(SZ vom 16.08.1997) Edle Kombis erfreuen sich zur Zeit steigender Beliebtheit. Sie haben den Stallgeruch der Lastenträger abgelegt und verströmen vielmehr den Flair der Freizeitgesellschaft. Man ist variabel, flexibel und dynamisch - und diese Eigenschaften muß auch das bevorzugte Automobil erfüllen. Klar, daß in so einem Fall ein Kombi in die engere Wahl kommt, und zwar am liebsten eine Variante, die neben einem großen Raumangebot im Innenraum auch über eine entsprechend kräftige Motorisierung verfügt. Diese Nobel-Laster werden nicht nur von den deutschen Herstellern Audi (S6) und BMW (540i touring) ins Rennen geschickt, sondern Volvo will sich auch einige Rosinen aus dem großen und immer noch wachsenden Kombi-Kuchen herauspicken.
Eher Sportwagen als Lastenträger
Die seit geraumer Zeit V70 genannte Kombi-Baureihe (der frühere 850 Kombi) hat traditionell einen höheren Verkaufsanteil als die entsprechende Limousine, die nun unter dem Namen S70 firmiert. Zahlreiche Motorvarianten erlauben es beim V70, die dem jeweiligen Mobilitätsbedürfnis angepaßte Version zu finden. Am oberen Ende der Leistungsskala stehen der V70 2. 5 T AWD und der V70 T-5. Hinter diesen etwas kryptischen Zahlen- und Buchstabenkombinationen verbergen sich ein Kombi, der von einem 2,5-Liter-Turbomotor angetrieben wird und über einen Allradantrieb verfügt, und eine auf besonders sportlich getrimmte Version mit einem 2,3-Liter-Turboaggregat, das es in der neuesten, überarbeiteten Version auf 176 kW (240 PS) bringt. Beide Motorvarianten haben jeweils fünf Zylinder - ein in der Automobilwelt eher seltener Wert.
Hier für die Statistiker und Vergleichs-Freunde die wichtigsten Angaben:
Volvo V70 2. 5 T AWD: Fünfzylinder-Benzinmotor mit einem Hubraum von 2435 ccm, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 8,5 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 220 km/h, Durchschnittsverbrauch 11,2 Liter Super bleifrei auf 100 Kilometer nach neuer EU-Norm.
Volvo V70 T-5: Fünfzylinder-Benzinmotor mit einem Hubraum von 2319 ccm, Beschleunigung von Null auf 100 km/h in 7,1 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 245 km/h, Durchschnittsverbrauch ebenfalls 11,2 Liter Super bleifrei auf 100 km/h.
Aber Papier ist bekanntlich geduldig - und das bezieht sich in diesem Fall besonders auf den Kraftstoffverbrauch: Bei unseren Fahrten unter normalen Bedingungen pendelten die Werte meistens um die 15 Liter. Die stärkste Variante fiel aber im Stadtverkehr durch ein Trinkverhalten auf, das noch deutlich über die in den Papieren konstatierten 16,2 Liter hinausgeht.
Doch wer in Automobile einsteigt, die mehr als 200 PS leisten und dieses Potential hin und wieder auch einmal ausnutzt, ist sich wohl im klaren darüber, daß mit einem erhöhten Verbrauch zu rechnen ist. Dafür bieten beide Modelle allerdings auch erhöhten Fahrspaß, was sich vor allem auf längeren Strecken erfahren läßt.
Dabei gehen die Allrad-Variante und der T-5 mit durchaus unterschiedlichen Charakteren auf die Reise: Der Turbo im All Wheel Drive ist darauf spezialisiert, sein Leistungsvermögen möglichst sanft aufzubauen - die Fachleute sprechen von Soft Turbo. Deshalb fehlt beim Niedertreten des Gaspedals das ehedem von den meisten gehaßte und nur von den wenigsten Autofahrern geliebte Turboloch.
Die T-5-Variante bezieht ihre Kraft hingegen bei kleinerem Hubraum aus einem anders konzipierten Lader, der zwar rascher anspricht, die Insassen aber mit einem kräftigen Schub auch deutlich darüber informiert, daß Lader und Gefährt nun auf Touren kommen werden. Zwar ist dieser Schub nicht mit dem plötzlich einsetzenden Hammer eines Turboladers aus der Frühzeit vergleichbar, aber wer T-5 fährt, wird diesen Kick als das sportliche Element wohl kaum missen wollen. So oder so sind beide Modelle auf jeden Fall familientauglich, auch wenn die Fahrwerke beider Modelle sind eher straff als sofaweich.
Keine Kompromisse sind Techniker und Designer bei der Variabilität eingegangen. Der Kofferraum läßt sich durch das Umklappen der Rücksitze auf ein umzugstaugliches Volumen erweitern. Und sicherheitstechnisch sind die beiden schnellen Schweden ganz auf der Höhe der Zeit: ABS, Airbags für Fahrer und Beifahrer, Seitenairbags, die im V70 in den Lehnen der Sitze untergebracht sind, und ABS sind serienmäßig. Zur Aufwertung des Wohnraums stehen insgesamt vier Design- und Funktionspakete auf der Preisliste - als Sonderausstattungen. Denn vom Preis her liegen die doch unterschiedlichen Brüder wieder ganz nahe beisammen: Der AWD kostet 66 200 Mark, der T-5 schlägt mit 66 800 Mark zu Buche.
Von Otto Fritscher