Süddeutsche Zeitung

Förderung für E-Autos:Für wen sich der Kauf eines E-Autos jetzt noch lohnt

Die Förderung in Höhe von bis zu 9000 Euro wird deutlich zusammengestrichen, während die Autopreise rasant steigen. Werden Elektroautos für viele Menschen unerschwinglich?

Von Joachim Becker

Klimaschutz? Nein, danke! 44 Prozent der befragten Deutschen gehen laut der Continental-Mobilitätsstudie 2022 zwar davon aus, dass die Zukunft der Mobilität elektrisch sein wird. Doch nicht einmal jeder vierte Befragte (23 Prozent) ist ohne staatliche Förderung am Kauf eines Elektroautos interessiert. Viele halten die Stromer für zu teuer, sie können oder wollen für ihre Mobilität nicht mehr bezahlen: "Die Hälfte der Befragten ist nicht bereit, für ein umweltfreundliches Fahrzeug mehr auszugeben als für ein herkömmliches Auto", heißt es in der Studie.

Kippt jetzt die Verkehrswende, wenn die Zuschüsse gekappt werden? Noch ist der Durchbruch in den Massenmarkt nicht geschafft. Audi, BMW und Mercedes verkaufen zwar mehr als jedes zweite Auto mit einem alternativen Antrieb, doch bei den Volumenmarken sieht es wesentlich bescheidener aus. Im ersten Halbjahr 2022 hatten insgesamt 25 Prozent aller neu zugelassenen Autos in Deutschland einen Ladestecker, davon waren gut die Hälfte reine Elektrofahrzeuge.

Angesichts der hohen Preise für Strom, Benzin und Dieselkraftstoff hat die umweltfreundliche Mobilität momentan für eine knappe Mehrheit der befragten Deutschen keine Priorität. Viele haben schlicht Angst, dass sie sich bald keinen eigenen Wagen mehr leisten können. Was man jetzt tun kann - und über die Förderung wissen muss.

Gibt es 2022 noch den vollen Umweltbonus?

Jetzt noch schnell die volle Förderung von bis zu 9000 Euro (inklusive Herstellerbonus) sichern, bevor sie gekappt wird? Das wird schwierig, denn die Kaufprämie lässt sich erst beantragen, wenn das E-Mobil zugelassen wird. Die Lieferzeiten für individuell konfigurierte Neuwagen liegen derzeit bei mehr als sechs Monaten, direkt verfügbar sind nur noch wenige Lager- oder Vorführwagen. Bislang werden auch Plug-in-Hybride mit bis zu 6750 Euro gefördert, wenn diese höchstens 50 Gramm CO₂ pro Kilometer emittieren oder eine rein elektrische Mindestreichweite von 60 Kilometern haben. Dieses Privileg endet mit diesem Jahr.

Wie hoch ist Förderung vom kommenden Jahr an?

"Die Verbraucherinnen und Verbraucher werden im Stich gelassen und der Hochlauf der E-Mobilität ausgebremst", warnt Hildegard Müller, Präsidentin des Automobilverbands VDA. Vom 1. Januar 2023 an wird der Bundesanteil der Förderung für batterieelektrische Fahrzeuge und Brennstoffzellenfahrzeuge von 6000 auf 4500 Euro gekürzt (bis 40 000 Euro Netto-Listenpreis). Bei Fahrzeugen bis 65 000 Euro Netto-Listenpreis sinkt der Bundesanteil auf 3000 Euro.

Da die Autohersteller ihren Bonus in Höhe von 50 Prozent der Fördersumme weiterhin zahlen, gibt es insgesamt 6750 beziehungsweise 4500 Euro Zuschuss beim Kauf eines Neuwagens. Der Bonus für Plug-in-Hybride entfällt von 2023 an vollständig. Anfang 2024 gehen dann E-Mobile mit einem Netto-Listenpreis von mehr als 40 000 Euro leer aus - und alle Brennstoffzellenautos, denn die verfügbaren Modelle sind allesamt teurer.

Endet die Förderung vor dem Jahr 2024?

Lieber jetzt den verringerten Umweltbonus mitnehmen, statt am Ende vor leeren Fördertöpfen zu stehen, denken momentan viele Autointeressenten. Denn das neue Programm ist befristet und gedeckelt. Für das Jahr 2023 stehen insgesamt 2,1 Milliarden Euro zur Verfügung, für 2024 sind es noch 1,3 Milliarden Euro. Dann endet der warme Geldregen: "Angesichts der Milliardengewinne der Automobilkonzerne ist eine solche Subventionierung nicht mehr erforderlich", so Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP).

Wie reagieren die Verbraucher?

Unter Autokäufern herrscht nach den jüngsten Ankündigungen erneut Schnäppchen-Alarm. Das Interesse an E-Autos sei im Wochenvergleich um 100 Prozent gestiegen, meldet das Neuwagen-Portal Carwow: Die Unsicherheiten bei Käuferinnen und Käufern seien vorerst geklärt. Noch im April hatte eine Umfrage gezeigt, dass ein Drittel der Befragten wegen der unklaren Förderprämie mit dem Kauf eines E-Autos warten wollte.

Die neue Lust am E-Auto ändert aber nichts an den steigenden Preisen, im Gegenteil: Die Nachfrage übertrifft das Angebot, und die Preise für elektrifizierte Neu- und Gebrauchtwagen klettern rasant. Viele Autohändler sparen sich bereits die Preisschilder an ihren Ausstellungsfahrzeugen, weil diese ständig nach oben korrigiert werden müssten. Das günstigste Tesla Model 3 kostet mittlerweile ziemlich genau 50 000 Euro: eine Steigerung um 7000 Euro im Vergleich zu dem Preis vom April dieses Jahres. Gleichzeitig geben die Hersteller aufgrund der hohen Nachfrage kaum noch Rabatte. Die Krise ist für sie ein gutes Geschäft.

