele SUV im Programm hat. Der fast schon unheimliche Crossover-Boom gewinnt 2016 weiter an Fahrt, wobei immer mehr Kunden in den kleinen Klassen höher sitzen wollen. Davon profitiert zum Beispiel Audi, wo Q-Neuheiten fast im Monatstakt Begehrlichkeiten wecken sollen. Auf dem Genfer Autosalon im März steht der kompakte Q2, im September in Paris der Q5-Nachfolger, dazwischen debütieren der 435 PS starke SQ7 TDI V8 und der Q7 Hybrid mit dem V6 TDI. Während BMW eine SUV-Pause einlegt, spielt Mercedes mit dem GLC Coupé im dritten Quartal (Q3) ein weiteres Lifestlye-Ass. Mehr noch: Der ELC steht als reines Elektroauto auf GLC-Basis spätestens 2018 bei den Händlern.

Wem selbst der lange Range Rover zu profan ist, der kann sich bald den mehr als 300 000 Euro teuren Bentley Bentayga (Q1) in die beheizte Tiefgarage stellen. Kunden mit schlankerem Budget freuen sich auf neue günstige Einstieg-SUV. Der VW-Konzern bietet mit dem Tiguan-Nachfolger (Q1) und den weitgehend baugleichen Derivaten von Seat (Q3) und Skoda (Q4) einen Crossover-Dreisatz. Mazda ersetzt gegen Jahresende den CX-5, Jeep bringt nach dem neuen Patriot (Q2) auch noch den Grand Cherokee (Q3) im Riesenformat, Ford präsentiert mit dem Edge (Q3) den großen Bruder des Kuga. Besonders interessant sind Neuentwicklungen wie der zu 80 Prozent aus Alu gefertigte Jaguar F-Pace (Q2), der noch vor zehn Jahren völlig undenkbare Maserati Levante (Q2) und der erste von zwei geplanten Alfa SUV (Q4), die sich auf BMW X1 und X3 einschießen wollen. Mit Ausnahme des einen oder anderen Plug-in-Hybriden (PHEV) wird die 2016er-Kraxelgruppe fast so konventionell angetrieben wie anno dazumal.

Bei Opel soll eine emotionale Sportwagenstudie an das legendäre GT Coupé erinnern

Die Fruchtbarkeitsgene, die Hyundai und Kia im Akkord anmischen, zeigen auch 2016 Wirkung. Bei Kia reicht die Premieren-Show vom Sportage (Q1) über den Niro SUV (Q2) bis zu drei Varianten der nächsten Optima-Generation (Q4). Hyundai belässt es bei Facelifts, stellt aber im März mit dem Ioniq ein Auto vor, das vom Elektromodell mit Batterie  über den PHEV bis zum Verbrenner das Antriebs-Wunschkonzert rauf- und runterspielen kann. Auch unter den Volumenmodellen sind diverse Neuankömmlinge. Spannend erscheint zum Beispiel der künftige Honda Civic (Q4), der sich vom Kleinwagen zum geräumigen Kompaktfahrzeug mausert. Obwohl Minivans mit Ausnahme des VW Touran zu den Opfern des SUV-Booms gehören, traut sich Renault doch wieder zwei Scenic-Varianten zu - eine sportlich-knackige Ausführung (Q3) und eine siebensitzige Raumkapsel (Q4). Fiat positioniert oberhalb des 500C/L/X den Nachfolger des mäßig erfolgreichen Tipo (Q3). Der als Viertürer und Kombi geplante Neuzugang versteht sich als praktischer Italo-Dacia für die Großfamilie.

Der nächste Ford Ka (Q4) nabelt sich vom Cinquecento ab und sucht seinen eigenen Weg auf Fiesta-Spuren, in Zukunft auch mit vier Türen. So wie man den Corsa als kompakten Astra interpretieren darf, so ist der neue Insigna, der Ende 2016 vorgestellt wird, eine Art Astra XL mit mehr Platz, mehr Ausstattung und mehr Prestige. Während der als SUV gedachte Oberklasse-Opel in der Abstellkammer Staub ansetzt, soll im März eine emotionale Sportwagenstudie an das legendäre GT Coupé erinnern. Obwohl uns zum Auflisten der zahllosen im nächsten Jahr anstehenden Facelifts der Platz fehlt, sei an dieser Stelle die Modellpflege des VW Golf (Q3) erwähnt, dessen aktuelle DNA noch bis 2018 durchhalten muss. Die für Januar avisierte Bulli-Studie mit E-Motor kann zwar rund 500 km rein elektrisch fahren und ist mit dem Alltag des Nutzers optimal vernetzt, doch das Design hätte ruhig etwas mutiger ausfallen dürfen.

