Unterm Hammer: der Jaguar der Queen:Souveräne Beförderung

Kaum bewegt und stets sorgfältig gepflegt: Der Jaguar, den die britische Königin Elisabeth selbst gefahren hat, wird versteigert - Handtaschenhalter und Hundehaare inbegriffen.

Wolfgang Koydl

Meist waren es amerikanische Präsidenten, die öffentlich bewegte Klage führten über diese Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit. Aber auch von anderen Spitzenpolitikern ist bekannt, wie sehr sie nach ihrer Wahl in die Führungsposition etwas vermissten, was für Millionen ihrer Wähler eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist: selbst ein Auto zu chauffieren, anstatt zur Untätigkeit verdammt hinten im Fonds zu sitzen.

Eine weltberühmte Spitzenkraft freilich kennt dieses Problem nicht: Die englische Königin Elisabeth hat zwar offiziell keinen Führerschein, darf aber als einzige Britin auch ohne fahren. Und sie hat es sich noch nie nehmen lassen, sich hinters Steuer zu setzen und Gas zu geben - bislang absolut unfallfrei versteht sich. Die Queen liebt das Autofahren ebenso wie die Autos selbst. Und seitdem sie als Armeehelferin im Zweiten Weltkrieg eine entsprechende Ausbildung erhalten hat, kann sie sogar kleinere Reparaturen an älteren Modellen selbst ausführen.

Dies freilich wird bei jener Limousine nicht nötig sein, die soeben im Internet (hmthequeensdaimler.com) versteigert wird: Denn der dunkelgrüne Jaguar Daimler Majestic V8 war von 2001 bis 2004 das persönliche Fahrzeug der Queen - kaum bewegt und stets sorgfältig gepflegt. Es ist das erste Mal, dass ein Privatauto der Königin auf dem Markt ist. Die Monarchin steuerte den Acht-Zylinder durch den Park von Schloss Windsor, inkognito durch London, und sonntags auch schon mal zum Kirchbesuch in Schloss Sandringham in Norfolk.

Nur 14.000 Meilen auf dem Tacho

Im schottischen Balmoral kurvt Elisabeth allerdings lieber im Land Rover Discovery durchs Gelände. Ihr Ehemann Philip dagegen bevorzugt es bei anonymen Privatfahrten mehrere Nummern kleiner: Er lässt sich in einem mit Flüssiggas betriebenen Londoner Taxi chauffieren.

Bei offiziellen Anlässen kann das Ehepaar auf zwei Bentleys, drei Rolls-Royces und drei Daimler zugreifen. Mit deutschen Daimlers hat die 1896 im britischen Coventry gegründete Firma nur insofern zu tun, als sie seinerzeit von Gottlieb Daimler die Lizenz zur Verwendung des Namens erwarb. Später wurde Daimler von Jaguar erworben.

Die sparsame Nutzung des nun zum Verkauf stehenden königlichen Daimler-Jaguar erklärt, weshalb der Wagen nur 14.000 Meilen auf dem Tachometer hat. Auch sonst dürfte er gut in Schuss sein: Das Auto steht seit fünf Jahren in einer Garage der Jaguar-Werke und wurde regelmäßig gewartet. Es war ausgemustert worden, nachdem sich die Queen einen neuen Wagen gekauft hatte. Nun hat ihn der Memorabilienhändler Peter Ratcliffe aus Ascot erworben, um ihn weiter zu verkaufen.

Er preist den Jaguar als "wahrlich einzigartig" an, da es sich um eine Sonderanfertigung für die Königin handelt. So brachte das Werk Abdeckungen für die geräumigen Taschen in den Türen im Fonds an. Damit sollte verhindert werden, dass die Corgis von den Kalbsledersitzen rutschen und in diesen Taschen verschwinden würden. Hundehaare, so berichtete übrigens der Independent, fänden sich noch immer in den Lammwollteppichen.

Ein bewegliches Tablett für die Handtasche der Queen

Eine weitere Besonderheit ist ein Handtaschenhalter in der Armlehne. "Die Queen wusste nicht, wohin sie ihre Handtasche stellen sollte, wenn ihr Leibwächter neben ihr saß", erklärte Ratcliffe die Sonderanfertigung. "Jaguar ersetzte die normale Lehne durch eine Art von beweglichem Tablett, auf dem sie ihre Tasche so abstellen konnte, dass sie nicht umkippte", erklärte er.

Für Not- und Krisenfälle gibt es zudem integriertes Blaulicht und eine Telefonverbindung zum Amt des Premierministers und dem Innenministerium. Letztere wird einem neuen Besitzer allerdings nicht zur Verfügung stehen. Dass die Queen überall die Kontrolle bewahren wollte, zeigt ein anderes Detail: Alle Wagenfenster lassen sich von jedem Platz aus öffnen und schließen, und nicht nur vom Fahrersitz.

Über den von ihm gezahlten Kaufpreis schweigt sich Ratcliffe aus. Neu kostete der Wagen damals durchaus stattliche 65.000 Pfund. "Es gibt nichts und es wird nie etwas geben, das man kaufen und von dem man sagen kann: Dies war das persönliche Auto der Königin von England", sagte er. Eindeutig verbürgt er sich für die Authentizität des Fahrzeuges. Er will nicht nur einmal selbst die Königin am Steuer der Limousine gesehen haben; der neue Eigner erhält Fotos, die Elisabeth am Steuer des Wagens zeigen. Ganz zu schweigen, natürlich, von den Original-Corgihaaren im Teppich.

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