Süddeutsche Zeitung

Automobilclub in der Kritik:Seehofer fordert Neustart beim ADAC

Gefälschte Abstimmungen, Vorstandsflüge mit dem Rettungshubschrauber: Während ADAC-Präsident Meyer sich mit harten Konsequenzen zurückhält, kommt aus der Politik scharfe Kritik. CSU-Chef Seehofer fordert ein neues Zukunftskonzept für den Automobilclub.

Der politische Druck auf den ADAC wächst: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) fordert einen Neustart bei dem Automobilclub. Auf die Frage, was das Unternehmen nun brauche, sagte er der Süddeutschen Zeitung: "Reset, unabhängige Kontrolle und ein neues Zukunftskonzept." Ob dies mit dem gegenwärtigen Personal an der Spitze möglich sei, wollte er nicht bewerten. "Das ist nicht meine Sache", sagte er.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte Konsequenzen aus dem Autopreis-Skandal. "Der ADAC hat sich mit der Affäre selbst schwer geschadet" sagte Schäuble der Bild am Sonntag. "Verantwortung, Kontrolle und Transparenz müssen jetzt die Stichworte sein."

Neben der Forderung nach Konsequenzen mahnte CSU-Chef Seehofer auch zu mehr Bescheidenheit. Dem Magazin Focus sagte er, beim ADAC habe sich "offenbar an einigen Stellen eine Tendenz zur Abgehobenheit und vielleicht sogar zur Selbstüberhöhung eingeschlichen". Seehofer warnte davor, dass "Macht, die nicht wirksam kontrolliert wird, früher oder später aus den Fugen gerät".

Der ADAC jedoch will bisher von einer Neuordnung des Unternehmens nichts wissen. Die föderale Struktur des ADAC mit seinen Regionalclubs werde auf jeden Fall beibehalten, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer der Automobilwoche. Meyer, der sich so lange wie möglich aus dem Skandal herausgehalten hatte, kündigte dennoch erste Maßnahmen an, um das beschädigte Image des ADAC aufzupolieren.

Mehr Kernkompetenzen, mehr Mitgliederbefragungen

Der ADAC wolle sich in Zukunft wieder mehr seinen Kernkompetenzen zuwenden: "Was sind unsere Stärken? Die wollen wir sauber und ordentlich für das Mitglied einsetzen. Sperenzchen lassen wir jetzt grundsätzlich bleiben", sagte Präsident Meyer. Künftig wolle der Club bei jedem Test und jedem Index prüfen, ob dieser zum Markenkern gehöre.

Auch bei politischen Diskussionen wolle man künftig vorsichtiger agieren, kündigte Meyer an. Wenn der ADAC künftig zu politischen Fragen Position beziehe, sollten zunächst die Mitglieder durch ein anerkanntes Institut befragt werden. "Das Ergebnis dieser Umfrage, zertifiziert und bestätigt - das ist dann die Position des ADAC, weil sie eine Mehrheitsposition ist", betonte Meyer.

An Rücktritt denkt der ADAC-Präsident nach eigenen Worten aber nicht, der Bild am Sonntag sagte er: "Ich stehe zu meiner Verantwortung und werde die Vorkommnisse umfassend aufklären, damit das Vertrauen in den ADAC schnellstmöglich wieder hergestellt werden kann."

ADAC im Fokus der Staatsanwaltschaft

Das Münchner Amtsgericht prüft derzeit die Gemeinnützigkeit des mit 19 Millionen Mitgliedern größten deutschen Vereins. Nach Focus-Informationen sieht die zuständige Staatsanwältin in den Fälschungen des inzwischen zurückgetretenen Kommunikationschefs Michael Ramstetter bislang keine strafbare Handlung. Ramstetter hatte eingeräumt, dass er seit Jahren bei der Leserwahl des beliebtesten Autos der Deutschen, des "Gelben Engels", die Zahlen der abgegebenen Stimmen gefälscht hatte.

Auch zweifelhafte Hubschrauberflüge des ADAC-Präsidiums werden jetzt von der Münchner Staatsanwaltschaft geprüft. Ein Sprecher der Behörde sagte dem Focus, es werde derzeit untersucht, ob es sich bei diesen Flügen um eine Form der Vorteilsannahme gehandelt habe. Allerdings sei noch nicht entschieden, ob die Prüfung in ein wirkliches Ermittlungsverfahren münde. Der ADAC hatte bestätigt, dass mehrere Mitglieder des Präsidiums Rettungshubschrauber für Dienstflüge benutzt hatten.

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