Vespa für 9000 Euro:Das superteure Spielmobil

auto 24.08.

Zahlen für den guten Namen: Die Vespa 946 spekuliert mit der Aura des Klassikers. Die Technik stammt meist aus dem Regal.

Die hübsche Vespa 946 erinnert an einen Roller-Klassiker von 1946. Die Kleinserie kostet satte 9000 Euro. Dafür gibt es eine elegante Retro-Optik mit modernen Stilelementen und hochwertige Bauteile.

Von Norbert Meiszies

Wohl kaum ein anderer Roller wurde in letzter Zeit mit so viel Spannung erwartet wie die Vespa 946. Wie würde wohl die Vespa der Zukunft aussehen, fragte sich die Fachwelt, nachdem in Mailand auf der Eicma 2011 erstmals eine Studie stand. Piaggio-Chef Roberto Colaninno hatte höchstpersönlich den Auftrag erteilt, die filigrane Vorlage zur Serienreife zu entwickeln. Die Kombination aus klassischer Optik in Anlehnung an die erste Vespa von 1946 mit modernen Stilelementen und hochwertigen Bauteilen machte von Anfang an den Reiz des Projekts aus.

Jetzt gibt es die Vespa 946 als Kleinserie mit dem Namen Ricordo Italiano zu kaufen. Nach Deutschland sind ausreichend Fahrzeuge ausgeliefert worden, weil sich die Händler verpflichten mussten, zwischen fünf und zehn Einheiten abzunehmen - und das bei einem Preis, den man getrost als ambitioniert bezeichnen darf. Glatte 9000 Euro verlangt Piaggio. Und wer eine 946 bestellt, darf auch gleich eine Anzahlung von 946 Euro auf den Tisch legen. Für so viel Geld sollte man neben optischen Schmankerln wie dem scheinbar frei schwebenden, aus einer Aluminiumschale gefertigten Kunstledersitz auch sonst einiges mehr erwarten können als von einer Standard-125er.

Der Motor ist Standard

Für den Motor gilt das erst mal nicht. Die 946 wird vom gleichen 125er-Einzylinder-Viertakter angetrieben, der die aktuellen, nicht mal halb so teuren LX- und S-Modelle von Vespa bewegt. Den zwölf PS leistenden Dreiventil-Einspritzmotor kennt man als laufruhig, spritzig und spurtstark, bei der 946 präsentiert er sich ähnlich agil, nur beim Ampelstart hat er doch mit dem Gewicht von knapp 150 Kilogramm zu kämpfen. Das spürt man nicht zuletzt beim Rangieren, so handlich wie eine LX ist die 946 nicht. Auch beim Aufbocken - ein Seitenständer fehlt - sind kräftige Arme gefragt.

Entgegen den ersten Verlautbarungen kommt nun doch komplett das traditionelle Blechchassis zum Einsatz, das durch verschiedene Aluminiumteile wie die seitlichen Verkleidungen an den Backen und dem Kotflügel aufgewertet wird. Selbst die Auspuffanlage stammt aus dem Regal. Trotzdem ist die 946 ein Blickfang. An den herrlich gestalteten Details wie dem Taschenhaken, der Soziusfußraste, der Heckleuchte und der Aluminiumschale für die Sitzbank kann man sich nicht sattsehen.

Für Sammler und Fans

Sogar das gewöhnungsbedürftige digitale Cockpit gefällt mit der Zeit. Trotzdem schade, dass unter der Sitzbank nur noch Bordwerkzeug und Tankdeckel zu finden sind. Stauraum gibt es keinen. Dafür muss man sich aus dem Zubehör den schmucken Heckträger (160,30 Euro) und den Lederkoffer (575,33 Euro) ordern. Eine Echtleder-Sitzbank verlangt noch mal 511,40 Euro.

Wer so viel Geld in einen 125er-Roller investiert, muss entweder Sammler oder ein echter Fan sein, denn selbst das serienmäßige Zweikanal-Integral-ABS und die Antischlupfregelung ASR rechtfertigen den hohen Preis nicht. So richtig überzeugt scheint man bei Piaggio selbst nicht mehr von dem Konzept zu sein. Die Roller standen urplötzlich im Handel. Eine angekündigte PR-Aktion mit Promis fand bisher nicht statt und auch bei den Händlern wundert man sich über die Strategie des Konzerns in Sachen 946. Sicher ist dagegen, dass für 2014 eine weitere Kollektion der 946 folgen wird.

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