Warum zögern viele Autofahrer umzusteigen?

Die angekündigte Förderwende droht einen erheblichen Teil der Bevölkerung auszugrenzen. Im vergangenen Jahr gaben 63 Prozent der Befragten in einer Allensbach-Umfrage an, dass die Kosten für die Anschaffung eines E-Autos zu hoch seien. Aktuelle Erhebungen kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Das KfW-Energiewendebarometer 2021 warnte bereits vor "drohenden Investitionslücken bei sozial Schwächeren". Anders ausgedrückt: Einkommensschwächere Haushalte werden für ihr Zögern beim Umstieg auf die E-Mobilität bestraft.

Man muss kein Umwelt-Ignorant oder notorischer Batterie-Verweigerer sein, um die Hürden bei der E-Mobilität zu sehen: Der Ausbau der Ladeinfrastruktur hinkt nicht nur auf dem Land, sondern gerade in den Städten hinterher. Wer keinen Privatparkplatz mit Ladeanschluss hat, muss sich vielerorts mühsam eine freie öffentliche Säule suchen.

Für viele Kunden ist die lokal emissionsfreie Technik mangels Erfahrung noch fremd. Außerdem amortisiert sich der höhere Kaufpreis womöglich erst nach mehreren Jahren durch die niedrigeren Betriebskosten. Das betrifft vor allem die Kunden von Kleinwagen, die weniger als 10 000 Kilometer pro Jahr fahren. Aufgrund von Bestellstopps waren kompakte Stromer wie der Renault Zoe oder VW E-up in den vergangenen Monaten kaum lieferbar, die Hersteller verbauten ihre knappen Computer-Chips lieber in hochpreisige Modelle.

Was tut sich bei Firmenwagen?

Neue Autos mit Ladestecker haben mittlerweile einen Durchschnittspreis von mehr als 50 000 Euro (vor Förderung) erreicht. Dafür gibt es reichlich Antriebsleistung, Riesenakkus und immer häufiger die Möglichkeit zum Superschnellladen. Angeschafft werden die Batterieautos und Plug-in-Hybride vornehmlich als Firmenwagen. Vielfahrer werden aber selbst mit einer elektrischen Reichweite von 500 Kilometern nicht unbedingt glücklich.

Wer zu Hause und/oder im Büro laden kann, ist auf Pendelstrecken auch mit einem elektrischen Alltagsradius von 60 bis 80 Kilometern meist gut versorgt. Und er kann sich mit Plug-in-Hybriden ein Batteriegewicht von 500 Kilogramm oder mehr sparen, das nicht zu jedem Automodell passt. Der Umweltbonus für die Teilzeitstromer wird zwar gestrichen, wichtiger als die Kaufförderung ist in diesem Fall aber das Dienstwagenprivileg. Gerade bei relativ teuren Firmenwagen ist die halbierte Steuer für den privat genutzten Anteil äußerst attraktiv - und dieser Vorteil bleibt auch in den kommenden Jahren erhalten.

Geht die Zeit der Billigmobilität zu Ende?

"Wirklich billig war Autofahren nie. Viele unterschätzen die Kosten", betont Stefan Bajohr, Vorsitzender des ökologischen Verkehrsklubs VCD. Wenn am 1. September die Steuersenkung bei Kraftstoffen endet, werden Literpreise von mehr als zwei Euro wieder zur Normalität - vor zwei Jahren waren die Dieselpreise nur etwa halb so hoch. Ein weiterer Kostentreiber ist die neue CO₂-Bepreisung, die beim Diesel mit etwa 9,5 Cent pro Liter zu Buche schlägt, bei Benzin sind es 8,4 Cent. Bis zum Jahr 2025 soll der Preis pro Tonne CO₂ von heute 30 Euro schrittweise auf bis zu 55 Euro steigen. Das wird den Kraftstoff weiter verteuern.

Nicht nur Elektrofahrzeuge haben ein Kostenthema, auch schärfere Abgasvorschriften für Verbrenner schlagen auf den Preis. Die kommende Abgasnorm Euro 7 wird zumindest bei Kleinwagen zum Problem: Für die Hersteller lohnt sich die aufwändige Homologation der Abgastechnik bei den Zulassungsbehörden dann nicht mehr. Weit vor dem geplanten Verbrenner-Aus in Europa (2035) werden die günstigen Einstiegsmodelle daher auslaufen - die derzeit ohnehin lange Lieferzeiten haben.

Wie geht es weiter?

Die Konsequenz der hohen Neuwagenpreise ist, dass sich immer mehr Kunden auf dem Gebrauchtwagenmarkt umschauen. Doch die Durchschnittspreise für Fahrzeuge aus zweiter und dritter Hand kennen ebenfalls nur eine Richtung: nach oben. Nach den jüngsten Preissteigerungen dürften sie mittlerweile bei mehr als 25 000 Euro liegen.

Der Volkswagen-Konzern will 2025 mit neuen elektrischen Einstiegsmodellen von Seat, Škoda und VW genau diesen Preispunkt treffen. Entwickelt werden die Fahrzeuge in Spanien, der Sportableger Cupra hat bereits einen Ausblick auf die dynamischen City-Flitzer gegeben. Ob die Einheitszellen aus den neuen Batteriefabriken des Konzerns wirklich günstig genug sein werden, bleibt angesichts steigender Rohstoffpreise jedoch abzuwarten.

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