Unterwegs:Hilflose Helfer

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Von wegen freie Bahn für Rettungsfahrzeuge: Es gibt immer wieder Schnarchnasen, die den Einsatzkräften in scheinbarer Ahnungslosigkeit die Passage versperren, sie anderweitig behindern oder sogar anpöbeln und angreifen.

Von  Richard Christian Kähler

Großstadt im Winterdunkel, vor einer schwarz-nasse Straße mit Lichtergefunkel, Schneeregen im Stoßverkehr am Feierabend. Und plötzlich wird irgendwo in der Nähe daraus auch noch ein Feuerabend: Sirenenfetzen, blaue Blitze - die Feuerwehr rückt an! Die vielspurige Kreuzung direkt am Bahnhof ist rappelvoll, trotzdem bekommt der Löschwagen der Feuerwehr erstaunlicherweise einigermaßen schnell freie Bahn durch die zur Seite wogende Blechmasse.

Doch möchte man dessen Fahrer sein? Und auf jeder Kreuzung, die man gegen alle Ampeln und Regeln möglichst flott überqueren muss, auch mit den unvermeidlichen einheimischen Schnarchnasen rechnen, die einem trotz Blaulicht und Sirene in den Weg eiern oder einfach nicht vor dem Kühler verschwinden? Wie oft möchten die Helfer da wohl am liebsten rausspringen und nachhelfen?

Immer mehr Mitbürger scheinen nicht nur aus Schnarchasistan, sondern sogar aus Anarchisien zu stammen. Wo man auf Ordnungskräfte von "oben" eher pfeift, sie ignoriert, ja, in scheinbarer Ahnungslosigkeit den Einsatzkräften die Passage versperrt und anderweitig behindert, bepöbelt und sogar tätlich angreift - während inzwischen andere möglicherweise sterben, weil die Hilfe für sie zu spät kommt.

Gesellschaftliche Übereinkunft in Form gemeinschaftlicher Aktion, das ist das zusehends in Vergessenheit geratende Geheimnis aller funktionierenden Hilfs- und Rettungsberufe: Polizisten, Notärzte, die ehrenamtlichen Helfer vom THW und der freiwilligen Feuerwehren werden spätestens dann hoch geachtet, wenn man sich selbst mal hilflos einer Naturkatastrophe entgegenstemmen muss.

Und während man selbst stets zügig die Rettungsgasse freimacht, verspürt man einerseits Dankbarkeit darüber, in einer Gemeinschaft zu leben, in der im Fall der Fälle die Lebensretter so schnell es geht zur Stelle sind. Und hofft zugleich, dass sich die anderen bei einem eigenen Unfall genauso solidarisch verhalten und den Helfern nicht im Weg stehen werden.

© SZ vom 03.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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