Süddeutsche Zeitung

US-Allianz:Des Diesels neue Kleider

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Es hat nicht sehr lange gedauert. Gerade hat Mercedes mit dem E 320 Bluetec seinen ersten Sauber-Diesel frisch auf den US-amerikanischen Markt gebracht, da springen auch Audi und VW auf den blauen Zug auf.

Von Jürgen Wolff

Am Vorabend der Los Angeles Autoshow gab es den ersten Paukenschlag: Auf dem nordamerikanischen Dieselmarkt ziehen die Konkurrenten DaimlerChrysler, Audi und Volkswagen künftig an einem Strang. Audi und VW werfen alle Markentreue über Bord und springen in das von DaimlerChrysler auf Fahrt gebrachte Bluetec-Boot. Auch bei VW und Audi werden die Dieselmodelle zukünftig Bluetec heißen - mit dem kleinen Zusatz TDI.

In den USA will DaimlerChrysler gewissermaßen ein neues Diesel-Zeitalter einläuten und deshalb auch gleich die Selbstzünder mit dem blumigen Begriff Bluetec aufhübschen.

Das ist auch bitter nötig: Ähnlich wie in Asien hat "Diesel" in Nordamerika ein zweifelhaftes Image. Kraftvoll ja, aber geeignet allenfalls für Trucks und Pick-ups. In den vergangenen Jahren waren Marken wie Audi und Volkswagen mit der Einführung von Dieseltechnologie in den USA denn auch kräftig auf die Nase gefallen. Nun versuchen beide zusammen mit DaimlerChrysler unter dem Namen Bluetec von 2008 an einen Neustart. Zunächst wird Audi den Q7 3.0 TDI Bluetec auf den Markt bringen. Später folgt demzufolge Volkswagen mit "Saubermodellen" von Passat, Jetta und Golf TDI.

Reinigende Kräfte

Unter dem Namen Bluetec werden Dieselmotoren mit einem System zur Abgasnachbehandlung zusammengefasst, das auch die strengsten Emissionsvorschriften des US-amerikanischen Marktes erfüllt. Die eingesetzte Techniken dient dazu, insbesondere Stickoxide (NOx) zu reduzieren - die einzige Abgas-Komponente, die heute bei Dieselmotoren konzeptbedingt noch über dem Wert von Benzinmotoren liegt. Künftig können auch die besonders niedrigen kalifornischen Grenzwerte erfüllt werden.

Je nach Fahrzeugklasse kommen unterschiedliche NOx-Reinigungssysteme zum Einsatz. So wird bei der einen Version ein Oxidations-Katalysator plus Partikelfilter mit einem weiterentwickelten, besonders langlebigen NOx-Speicher-Katalysator kombiniert.

Eine weitere Möglichkeit, Stickoxide zu reduzieren, ist noch wirkungsvoller. Dabei wird beispielsweise AdBlue, ein wasserbasierter Harnstoff-Zusatz, in den Abgasstrom eingespritzt. Dadurch wird Ammoniak freigesetzt, das im nachgeschalteten SCR-Katalysator die Stickoxide fast vollständig zu unschädlichem Stickstoff und Wasser reduziert.

Hi-Tech hinterm Kundenrücken

Die Markteinführung des neuen 320ers hatte DaimlerChrysler denn auch auf den Tag vor kurzem festgelegt, an dem in Amerika der schwefelarme Dieselkraftstoff landesweit eingeführt wurde. Am geeigneten Treibstoff hatte es nämlich bis dato vor allem gehapert.

Das Triebwerk wurde deutlich modifiziert. Der drei Liter große V-6-Commonrail-Diesel leistet statt 224 nur 210 PS, glänzt dafür aber mit 526 Nm Drehmoment, einem angegebenen spartanischen Verbrauch von 6,7 Litern Diesel auf 100 Kilometern und einem Säuseln, das bei den Selbstzündern wohl Maßstäbe setzt. Wer den Mercedes rollen lässt, kann mit einer Tankfüllung mehr als 1200 Kilometer weit fahren. Amerikanisch gerechnet schafft der Bluetec 35 Meilen pro Gallone.

Genau mit diesen Argumenten will man die eingefahrenen US-Kunden ködern. Keine aufgefrischten Diesel-Parolen, sondern ein ökonomisches Paket, das sich in puncto Fahrkomfort vor keinem Benziner verstecken muss. Dass dieses Technikpaket aus Kapselung, Oxidations-Kat, Partikelfilter und SCR-Kat den guten alten Diesel zu einer Hightech-Kreatur werden lässt, sollte die meisten Kunden dabei kaum interessieren.

Mercedes-Benz lässt die blaue Tür für weitere Hersteller offen. In einem ersten Schritt wird die Technik auch den Konzernmarken Jeep und Chrysler zur Verfügung gestellt. Danach folgen Audi und VW. "Jedoch werden auch Partnerschaften und Kooperationen mit weiteren Herstellern nicht ausgeschlossen", sagt Mercedes-Benz-Vorstand Thomas Weber. "Wir wollen die Technik keinesfalls für uns behalten."

Im Gespräch sind unter anderem Honda und Nissan, die sich ebenfalls zur Harnstoff-Einspritzung bekannt haben. In Europa sollen die ersten Bluetec-Modelle im Jahr 2008 auf den Markt kommen.

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