Überarbeiteter Opel Insignia:Vorsprung durch Tugend

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Der neue Opel Insignia (Foto: Axel Wierdemann; Opel)

Neue Antriebe, neue Karosserieformen und ein deutlich verbessertes Infotainment-System: Opel hat den Insignia gründlich überarbeitet. Doch trotz aller technischen Neuerungen überzeugen seine klassischen Opel-Tugenden am meisten. Eine erste Ausfahrt.

Von Sascha Gorhau, Mainz

Avantgardistisch und todschick, das sind nicht gerade Attribute, die man intuitiv mit der Marke Opel verbindet. Bodenständig und verlässlich sind schon eher Eigenschaften, die ein Opel traditionell erfüllen kann und soll. Erfrischend ehrlich ist es darum, wenn die Offiziellen von Opel nicht versuchen, den gerade überarbeiteten Insignia als direkten Premium- Konkurrenten zu Audi A4, BMW Dreier und Mercedes C-Klasse zu positionieren. Der Insignia sei dazu vielmehr eine "Design-Alternative", wie es Alexandra Böhm aus der Opel-Marketingabteilung formuliert.

Im Hinblick auf das Aussehen hatte der Insignia bei seinem Erscheinen 2008 dick aufgetragen. Das Heck des Wagens beispielsweise wirkte zu breit, zu massiv. Daran hat Opel im Grunde nicht viel verändert, denn der Insignia wurde lediglich überarbeitet, ein neues Auto ist er nicht. Doch schon kleine Maßnahmen lassen den Wagen nun optisch etwas zurückhaltender und damit auch souveräner erscheinen. So wurde die Chromspange im Heck einfach niedriger positioniert und reicht weiter in die Lampen hinein. Die hintere Ansicht wirkt nun entspannter und aufgeräumter.

Neben den bekannten Karosserieformen - Kombi, Fließheck und Limousine - baut Opel den überarbeiteten Insignia nun auch in einer pseudo-geländegängigen Variante namens Country Tourer. Dabei handelt es sich um einen höhergelegten Kombi mit Allradantrieb und Plastikbeplankungen, die Erinnerungen an Offroad-Fahrzeuge wecken sollen. Einen Geländewagen macht die Retuschen aus dem Insignia damit freilich nicht. Er soll eher Kunden abgreifen, die eigentlich mit einem SUV liebäugeln. Fraglich bleibt dabei, wieso die sich nicht gleich ein solches kaufen und stattdessen zum Insignia greifen sollten.

Der Opel Insignia Country Tourer (Foto: Axel Wierdemann; Opel)

Warum nicht gleich ein SUV?

Zumal SUVs meist wegen der hohen Sitzposition und der damit verbundenen besseren Übersicht und vor allem des üppigen Platzangebots im Innenraum gekauft werden. Beim Insignia hingegen sitzen die Insassen tief, fast schon sportlich. Wie auch der Vorgänger überrascht der Mittelklassewagen von Opel den Betrachter mit dem knappen Raumangebot. So wuchtig er von außen aussieht, so gedrängt sitzen die Insassen drinnen. Aus so viel Fläche schaffen andere Fahrzeuge der Klasse wie beispielsweise der VW Passat ein deutlich großzügigeres Raumgefühl. Ein Tipp für Menschen mit gesteigerten Ansprüchen an Stauraum ist die Fließheckvariante, die im aktuellen Limousinenfieber ein wenig altbacken anmutet. Sie ist leicht zu beladen und bietet unter der schrägen Heckklappe stattliche 530 Liter Stauvolumen, nur zehn Liter weniger als der Kombi.

Am anderen Ende des Innenraums haben die Opel-Ingenieure das Interieur des Wagens deutlich verbessert, vor allem das Cockpit. Die Anzeigen des Tachometers sind nun zur Hälfte digital. Nur Drehzahlmesser und Temperatur-, beziehungsweise Tankanzeige sind noch analog. Die Geschwindigkeit zeigt hingegen ein zentrales Display an, auf Wunsch nur in Form von Ziffern oder in der klassischen Rundoptik. Auch andere Informationen, wie beispielsweise die Einstellung des Abstandstempomaten, sind dort abgebildet. Das Lenkrad liegt ähnlich gut in der Hand wie beim Vorgänger, hat allerdings neue Knöpfe bekommen. Die lassen sich gut bedienen und sind logisch gegliedert - Sicherheitseinstellungen links, Infotainmentfunktionen rechts -, erschlagen den Fahrer dennoch mit ihrer schieren Masse: 17 Knöpfe mit unterschiedlichen Belegungen muss der Fahrer bedienen. Ärgerlich und gefährlich ist außerdem, dass die Verstellmöglichkeiten des Lenkrads zu gering sind und schon mittelgroße Fahrer mit den Beinen ans Volant stoßen.

