Volvo V70 Cross Country:Ohne rustikales Beiwerk

Allrad-Kombi mit fünf Zylindern und mehr Bodenfreiheit

(SZ vom 27.12.1997) Glaubt man den Psychologen, dann genießen Autofahrer, die sich für Geländewagen entscheiden, das Gefühl, mit Hilfe ihres Vehikels notfalls querfeldein allen Staus ausweichen zu können. Kombi-Käufern unterstellen die Seelenforscher, daß sie ihrer Umwelt mit Hilfe des geräumigen Hecks einen umsatzstarken Lebensstil suggerieren wollen. Was Autofahrer zum Kauf von Pkw und Kombis mit Allradantrieb bewegt,wurde bisher noch nicht ergründet, doch zumindest weiß man, daß diese Klientel die technischen Möglichkeiten höchst selten zu einem Abstecher ins Gelände nutzt.

Volvo hat ob dieser Tatsache beim neuen Modell auf rustikales Beiwerk verzichtet und sich bei der Formgebung weder am klassischen Geländewagen noch an dessen Abkömmlingen, den ähnlich hochbeinigen, aber etwas komfortableren Sport Utility Vehicles, orientiert. Der V70 Cross Country ist also kein Typ, der mit Kniebundhosen ins Grüne zieht, sondern er gleicht eher einem Städter im feinen Zwirn, der beim Betreten einer Wiese das Beingewand an den Bügelfalten ein kleines Stückchen nach oben zieht, um nasse Säume zu verhindern. In Zahlen ausgedrückt heißt das, daß der Cross Country lediglich 2,5 Zentimeter mehr Bodenfreiheit aufweist als der V70 mit Vorderradantrieb und nur fünf Zentimeter höher ist - ein Zuwachs, der wirklich nur im direkten Vergleich auffällt.

Entsprechend gering sind die Unterschiede im Fahrverhalten: Der Cross Country fährt sich so komfortabel wie der Pkw, von dem er abstammt, obwohl das Fahrwerk etwas straffer ausgelegt ist. In welchem Verhältnis die in den Antriebsstrang integrierte Viscokupplung die Antriebskraft auf Vorder- und Hinterachse verteilt, hängt von den äußeren Umständen ab. Nützlich ist der Allradantrieb zweifellos auf unbefestigtem Untergrund, nassem Asphalt, Schnee und Eis, wobei ein vollautomatisches Sperrdifferential an der Hinterachse und eine elektronisch geregelte Traktionskontrolle für die Feinabstimmung sorgen; auf griffigem Untergrund ist der Cross Country zu 95 Prozent ein Fronttriebler.

Angetrieben wird der V70 Cross Country von einem 2,5-Liter-Fünfzylinder, bei dem ein sogenannter Leichtdruck-Turbolader schon im unteren Drehzahlbereich für ein Maximum an Zugkraft sorgt. Der Höchstwert von 270 Newtonmetern wird bei 1800 Umdrehungen erreicht und steht bis 5000/min durchgehend zur Verfügung, die Leistungskurve gipfelt in 142 kW (193 PS) bei 5100/min.

Damit kann man alles machen, ohne daß das Fünfgang-Schaltgetriebe allzuoft bemüht werden muß: sportlich fahren, zügig überholen, gemütlich dahinrollen. Fahrspaß ist wegen des satten Drehmomentangebots auch dann garantiert, wenn der Fünfzylinder mit der weich schaltenden Vierstufen-Automatik zusammengespannt wird. In Kombination mit der manuellen Schaltung benötigt der Motor 8,7 Sekunden, um den 1,7 Tonnen schweren Wagen von Null auf 100 km/h zu beschleunigen, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 215 km/h, der Verbrauch nach EU-Norm wird mit 11,2 Litern Super je 100 Kilometer beziffert.

Neben Äußerlichkeiten wie robusten Stoßfängern, markanten Lufteinlässen und Canvas-Sitzbezügen sind es die Optionen, die den Cross Country aus dem V70-Umfeld hervorheben: Auf die serienmäßige Dachreling des neuen Volvo kann ebensogut ein aerodynamisch geformter Container in Wagenfarbe aufgesetzt werden wie ein seitlich abklappbarer und dadurch auf Straßenniveau zu beladender Fahrradträger oder Ski- und Snowboardhalterungen.

Individuell möblieren läßt sich aber auch das Gepäckabteil unter der großen Heckklappe; so hält Volvo eine in die Ladefläche versenkbare dritte Sitzbank mit Drehpunkt-Sicherheitsgurten bereit, die zwei kleineren Kindern Platz bietet und eine im Kofferraum befestigte Matte, die - über Ladekante und Stoßfänger gezogen - Schrammen beim Beladen verhindert, und sogar eine Käfigkonstruktion mit zwei Abteilen und Gittertüren für den Transport von Hunden.

Für das Basisfahrzeug mit kompletter Sicherheits- und reichhaltiger Komfortausstattung wird der Volvo-Händler knapp 70 000 Mark in Rechnung stellen. Die ersten von rund 1000 Cross Country pro Jahr werden in Deutschland Anfang 1998 ausgeliefert. Bis dahin sollen auch Hochprofilreifen auf 15-Zoll-Felgen für diejenigen Käufer verfügbar sein, die Zweifel an der Geländetauglichkeit der serienmäßigen Pkw-Reifen im Format 205/55 HR 16 hegen.

Von Gerlinde Fröhlich-Merz

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