Unterwegs:Sorry für die Kinder

Die Bahn gibt Hinweise für das Verreisen mit Kindern. Schön, denkt man: Endlich mal Tipps, wie man eine defekte Rolltreppe mit Kinderwagen meistert. Doch weit gefehlt.

Von Jochen Temsch

Die Deutsche Bahn kann nicht so gut kommunizieren. Das weiß jeder, der schon einmal auf einen Zug gewartet hat und per Lautsprecher darüber informiert wurde, dass es aufgrund von Störungen im Betriebsablauf zu Störungen des Betriebsablaufs kommt. Aber es geht auch anders. In der Abteilung DB Familie zum Beispiel, die neuerdings einen Newsletter mit Tipps für Reisen mit Kindern verschickt.

Super, denken sich alle abgekämpften Eltern. Endlich verrät uns mal jemand, wie man mit dem Kinderwagen auf den Bahnsteig gelangen kann, obwohl alle Rolltreppen in die falsche Richtung fahren. Vielleicht teilen sie uns auch mit, wie wir das notorisch einzig erhältliche Bordfutter Chips und Königsberger Klopse so ansprechend miteinander kombinieren können, dass es auch eine Zweijährige isst. Ja, vielleicht verraten sie uns sogar das Zauberwort, mit dem wir unsere Mitreisenden dazu bewegen können, ihre Taschen von den Sitzen zu nehmen, wenn wir uns als Familie so im Waggon verteilen müssen, dass wir halbwegs in Rufweite zueinander bleiben. Aber da unterschätzt man die Bahn. Sie setzt in ihren Tipps sogar noch einen drauf in Sachen Nützlichkeit und kümmert sich um Probleme, die so groß sind, dass man sie als Mutter oder Vater bislang noch gar nicht umrissen hat. Nämlich, "wie Eltern die unangenehmsten Fettnäpfchen geschickt umgehen".

Zum Beispiel wenn Kinder plärren: Dann sollen Eltern sich zu anderen Eltern setzen - von denen kriegen sie weniger vorwurfsvolle Blicke. Gegen Wutausbrüche der Kleinen empfehlen die Pädagogen der Bahn Yoga-Übungen. Falls Eltern ihr Kind gar dabei ertappen, "wie es andere Reisende zuquasselt oder anfasst", igitt!, sollen sich die Eltern gefälligst "einfach nett entschuldigen!". Damit das Kind seine Eindrücke von Mitreisenden nicht laut ausspricht, könne es ja zur Ablenkung Filme gucken.

Danke, liebe DB Familie, für diese Hinweise. Endlich wissen wir, wie sehr euch eure Kunden von morgen nerven. Wir versprechen, unsere Blagen zu guten Zugreisenden zu erziehen: zu aufrecht sitzenden, Ohrstöpsel tragenden Laptoptippern, denen ihre Mitmenschen völlig gleichgültig sind. Wenn die Kleinen nicht spuren, lassen wir sie zur Strafe Bahn fahren, einmal quer durch Deutschland.

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