Süddeutsche Zeitung

Sportwagen:VW will Bugatti verkaufen

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Die Marke soll kroatisch werden. Porsche spielt in dem Deal eine entscheidende Rolle.

Von Georg Kacher

Unter Ferdinand Piëch wäre das vermutlich nicht passiert. Bugatti war sein Lieblingskind in der VW-Familie, die während der Herrschaft des Patriarchen unter anderen um Lamborghini und Bentley erweitert wurde. Doch jetzt ist nach übereinstimmenden Quellen zumindest für Bugatti die Uhr abgelaufen. VW muss seine Ressourcen bündeln, um das ehrgeizige Investitionsprogramm mit den Schwerpunkten Elektromobilität, Digitalisierung und autonomes Fahren zu stemmen. Um Bugatti loszuwerden, ohne dass dabei die Piëch-Seite des Eigner-Clans ihr Gesicht verliert, hat das VW-Management Porsche mit ins Boot geholt. Bugatti soll mit Hilfe von Porsche an die kroatische Technologie- und Sportwagenfirma Rimac gehen.

Im Gegenzug will Porsche nach SZ-Informationen seinen Rimac-Anteil auf 49 Prozent erhöhen. Die Stuttgarter hatten schon 2018 zehn Prozent an Rimac erworben und diesen Anteil später auf 15,5 Prozent erhöht. Das vom Kroaten Mate Rimac gegründete Unternehmen gehört zu den weltweit führenden Spezialisten bei Elektromobilität, Batterietechnik und Leistungselektronik. Aushängeschild für die technische Kompetenz ist der bereits zweite Supersportwagen namens C-Two, ein sogenanntes Hypercar mit 1914 PS starkem E-Motor und konkurrenzlosen Fahrleistungen, der kurz vor der Serienreife steht.

Rimac ist noch nicht an der Börse notiert. Der Firmengründer hält eine 51 Prozent-Mehrheit, zu den wichtigsten Anteilseignern gehören neben Porsche zwei chinesische Unternehmen, eines davon aus der Batteriebranche. Damit ist die Wertermittlung beider Marken mehr oder weniger Verhandlungssache, wobei für Bugatti ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag im Raum stehen soll. Im Gegenzug für diese Mitgift würden die Schwaben künftig verstärkt von Rimac' Know-how profitieren. Der erst 32 Jahre alte Rimac bekäme seinerseits mit Bugatti den perfekten Markenauftritt samt passender Infrastruktur für seine in Kleinstserie gebauten vollelektrischen Supersportwagen. Zuletzt wurde Rimac im Juli im elsässischen Molsheim gesichtet, wo der Bugatti Chiron, der Nachfolger des Veyron, im hauseigenen Atelier weitgehend von Hand komplettiert wird. Der Interessent soll beeindruckt gewesen sein.

Falls der Deal in der skizzierten Form über die Bühne geht - der VW-Vorstand hat das vergangene Woche beschlossen, das Plazet des Aufsichtsrats fehlt noch -, ist der jetzige Bugatti-Chef Stephan Winkelmann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr dabei. Winkelmann und Porsche-Chef Oliver Blume wollten sich auf Nachfrage nicht äußern.

Aus Wolfsburg ist inzwischen zu hören, dass im zweiten Schritt weitere Marken auf dem Prüfstand stehen. Dazu gehören angeblich Lamborghini, Bentley, Ducati, Italdesign und Seat, das in Cupra übergehen und höher positioniert werden soll. Allerdings haben Corona und die Autokrise möglichen Verkaufsüberlegungen einen Dämpfer verpasst, denn mögliche Interessenten würden nicht mehr die gleichen Preise zahlen wie noch vor zwei Jahren. Zumal eine komplexe Entflechtung etwa von Audi und Lamborghini oder von Porsche und Bentley kaum ohne Folgekosten vonstattenginge. Im Vergleich dazu erscheinen die Risiken eines Tauschgeschäfts wie das zwischen Bugatti, Porsche und Rimac beherrschbar.

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Quelle:
SZ vom 18.09.2020
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