Unterwegs:Wegweisung mit Aerosmith

Der Busfahrer hört's nicht, die Einheimischen genauso wenig - nur die Touristen steigen an der falschen Haltestelle aus.

Von Marco Völklein

Peilt der Mann da vorne, an welcher Stelle der Stadt er sich gerade befindet? Sollte er eigentlich, hofft man hinten im Bus. Schließlich steuert er sein Fahrzeug auf der Linie 54 quer durch München. Und wie man beim gelegentlichen Blick aus dem Fenster feststellen kann, folgt der Fahrer bislang der festgelegten Linienführung: Herkomerplatz, Grillparzerstraße, Ostbahnhof - alles korrekt. Das Problem ist nur: Die Ansagen stimmen nicht mit den Haltestellen überein.

Da flötet die Dame vom Band, dass man in Kürze einen Stopp einlegen wird an der Wehrlestraße. Tatsächlich aber setzt der Fahrer den Blinker rechts, um Fahrgäste am Galileiplatz aufzunehmen. Die Wehrlestraße liegt da schon weit hinter uns. Im Bus stört sich aber niemand daran, dass der Fahrer der Ansagerin deutlich voraus ist. Vermutlich hört eh keiner hin; der Fahrer tut es ja offensichtlich auch nicht. Dabei könnte er mit einem Tastendruck auf dem Bordcomputer das Durcheinander schnell entwirren. Schließlich muss er ohnehin vor jeder Haltestelle den Knopf betätigen, damit die Dame den Spruch "Nächste Haltestelle: Spixstraße" runterspult.

Solange Einheimische und vom harten Alltag gestählte Nahverkehrsprofinutzer an Bord sind, ist das ja auch kein Problem. Man kennt die Strecke, vielleicht auch den verschnarchten Fahrer - was soll's, wenn da die Ansage dem Routenverlauf etwas nachhinkt. Kompliziert wird es allerdings, wenn Fremde zusteigen - so wie ein paar Stationen später die amerikanische Touristengruppe. Die studiert zunächst den Linienplan über der Tür mit einer Hingabe, als wäre dort die Silhouette von Schloss Neuschwanstein abgebildet. Schließlich beschließt sie, am Harras aus- und in die U-Bahn umzusteigen - nicht ohne sich zu fragen: "What, the hell, means Härräs?"

Als dann die Ansage kommt und die Truppe ins Freie drängt, ist es zu spät. Der Busfahrer lädt sie in der Drachenseestraße ab; eine U-Bahn fährt hier weit und breit nicht. "And now?", fragen die Amis hilflos. Ein Passant deutet in die Richtung, aus der der Bus gerade kam. Und zitiert einen Song von Aerosmith: Walk this way!

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