Süddeutsche Zeitung

Unterwegs:Einfach mal losgraben

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Die öffentlichen Verkehrsmittel sind in den USA meistens nicht der Hit. Jetzt hat Elon Musk eine typisch amerikanische Lösung vorgeschlagen.

Von Joachim Becker

Staunend nehmen wir die jüngsten Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrslage zur Kenntnis. Aus Kalifornien, dem Land, wo fast alles digital ist. Nur der Stau ist so altmodisch real wie bei uns zu Hause. Jetzt hat Elon Musk (wer sonst?) die Lösung für Amerikas zersiedelte Endlosstädte gefunden. Im Dezember 2016 twitterte er aus Los Angeles: "Verkehr macht mich wahnsinnig. Ich werde eine Tunnelbohrmaschine bauen und einfach losgraben."

Diese pragmatische, zupackende Art verbindet ihn mit dem neuen Präsidenten, auch wenn der sich mehr für den Hochbau an der mexikanischen Grenze interessiert. Wie auch immer: Dem Europäer fällt auf, dass Musks U-Bahn eine typische US-Vision ist. Das eigene schützende Auto bloß nicht verlassen, um mit anderen in einem Abteil zu sitzen. Eher wird das ganze Auto vom Erdboden verschluckt, damit es mit 200 km/h durch den Untergrund rauschen kann.

Wer sagt denn, dass individuelle Mobilität keine Zukunft hat? Airbus und Uber haben kürzlich vorgeschlagen, mit dem Auto abzuheben, um dem Stau zu entgehen. Auch das ist ein hübscher Traum für Milliardäre. Wobei jeder von denen eigentlich schon vier Hubschrauber haben müsste. Aber wirklich gelöst haben wir das Stauproblem damit noch nicht. Das Autoverladen kennen wir dagegen vom Alpen-Transit in den Süden. Wobei die Tunnel durch den Gotthard und demnächst durch den Brenner nicht ganz billig sind. Vielleicht sollte man Musk mal die Zahlen twittern.

Am Ende bleibt wohl wieder alles an der guten alten Straße hängen. Wenn Menschen partout ihre Privatsphäre schützen und nicht zusammen in einem Verkehrsmittel sitzen wollen, dann müssen sie dasselbe Auto eben nacheinander benutzen. Ein Schwarm von ständig zirkulierenden Robotertaxis könnte die Antwort sein. Merkwürdig nur, dass Musk kurz vor der Realisierung des autonomen Fahrens in den Untergrund gehen will. Seine erste Tunnelbohrmaschine ist schon unter dem Parkplatz seines Raumfahrtablegers Space-X unterwegs. Warten wir mal ab, wie weit die kommt. Bis die ersten fahrerlosen Autos anrollen.

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Quelle:
SZ vom 13.05.2017
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