Leasingangebote für Dienstfahrräder, eine umfassende Mobilitätsberatung für Unternehmen oder Angebote wie das Fahrrad im Abonnement - mit all diesen Themen befasst sich seit Kurzem der neu gegründete Bundesverband Zukunft Fahrrad (BVZF). Wofür steht der Verband? Welche Ziele hat er? Und was unterscheidet ihn von anderen Verbänden in der Fahrradszene? Fragen dazu an den Geschäftsführer Wasilis von Rauch.
SZ: Herr von Rauch, der Zweiradindustrieverband, der Verbund Service und Fahrrad, kurz: VSF, der ADFC und der VCD - all diese Verbände werben für den Verkehrsträger Fahrrad. Warum gibt es jetzt auch noch Ihren Verband?
Wasilis von Rauch: In den vergangenen Jahren haben viele Unternehmen ganz neue Geschäftsfelder rund ums Fahrrad erschlossen, beispielsweise das Dienstrad-Leasing, die Logistik per Fahrrad oder Beratungen zum betrieblichen Mobilitätsmanagement, die der Frage nachgehen: Was können Unternehmen tun, um mehr Mitarbeiter aufs Rad zu bringen? Da ist richtig was passiert. Die Nische, die bisher eher als Nebenschauplatz der Fahrradbranche galt, ist zu einem richtigen Wachstumsmotor geworden. Auf diese Bereiche im Dienstleistungssektor wird der BVZF seinen Schwerpunkt legen.
Warum hat sich aus Ihrer Sicht in dieser Nische in der jüngeren Vergangenheit so viel verändert?
Da ist beispielsweise die Elektrifizierung des Fahrrads, die es nun ermöglicht, dass das Fahrrad auch gewerblich viel intensiver genutzt werden kann als früher - beispielsweise als Lastenfahrrad im Handwerk oder in der innerstädtischen Logistik. Es sind aber auch zahlreiche neue Dienstleistungen entstanden. Außerdem haben viele Arbeitgeber gemerkt, dass sie etwas tun müssen, wenn sie ihre Mitarbeiter bei der Mobilitätswende unterstützen wollen - auch wenn wir als Gesellschaft da längst noch nicht so weit sind wie wir es gerne wären.
Wirklich? Bund und Länder haben mittlerweile die Förderung aufgestockt, etwa für neue Radwege; Diensträder werden steuerlich gefördert. Der Bundesverkehrsminister sagt von sich selbst, er sei jetzt der "Fahrradminister".
Er sagt von sich wahrscheinlich auch, dass er der Bahnminister ist. Und ja, es gibt nun mehr Geld beispielsweise für die Fahrrad-Infrastruktur, und darüber darf man sich auch freuen. Aber solange die beiden umweltschädlichsten Verkehrsmittel, also das Auto und das Flugzeug, massiv subventioniert werden - durch das Dieselprivileg und die Steuerbefreiung auf Kerosin beispielsweise -, so lange hat die Politik die Weichen noch nicht in Richtung Verkehrswende gestellt.
Was fordern Sie konkret?
Die Förderung der Elektromobilität zum Beispiel ist von der Bundesregierung sehr einseitig auf das Auto ausgerichtet. Eine gerecht und fair auf die umweltfreundlichen Verkehrsträger ausgerichtete Verkehrspolitik würde auch die Anschaffung von Pedelecs und Elektrolastenrädern bezuschussen. Das aber geschieht bislang nicht. So lange die Politik auch nicht bereit ist, dem Autofahren die Kosten zuzuordnen, die es verursacht, so lange wird ein größerer Umlenkungseffekt hin zu einer umweltfreundlicheren Mobilität nicht einsetzen.
Ein Argument in der Diskussion ist immer wieder: An der Autoindustrie hängen bundesweit geschätzt etwa 800 000 Arbeitsplätze. Wie viele wirft die Radbranche in die Waagschale?
Eine Untersuchung des Branchenverbands VSF kam für das Jahr 2011 mal auf eine Zahl von 278 000 Arbeitsplätzen bundesweit. Diese Zahl dürfte mittlerweile eher gestiegen sein, weil eben neue Firmen wie Leasinganbieter oder Consultingunternehmen im Markt sind.
Die Studie des VSF bezog allerdings auch Beschäftigte im Tourismus mit ein, ebenso die bei Straßenbauverwaltungen, die zum Beispiel für den Unterhalt der Radwege verantwortlich sind.
Ja, das stimmt, aber auch diese Bereiche gehören zum Wirtschaftsfaktor Fahrrad dazu, in anderen Wirtschaftsbereichen werden diese Betrachtungen genauso angestellt. Urlaub mit dem Fahrrad zum Beispiel wird immer beliebter, es gibt Versicherungsanbieter, die sich auf das Fahrrad spezialisieren oder Vermiet- und Verleihfirmen, die in den Städten eine neue Form der Mobilität ermöglichen. Jedes Jahr werden in Deutschland vier Millionen Fahrräder verkauft, fünf Prozent davon werden bislang geleast. Während der durchschnittliche Verkaufspreis beim Händler bei 800 Euro pro Rad liegt, beträgt er im Leasinggeschäft mehr als 3000 Euro. Das zeigt doch, welches Potenzial allein in diesem Segment des Fahrradmarktes schlummert.