Das Limousinen-Duell des Jahres heißt BMW Fünfer gegen die neue E-Klasse von Mercedes

Audi R8 und BMW i8 beweisen ebenso wie Porsche 918, McLaren P1 und LaFerrari, dass auch im Sportwagensektor die neue Zeitrechnung begonnen hat. Honda setzt mit der zweiten Generation des NSX (Q3) auf einen Hybrid-Cocktail aus drei E-Maschinen und einem 3,5-Liter-Benziner - macht in Summe 581 PS bei allerdings nur 1000 Meter emissionsfreier Reichweite. Andere Akteure wollen von Elektromobilität immer noch nichts wissen. Der Ford GT (Q4), der in Le Mans antritt, vertraut auch in der Straßenversion auf einen 3,5-Liter-V6-Biturbo; die Neuauflage der Renault Alpine mit Mittelmotor (Q4) kommt sogar mit vier künstlich beatmeten Zylindern aus; der neue Chevy Camaro (Q2) setzt wieder auf das Big-Block-Rezept seiner Großväter; der Aston Martin DB11 (Q2) ist eine späte Hommage an den Zwölfzylinder; in den Lamborghini Huracan-Derivaten-Spyder (Q1) und Superleggera (Q4) röhren V10-Sauger. Wer nahezu zum Nulltarif schnell Auto fahren möchte, sollte sich beizeiten ein limitiertes Exemplar des Porsche 911R (Q3), McLaren 570LT (Q3) oder Ferrari 488 Speciale (Q3) sichern.

Das Limousinen-Duell des neuen Jahres heißt BMW Fünfer (Q4) gegen Mercedes E-Klasse (Q2). Beide Autos sind leichter effizienter, sicherer und komfortabler, doch der Mercedes ist noch einfacher zu bedienen als der BMW - ein echtes Kopf-an-Kopf-Rennen, mit Audi A6 und Jaguar XF als starke Verfolger. Der Volvo S90 (Q3) soll den Überraschungserfolg des XC90 wiederholen, muss sich aber ebenfalls mit wenig imageträchtigen Vierzylinder-Aggregaten bescheiden. Im neuen Cadillac CT6 (Q3) und in der zweiten Auflage des endlich vorzeigbaren Porsche Panamera (Q4) kommen Zylinderzähler und Hubraumfetischisten schon eher auf ihre Kosten. Das vielleicht aufregendste Stufenheck der Saison wurde in Italien entwickelt - und lässt auf sich warten. Sie ahnen es: Die Rede ist von der neuen Alfa Romeo Giulia (Q2), die wir vorläufig nur als statisch präsentiertes 510 PS starkes Sportmodell kennen. Ähnlich konservativ wie den A4 hat Audi den nächsten A5 gestaltet, der zunächst als Coupé (Q3) und Sportback (Q4) in die zweite Runde geht.

Automobile Zukunft, die man zeitnah kaufen kann, hat auch im neuen Jahr Seltenheitswert. Toyota verteilt in ganz Deutschland handverlesene 50 Exemplare des Mirai (Q1) mit Brennstoffzellen-Antrieb, Honda will mit dem nach gleichem Muster gestrickten Clarity (Q3) nachziehen, der BMW i3 (Q3) verdoppelt gegen Aufpreis seinen Zero-Emission-Radius, der Audi R8 e-tron (Q1) sollte endlich den Sprung von der Theorie in die Praxis schaffen. Mit Spannung erwartet die Szene das Tesla Model X (Q3), einen Neo-SUV mit Flügeltüren und Fahrleistungen aus einer anderen Welt - trotz der in die Jahre gekommenen Basistechnik. Auch der neue Prius (Q1) ist unter dem Blech fast der alte geblieben. Die deutschen Hersteller meiden nach Startschwierigkeiten den Parallelhybrid und setzen in Verbindung mit dem 48V-Teilbordnetz lieber auf den Mild Hybrid oder gleich auf das PHEV.

Der Plug-in-Ansatz hat seine Vorteile, aber er treibt das Gewicht, die Kosten und die Komplexität. Außerdem reicht schon ein kleiner Chip, der über das Ladeverhalten der Kunden und den E-Anteil an der Gesamtlaufleistung Auskunft gibt, um dieses Antriebskonzept zum Spielball von Politikern und Behörden zu machen.

© SZ vom 24.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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