Süddeutsche Zeitung

Unterwegs im Mitsubishi Pajero:Ungehobeltes Arbeitstier

Seit 1982 baut Mitsubishi den Pajero. 2010 wurde der Geländeveteran zuletzt leicht überarbeitet. Das Alter merkt man dem Pajero langsam an. Dennoch gehört er noch lange nicht zum alten Eisen - vor allem im Gelände. Eine Ausfahrt.

Von Sascha Gorhau

Ein Hauch des Mercedes G-Modells weht durch den Mitsubishi Pajero. Seine Kanten, sein Nutzwert, seine Konstanz, sie alle wecken Erinnerungen an den schwäbischen Gelände-Klassiker. Den gibt es auch schon seit mehr als 30 Jahren. Während am G-Modell jedoch optisch praktisch nichts verändert wurde, mutet das Aussehen des Pajero im Jahr 2013 deutlich moderner an. Den Grundcharakter des Wagens allerdings hat Mitsubishi nicht verändert.

Die vierte Generation existiert in ihren Grundzügen bereits seit dem Jahr 2000. Doch im Gegensatz zu den Ur-Pajeros muss sich die aktuelle Baureihe mit zahllosen SUVs messen, die Lifestyle statt urtümliche Geländeeigenschaften in den Vordergrund stellen. Darum verfügt sie über eine Einzelradaufhängung und nicht mehr über den rustikalen Leiterrahmen der Anfangstage.

Dementsprechend gediegen ist das Fahrverhalten des 4,9 Meter langen Geländewagens. Auf Langstrecken ist der Pajero ein komfortabler Gleiter - im Rahmen der bauartbedingten Grenzen seiner Karrosse. Durch die stattliche Höhe von 1,86 Metern ist er ein Brocken und stellt eine wuchtige Stirnfläche in den Wind. Früher oder später werden dann die Luftverwirbelungen deutlich hörbar. Auch die Empfindlichkeit für Seitenwind ist deutlich höher als bei Limousinen.

Eine positive Überraschung ist die Fünfgangautomatik. Die Bauweise mag auf den ersten Blick antiquiert wirken. Zweifellos arbeiten aktuelle Selbstschalter flinker und bieten mehr Schaltstufen. Doch die Performance der Automatik im Pajero ist völlig in Ordnung. Es handelt sich schließlich um einen Gelände-, nicht um einen Sportwagen.

440 Newtonmeter Drehmoment bilden eine solide Basis für die Arbeit des Selbstschalters: Kraft ist praktisch immer im Überfluss vorhanden. Dementsprechend selten besteht für den Schaltautomaten Handlungsbedarf. Dass Hektik nicht die Sache des japanischen Kolosses ist, lassen seine Abmessungen und sein Gewicht erahnen.

Vier Zylinder und 3,2 Liter Hubraum

Das Dieselherz des Pajero ist dafür kräftig genug. Es hat zwar nur vier Brennkammern, die allerdings verfügen über ein Volumen von 3,2 Litern Hubraum. Der Selbstzünder kann seine Herkunft nicht verleugnen. Er läuft rau, ist laut und ungehobelt. Gerade im Anbetracht der Kraft jedoch enttäuschen die Bremsen. 200 PS beschleunigen die Schrankwand auf Rädern auf immerhin knapp 200 km/h. So schnell werden viele Fahrer den Pajero selten bewegen. Zu Recht: Denn erstens knackt dann der Verbrauch fast die 20-Liter-Marke und zweitens sind die Bremsen des Wagens zu unterdimensioniert, um die mehr als 2,2 Tonnen Fahrzeuggewicht angemessen zu entschleunigen.

Im Innenraum bietet der Pajero viel Platz, dank dritter Sitzbank für bis zu sieben Personen. Theoretisch zumindest. Die dünnen und schmalen Sitze in der dritten Reihe eignen sich eher für Kinder und sollten Erwachsenen nur auf Kurzstrecken zugemutet werden. Zudem steht dann nicht das üppige Kofferraumvolumen von 663 bis zu 1789 Litern zur Verfügung. Bis zu 659 Kilogramm dürfen zugeladen werden.

Das Cockpit ist in der gefahrenen Top-Ausstattung namens Instyle aufwändig aufgehübscht mit Ledersitzen, Chromumrandungen und Holzapplikationen. Doch auch die Luxusfeatures können die Gelände-Gene des Pajero nicht verbergen. In der Mittelkonsole befindet sich über dem optionalen Navigationssystem ein Informationsbildschirm in waschechter 80er-Jahre-Optik. Dort ist auch eine Verbrauchsanzeige in Balkenoptik. Am Ende unseres Testzyklus wies sie einen Durchschnittsverbrauch von 11,3 Litern Diesel aus.

Damit wird der Wagen nicht zum Umwelt-Engel, emittiert er doch bereits beim angegebenen Normverbrauch von 8,5 Litern 224 Gramm CO2 pro Kilometer. Doch wen wundert's. Der Pajero ist einerseits ein Arbeitstier, darf bis zu 3,5 Tonnen im Anhängerbetrieb schleppen. Andererseits ist er ein altes Auto, wurde 2010 zuletzt überarbeitet. Das macht sich vor allem im Hinblick auf Sicherheit und Assistenten bemerkbar. Spurassistent oder Abstandstempomat ist auch gegen Aufpreis nicht erhältlich.

Wenn es allerdings ins Gelände geht, dann legt der Pajero erst richtig los. Variable Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse, Geländeuntersetzung oder Differenzialsperre weisen den Mitsubishi als absolut geländetauglich aus. Er bleibt in erster Linie Spezialist. Im automobilen Alltag sind andere sparsamer, komfortabler und wendiger.

Mit der Reife des Alters

Sein Nutzwert als Arbeitstier ist unbestritten. Entspannte Langstrecken sind jedoch auch mit dem Pajero möglich und der Wagen bietet zwar keine aktuellen Hightech-Features, dafür aber solide und gereifte Technik.

Mit 52.290 Euro Grundpreis für das Testfahrzeug in der höchsten Ausstattungslinie muss man das allerdings auch teuer bezahlen. Viele Autokäufer wollen das nicht, auch wenn es den Pajero in der Basisausstattung namens Inform bereits ab 35.990 Euro gibt, als Dreitürer schon ab 31.990 Euro. Auf lediglich 1538 Neuzulassungen kam der japanische Geländewagen im Jahr 2012. Eine große Rolle auf dem deutschen Automobilmarkt spielt er also nicht. Ein gutes Auto ist er trotzdem noch immer.

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