TV im Auto:Verbotene Unterhaltung

Fernsehempfang im Auto wird immer besser, einfacher, erschwinglicher. Und freilich beliebter. Nur der Fahrer darf nicht glotzen. Nicht mal ein bisschen.

Wer oft lange Strecken im Auto fährt, dem ist jede Abwechslung willkommen. Gerade in Staus bleibt Autofahrern sonst nur, die Zeit totzuschlagen. Mancher schwört in solchen Zwangspausen zur Ablenkung auf Musik oder Hörbücher, telefoniert oder tippt Kurznachrichten per Handy.

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Komfortable Lösung: Bildschirm samt Bedienfeld in der Kopfstütze.

(Foto: Foto: Mercedes Benz)

Andere lassen sich auch von der Glotze berieseln, denn Fernsehen im Auto über Multimediasysteme wird Studien zufolge immer beliebter. Doch der TV-Empfang im Auto hat Grenzen - technische, aber auch rechtliche.

Nach Zahlen der Gesellschaft für Unterhaltungs- und Kommunikationselektronik (gfu) setzte die Branche 2005 im Bereich "Car Audio/Navigation" 823 Millionen Euro um. Der Anteil der Sparte "Car Vision" erhöhte sich dabei gegenüber dem Vorjahr von zwei auf drei Prozent.

Jeder Fünfte will den Schirm

Allerdings erfasst die Statistik einem gfu-Sprecher in Frankfurt zufolge nur Nachrüstlösungen. Zudem enthalte die "Car Vision"-Kategorie neben TV-Empfängern auch DVD-Systeme und Displays.

Etwas aussagekräftiger im Hinblick auf die Beliebtheit des Fernsehempfangs im Auto sind daher die Ergebnisse einer Studie des Marktforschungsinstituts Maritz Research.

Demnach wünscht sich jeder fünfte Autofahrer in seinem Wagen TV-Empfang. Das Unternehmen mit Sitz in Hamburg hatte 813 Autofahrer in Deutschland und Großbritannien befragt: "Unterhaltungs- und Informationsmedienn werden für die Autofahrer immer wichtiger", kommentiert Stephan Thun, Managing Director Europe, das Ergebnis.

Vor allem Vielfahrer wollten in ihrem Wagen von den neuen technischen Möglichkeiten profitieren. Verglichen mit den Absatzrennern der Branche wie Musik- und DVD-Systeme seien die Verkaufszahlen von TV-Empfängern fürs Auto jedoch noch gering, sagt Jochen Siedler vom Hersteller Blaupunkt in Hildesheim.

Mittels DVB-T herrscht auch bei hoher Geschwindigkeit Empfang

"Aber dass das Interesse da ist, steht außer Frage." Das zeige die große Resonanz auf Messen. Vor allem in gehobenen Fahrzeugsegmenten sei TV-Zubehör mittlerweile ein wichtiges Ausstattungsmerkmal.

Die zurzeit "vernünftigste" Lösung für den Fernsehempfang im Auto arbeitet laut Siedler mit dem Standard DVB-T. Das Kürzel steht für "Digital Video Broadcasting Terrestrial" - Digitalfernsehen über Antenne.

Um ausgestrahlte Programme empfangen zu können, muss im Auto eine Empfangsbox mit Antenne eingebaut werden. Blaupunkt bietet mit dem TV-Tuner IVTV-05 eine solche Lösung an.

Die empfangenen Daten können laut Siedler auf jedem Monitor wiedergegeben werden. Deckenmonitore beispielsweise bieten sich für ein "Rear Seat Entertainment"-System für Passagiere auf der Rückbank an. Auch der Navi-Bildschirm in der Mittelkonsole des Fahrzeugs wäre zur Wiedergabe grundsätzlich geeignet.

Verbotene Unterhaltung

Der entscheidende Unterschied zum Analogfernsehen ist, dass die DVB-T-Technik auch während der Fahrt bis zu hohen Geschwindigkeiten ruckelfreie Bilder liefert.

Analoger Fernsehempfang war laut Siedler bislang ohne Störungen nur im Stand möglich. "Daher war es auch nur eine kleine Schar von Leuten, die das im Auto hatte."

Während das TV-Equipment von Blaupunkt im Auto fest montiert wird, liefern andere Hersteller flexible Lösungen. Das Unternehmen TerraTec in Nettetal (NRW) etwa bietet dazu einen USB-Stick mit Software an.

Der Stick wird nach Angaben von Produktmanager Martin Hopp einfach in die Buchse eines Laptops gestöpselt und mit zwei Kurzantennen verbunden, die sich per Saugnapf an der Fensterscheibe befestigen lassen. Die Technik des Cinergy DT USB XS Diversity empfängt laut Hopp das DVB-T-Signal mehrfach und verschmilzt es zu einem neuen, qualitativ besseren. Störungsfrei funktionieren soll das bis zu Tempo 130.

Auf dem Land wird vorerst nicht geschaut

Der Nachteil von DVB-T ist nach Angaben von Joachim Siedler jedoch die eingeschränkte Verfügbarkeit. So werden Fernsehprogramme noch nicht in allen Gegenden Deutschlands in dem digitalen Signal ausgestrahlt. Zurzeit werden vor allem die Ballungsräume abgedeckt. Auf Strecken über Land sei DVB-T dagegen noch nicht zu empfangen.

Weitere Nachteile können sich für die Verkehrssicherheit ergeben. So ist bei den USB-Lösungen nicht auszuschließen, dass das Notebook beim heftigen Bremsen durch den Innenraum saust - immerhin ist es im Auto in der Regel nicht rutschfest eingebaut.

Dann doch besser streiten

Bei allen Systemen lässt sich außerdem nicht ausschließen, dass Autofahrer ihren Fernsehempfänger auch während der Fahrt anschalten - "was natürlich ein Wahnsinn ist", so ADAC-Sprecher Maximilian Maurer in München. So sei die Gefahr der Ablenkung vom Verkehrsgeschehen zu groß. "Der Autofahrer darf während der Fahrt nicht fernsehen", sagt Maurer.

Das gehe aus Paragraf 23, Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung hervor. Unter "Sonstige Pflichten des Fahrzeugführers" heißt es dort: "Der Fahrzeugführer ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden."

Diese Formulierung schließt laut Maurer Vieles ein: "Da fällt der Streit mit der Beifahrerin drunter, der Kopfhörer oder eben ein TV-Display - alles, was den Fahrer ablenken könnte." Wer bei der Fahrt nebenbei ein Fernsehprogramm verfolgt, sollte sich der drohenden straf- und versicherungsrechtlichen Konsequenzen bewusst sein: "Fernzusehen bei der Fahrt, grenzt ja fast schon an Vorsatz."

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