Umgang mit Verkehrsdaten:Die Politik hat Angst, die Informationshoheit aufzugeben

Andere Länder sind da teilweise schon weiter. In New York stehen zum Beispiel aktuelle Informationen zu Autounfällen im Stadtgebiet zur Verfügung. Diese können in Wegbeschreibungs-Algorithmen einfließen und Verkehrsteilnehmer bei ihrer Routenplanung um Unfallschwerpunkte herumführen. Die Unfalldaten sind außerdem eine gute Informationsquelle für zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich im Bereich Verkehrssicherheit engagieren. So können Missstände aufgezeigt und Druck auf die Politik ausgeübt werden.

Richtig spannend wird es oft erst, wenn Daten aus unterschiedlichen Bereichen kombiniert werden. Wie beim digitalen Nahverkehrsplanungstool "remix", das Behörden dabei hilft, statistische Daten wie Einzugsgebiete und Bevölkerungsdichte in die Planung von neuen Strecken und Stationen einzubeziehen und damit besser, effizienter und nachvollziehbarer zu planen.

Info

Julia Kloiber ist Mitgründerin der Programme Code for Germany und Prototype Fund, die Technologie für die Gesellschaft fördern. Sie berät Politik und Unternehmen bei der Umsetzung von Open-Data- und Civic-Tech-Projekten.

Warum uns viele öffentliche Daten trotz der guten Argumente noch nicht flächendeckend zur Verfügung stehen, hat mehrere Ursachen. Die erste und grundlegendste: mangelnder politischer Wille. Politik und Verwaltung haben das Potenzial offener Daten zu lang nicht erkannt. Sie hatten Angst, die Informationshoheit aufzugeben und die Kontrolle über die Daten zu verlieren. Dass nützliche Innovationen aus den Zahlenbergen entstehen können, die Wirtschaft und Gesellschaft zugutekommen, erkennt man erst langsam.

Es braucht genügend Leute und Budget

Um nachhaltig und flächendeckend etwas zu bewegen und viele Menschen davon profitieren zu lassen, braucht es eine gesetzliche Grundlage. Wie ein Transparenzgesetz nach dem Vorbild von Hamburg, dem deutschen Vorreiter in Sachen offene Verwaltungsdaten. Dort gilt: Alles, was nicht ausdrücklich als geheim gekennzeichnet ist oder dem Datenschutz unterliegt, muss der Allgemeinheit zur Verfügung stehen.

Auf Bundesebene wurde im Frühjahr ein Open-Data-Gesetz verabschiedet, und alle Bundesländer haben sich verpflichtet, eigene Gesetze zu dem Thema zu erlassen. Wichtig für eine effektive Umsetzung werden die personellen und finanziellen Ressourcen sein - denn nur wenn einer Verwaltung genügend Leute und Budget zur Verfügung stehen, kann sie umfassend und effizient arbeiten. Datenstrategien sollten zudem ein zentraler Bestandteil der so viel beschworenen Digitalisierung sein, gerade im Bereich Mobilität. Um Neues zuzulassen, muss man sich öffnen. Sonst bleibt die Innovationsbremse angezogen und Vordenker wie Jonas Witt kommen genauso wenig von der Stelle wie Menschen mit Kinderwagen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: