Verbesserung der Luftqualität:Diesel-Fahrer in Stuttgart müssen sich ab 2018 auf Fahrverbote einstellen

Feinstaub-Alarm in Stuttgart

Appelle an die Autofahrer, freiwillig umzusteigen, hatten nichts genutzt. Nun gilt in Stuttgart für ältere Diesel-Fahrzeuge bei Feinstaubalarm Fahrverbot.

(Foto: Bernd Weissbrod/dpa)
  • Feinstaub und Stickoxid-Belastung der Luft sind in vielen Großstädten ein Thema.
  • In Stuttgart soll nun vom kommenden Jahr an bei Feinstaubalarm ein Fahrverbot für bestimmte Diesel-Fahrzeuge gelten.
  • Freiwillige Verzichts-Appelle an die Autofahrer hatten nichts gebracht.
  • "Hier wird nichts verboten. Hier wird gesteuert und gelenkt", sagt der grüne Ministerpräsident Kretschmann.

Zur Verbesserung der stark mit Schadstoffen belasteten Luft in Stuttgart wird es von 2018 an Fahrverbote für viele Dieselfahrzeuge geben. Betroffen sind Fahrzeuge, die nicht die strengste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. Das Verbot soll an den Tagen angeordnet werden, an dem die Stadt Feinstaubalarm auslöst, und zwar auf besonders belasteten Straßen. Darauf einigte sich die grün-schwarze Landesregierung.

Die Entscheidung könnte tagelange Fahrverbote für Zehntausende Autos bedeuten. Das Verbot geht aus einem Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Luftqualität in der Landeshauptstadt hervor.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) verteidigte die bisher schärfste Maßnahme gegen den Feinstaub. "Hier wird nichts verboten. Hier wird gesteuert und gelenkt", sagte er.

Allein in diesem Jahr wurde in Stuttgart bislang schon an mehr als 30 Tagen Feinstaubalarm ausgelöst. 2016 war der EU-Grenzwert an insgesamt 63 Tagen überschritten worden. Der EU-Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Wird dieser Wert an mehr als 35 Tagen im Jahr gerissen, müssen die Behörden unter Androhung von Strafen durch die EU handeln.

Neben dem Feinstaub ist auch die Belastung durch Stickstoffdioxid ein Problem. Allein in Stuttgart sind nach Angaben der Stadt 107 000 Dieselfahrzeuge zugelassen, 73 000 davon erfüllen nicht die Abgasnorm. Das Land rechnet zwar damit, dass es für 20 Prozent der betroffenen Fahrzeuge Ausnahmeregelungen geben wird. Es geht aber zudem noch um viele Autos, die Stuttgart als Ziel haben. Die Einschränkungen sollen im Stuttgarter Talkessel gelten sowie in Feuerbach und in Teilen von Zuffenhausen.

Appelle an Autofahrer hatten nichts bewirkt

Ähnliche Probleme wie in Stuttgart gibt es auch in anderen großen Städten - und auch hier gibt es Diskussionen um Fahrverbote. Am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof läuft derzeit ein Verfahren um die hohe Stickoxid-Belastung in der Stadt. Doch noch werden konkrete Verbote auf lokaler oder allenfalls Landesebene debattiert.

Der Deutsche Städtetag begrüßte die geplanten Fahrverbote in Stuttgart, erhob allerdings weitergehende Forderungen. "Deutschlandweit haben etwa 80 Städte große Probleme mit zu hohen Stickoxidwerten, die vor allem durch Dieselfahrzeuge verursacht werden", sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, "Deshalb brauchen wir zügig eine Regelung durch den Bund, wie emissionsarme Dieselfahrzeuge gekennzeichnet werden können, also eine blaue Plakette."

Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann erneuerte ebenfalls seine Forderung zur Einführung der blauen Plakette auf Bundesebene als "das wirksamste Instrument der Luftreinhaltung". Das habe ein Gutachten gezeigt. Auch Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte sich dafür ausgesprochen.

Für die blaue Plakette gibt es allerdings bislang keine Mehrheit auf Bundesebene. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt es ab, mit einer neuen Plakette Dieselfahrzeuge aus den mit Stickoxiden und Feinstaub belasteten Innenstädten auszusperren.

Der Vorschlag für die Fahrverbote an Feinstaubalarmtagen stamme allerdings von Dobrindt selbst, wie aus der Mitteilung der Landesregierung hervorgeht. Land und Stadt sind in der Pflicht, dem Verwaltungsgericht Stuttgart bis Ende Februar zu erklären, wie sie die Luft nachhaltig verbessern wollen. Die Feinstaubwerte sind in der Landeshauptstadt deutlich zu hoch.

Die Behörden hatten zuletzt mit einer Reihe von freiwilligen Aktionen - wie preisreduzierten Fahrkarten in öffentlichen Verkehrsmitteln - versucht, Fahrer zum Verzicht auf ihr Auto zu bewegen. Allerdings brachten die Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg. Auch die Nutzung von Kaminen, die nicht zum Heizen gebraucht werden, ist künftig verboten in Stuttgart.

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