Videospiel-Ampel in Hildesheim:Daddeln während der Rotphase

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Sandro Engel und Amelie Künzler beim finalen Test der Street-Pong-Ampel am Goschentor in Hildesheim. (Foto: HAWK Hildesheim)

Warten an der roten Ampel ist vor allem eines: lästig. Fußgänger, die in Hildesheim unterwegs sind, könnten das bald anders sehen. Denn dort lädt nun die erste Street-Pong-Ampel zum Spielen ein.

Von Thomas Harloff

Stillstand. Nichts geht vorwärts. Die Zeit verrinnt ungenutzt. Klar, rote Ampeln haben ihren Sinn, doch wenn sie uns - egal ob in Auto oder Bus, als Fahrradfahrer oder Fußgänger - an einen Ort fesseln, verfluchen wir sie. Denn sie kosten Zeit und Nerven.

Wer Hildesheim zu Fuß erkundet, sieht das möglicherweise anders. In der niedersächsischen Stadt, genauer am Goschentor, steht nun die erste Videospiel-Ampel Deutschlands. Wartende Fußgänger können sich dort mit "Street Pong" die Zeit vertreiben. Vorausgesetzt, an der gegenüberliegenden Straßenseite wartet ein weiterer spielwilliger Fußgänger.

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Meistens heißt es: Warten! Zwei Wochen unseres Lebens verbringen wir an roten Ampeln. Doch Besserung ist in Sicht. Etwa durch eine grüne Welle per Smartphone-App.

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Ein Videospielklassiker neu interpretiert

Das Spielprinzip ist simpel und vom Videospielklassiker "Pong" aus den Siebzigerjahren bekannt, einer Art virtuellem Tischtennis. An den Ampelmasten befindet sich im gelben Drücker jeweils ein Touchscreen, der das Spielfeld, einen Ball und zwei Balken anzeigt. Mit dem Zeigefinger steuert ein Spieler seinen Balken, der als Schläger dient und den Ball in Richtung des gegnerischen Balkens bugsiert. Ziel des Spiels ist es, den Ball so oft wie möglich am gegnerischen Balken vorbeizuschießen, was einen Punkt auf das eigene Spielkonto bringt, ihn aber auf der eigenen Seite nicht am "Schläger" vorbeizulassen. Wer bis zur nächsten Grünphase mehr Punkte gesammelt hat, hat das Spiel gewonnen.

Erfunden wurde das Street-Pong-Spiel von drei Studenten. Amelie Künzler, Sandro Engel und Holger Michel von der Hildesheimer Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) sorgen mit ihrer Idee bereits seit zwei Jahren im Internet für Aufsehen. Millionenfach wurde ihr Video, das zwei Menschen beim Street-Pong-Spielen zeigt, auf verschiedenen Plattformen geklickt. Allerdings ist der Clip nicht echt. Statt realer Drücker und Touchpads verwendeten die Studenten Pappattrappen mit einer Art Green Screen, auf den später in der Nachbearbeitung das Spielfeld projiziert wurde. Etwa zehn Tage haben Künzler, Engel und Michel das Video am Computer bearbeitet, um das Ergebnis so echt wie möglich aussehen zu lassen.

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Testphase in Hildesheim und Oberhausen

Derlei Tricks sind bald nicht mehr nötig, denn nun setzt Hildesheim die studentische Projektarbeit an einer Ampel vor der HAWK in die Realität um. Zwei Jahre haben die Erfinder mit technischen Hürden, Sicherheitsfragen, Entwicklungskosten, Partnersuche und Gründung der Start-Up-Firma Urban Invention verbracht - nun beginnt eine vierwöchige Testphase, in der Street Pong seine Zukunftstauglichkeit beweisen muss. Auch in Oberhausen soll ein Prototyp ausprobiert werden, Anfragen gibt es zudem aus Lyon und Oslo. Sind die Tests erfolgreich, startet eine Crowdfunding-Kampagne, nach der eine Serienfertigung beginnen und das Ampelspiel unter der Bezeichnung "Actiwait" vermarktet werden soll.

Actiwait soll übrigens nicht nur zum Spielen einladen. Die Erfinder können sich auch eine Integration von Informationen zur jeweiligen Stadt, von regionalen Nachrichten oder eines Navigationssystems vorstellen. Erstaunlich, dass vorher niemand auf diese Idee gekommen ist, bei all der (Warte-)Zeit an roten Ampeln.

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