Süddeutsche Zeitung

Verkehrsgerichtstag in Goslar:Rüffel für Radler

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Experten klagen auf dem Verkehrsgerichtstag in Goslar über Reformen, Rowdys und Raser. An der 0,0-Promille-Grenze im Straßenverkehr indes rüttelt niemand.

Der Präsident des Deutschen Verkehrsgerichtstages, Kay Nehm, hat heftige Kritik an Radfahrern geübt. "Kaum ein Radler fährt mit vorgeschriebener Beleuchtung, kaum ein Radler kümmert sich um Fahrtrichtung oder um Ampeln", sagte Nehm bei der Eröffnung des 51. Verkehrsgerichtstages in Goslar am Donnerstag. Die "offensichtliche behördliche Duldung lebensgefährlicher Verhaltensweisen" vieler Radler sei ein Skandal. Unaufmerksame Kraftfahrer müssten bei Unfällen dann für den Schaden aufkommen. Nehm sagte, die Misere werde nicht dadurch gemildert, "dass uns die Lichtmuffel nach den Vorstellungen der Verkehrspolitik künftig unter dem Helm begegnen sollen".

Tatsächlich sprechen sich in einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa 82 Prozent der Deutschen für mehr Polizeikontrollen und höhere Strafen für rüpelhafte Radler aus. 69 Prozent der Deutschen gaben bei der Befragung zudem an, auf der Autobahn als Fahrer oder Beifahrer Angst vor Geisterfahrern zu haben.

Reform des Flensburger Punktekatalogs

Neben der Gefahr durch Geisterfahrer wird auf der Tagung auch die geplante Reform des Flensburger Punktekatalogs diskutiert. Eine Woche bevor sich der Bundesrat mit der von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vorgeschlagenen Reform beschäftigen wird, nehmen sich in Goslar etwa 200 Rechtsexperten des Themas an. Grundsätzlich besteht für das Vorhaben, nur noch Punkte für sicherheitsrelevante Verstöße zu vergeben, ein breiter Konsens. Umstritten ist indes, wann diese Punkte wegfallen sollen.

Wie die Saarbrücker Zeitung am Donnerstag berichtete, sehen die Bundesländer noch "grundlegenden Änderungsbedarf". Dies gehe aus einer Empfehlung des Verkehrs- und Innenausschusses des Bundesrats an die Länder-Ministerpräsidenten hervor. Die Länder kritisieren demnach unter anderem, dass künftig jeder Strafpunkt einzeln nach zwei Jahren verjähren soll. Es bestehe die Befürchtung, dass davon "insbesondere notorische Geschwindigkeitstäter profitieren". Bisher verfallen Punkte nur dann nach einer bestimmten Frist, wenn sich ein Fahrer währenddessen nicht erneut Punkte einhandelt.

Kritik an Fahreignungsseminaren

Kritisch sehen die Länder auch die Fahreignungsseminare, die für Verkehrsrowdys Pflicht werden sollen. Das Konzept sei in der "Wirksamkeit zweifelhaft", hieß es. In Goslar gab es indessen auch Kritik an der Anhebung der Bußgeldsätze und die Abschaffung der Möglichkeit, Punkte durch die freiwillige Teilnahme an Seminaren abzubauen. Der Deutsche Anwaltverein erklärte, die Reform bringe Autofahrern große Nachteile. Es werde zu einer Erhöhung der Geldbußen "auf breiter Front" und deutlich mehr Führerschin-Entzügen kommen, so DAV-Verkehrsrechtsexperte Frank Häcker.

Derweil erteilte Kay Nehm Forderungen nach einer 0,0-Promille-Grenze im Straßenverkehr eine Absage. Ein absolutes Alkoholverbot am Steuer greife nicht, wer Unfallraten weiter senken wolle, müsse eher schärfer gegen Raser vorgehen, so der frühere Generalbundesanwalt.

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SZ vom 25.01.2013
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