Gut gelungen ist hingegen die neue Gestaltung der Mittelkonsole. Die war noch beim Vorgänger viel zu überfrachtet mit Schaltern und Knöpfen und wirkt nun deutlich aufgeräumter und klarer. Zentrales Bedienelement ist ein Display mit einer Größe von bis zu acht Zoll. Wisch- und Tippbewegungen der Finger steuern den Bildschirm nach dem Vorbild aktueller Tablets oder Smartphones. Doch das Display spricht nur mit leichter Verzögerung auf Befehle an. Einen besseren Eindruck hinterlässt da das Touchpad rechts neben dem Fahrersitz, das bequemer zu erreichen ist und zudem ein klares haptisches Feedback bei der Steuerung gibt. Die Darstellung auf dem Bildschirm wirkt dennoch ein wenig bieder und ist weniger ansprechend als vergleichbare Produkte anderer deutscher Autobauer.

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Verbindung zum Internet bekommt der Insignia mittels eines Smartphones. So kann der Fahrer Funktionen wie Webradio nutzen. Das ist unterhaltsam und nützlich, gerät aber an seine Grenzen, wenn beispielsweise in abgelegenen Gegenden der Empfang schlecht oder nicht vorhanden ist. Und auch ein Internettarif mit Flatrate hat eine Obergrenze. Ist die nach datenintensiven Streaminganwendungen aufgebraucht, ist an digitalen Musikgenuss nicht mehr zu denken.

Im Fahrbetrieb macht der Mittelklassewagen dafür viel Spaß. Opel hat das Fahrwerk umfangreich überarbeitet, vor allem Dämpfung und Lenkung. Das Ergebnis ist ein Auto mit ausreichendem Komfort und einem insgesamt sportlich-straffen Charakter. Passend dazu ist trotz der guten Dämmung stets ein kerniges Motorengeräusch im Innenraum präsent. Wer die Fenster öffnet, vernimmt zudem deutlich das Pfeifen des Turboladers. Das passt zum Charakter des Wagens, macht ihn aber in Kombination mit dem gedrungenen Raumgefühl nicht zu einem überaus komfortablen Reisegefährt.

Hoher Verbrauch

Dem steht auch der relativ hohe Durst des gefahrenen Testwagens im Weg. Der 170-PS-Benziner mit Direkteinspritzung konsumierte im Schnitt 9,3 Liter Sprit. Das ist ziemlich viel für einen lediglich 1,6-Liter-großen Vierzylinder, der zudem laut Datenblatt nur 5,9 Liter auf 100 Kilometer verbrennen soll. Auch die verbaute Start-Stopp-Automatik konnte daran nichts ändern. Das Sechsganggetriebe passt mit kurzen und präzisen Schaltwegen gut zum Wagen, die etwas schaltfaule Automatik mit ebenso vielen Fahrstufen eher weniger - vor allem in Anbetracht der deutlich souveräneren und moderneren Selbstschalter der Konkurrenz, beispielsweise in einem VW Passat.

Innenraum des neuen Opel Insignia (Foto: Opel)

65 Prozent der Insignia-Kunden entscheiden sich allerdings ohnehin für einen Dieselmotor. Das Zweiliter-Aggregat leistet zwischen 120 und 195 PS. Mit dem kleinsten Diesel unter der Haube verspricht Opel einen Verbrauch von 3,7 Litern, was ein Bestwert in der Mittelklasse wäre. Die Benziner sollen zwischen 5,2 (1,4 Liter Hubraum, 140 PS) und 10,7 Litern (2,8 Liter Hubraum, 325 PS) verbrennen. Basismodell ist der kleinste Benziner mit einem Grundpreis von 24.325 Euro. Die Serienausstattung ist dabei mit Details wie Geschwindigkeitsregelung, Klimaanlage oder Traktionskontrolle in Ordnung, aber nicht üppig. Ausgerechnet die wichtigen neuen Sicherheitssysteme wie zum Beispiel die radar- und kamerabasierten Assistenten sind aufpreispflichtig. Und das serienmäßige Display mit einer Größe von lediglich 4,2 Zoll macht wenig Spaß.

Günstigerer Einstiegspreis

Reifer und besser ist der überarbeitete Insignia ingesamt geworden. Seine Rolle als Aushängeschild der Marke spielt er gut und macht Opel-typisch einen soliden Eindruck. Doch gerade die sinnvollen neuen Systeme kosten noch immer Aufpreis und die Infotainmenteinheit sieht zwar besser aus als der altbackene Vorgänger, hat allerdings deutliche Schwächen.

Dabei will sich Opel nach eigenem Bekunden als "Automarke der Konnektivität" etablieren. Bei einem Corsa oder Adam mit entsprechend junger Zielgruppe mag das wichtig sein, beim Insingia ist es ein netter Bonus. Aber als Imageträger von Opel muss der Wagen solche Spielereien bieten. Eine App beispielsweise mimt die digitale Betriebsanleitung und verrät die Funktion des jeweiligen Bauteils, wenn man ein Smartphone davor hält. Das ist schön und klingt futuristisch. Über den Erfolg des Fahrzeugs wird es allerdings nicht entscheiden. Dafür wird eher die Kernkompetenz von Opel relevant sein: leistbare Fahrzeuge, anständig verarbeitet und zuverlässig. Der überarbeitete Insignia erweckt den Eindruck, dass er das bieten kann - Konnektivität hin oder her.

Anmerkung: Die Reisekosten zur Präsentation des Opel Insignia wurden teilweise vom Hersteller übernommen.

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