Trimaran Hydroptère:Das rasende Dreibein

Der Trimaran "Hytroptère", das schnellste Segelschiff der Welt, kommt zur Kieler Woche - neue Rekordversuche sind bereits angekündigt.

Klaus Bartels

Die Kieler Woche ist immer wieder eine Reise wert - vom 19. bis zum 27. Juni werden sich mehr als 4500 Segler aus 50 Nationen und Hunderte Traditionssegler auf der Förde treffen. Und jetzt hat sich noch ein ganz besonderer Besuch angekündigt.

Zum ersten Mal wird das schnellste Segelschiff der Welt einen deutschen Hafen anlaufen - der 18,80 Meter lange Hightech-Trimaran Hydroptère wird vom 18. bis zum 23. Juni im alten Olympiahafen in der Innenförde festmachen. Und die Begründung des Franzosen Alain Thébault, Skipper des Trimarans und dessen Konstrukteur, ist ein Kompliment an die Hafenstadt: "Kiel ist für diese Premiere die beste Adresse."

Am 4. September 2009 gelang Thébault und seiner Crew im Mittelmeer ein bis dahin kaum für möglich gehaltener Geschwindigkeitsrekord: Die Hydroptère erreichte auf einer Strecke von 500 Meter durchgehend 51,36 Knoten, umgerechnet rund 95,2 km/h - und das bei einer Windgeschwindigkeit von nur 30 Knoten. Der Trimaran war also fast doppelt so schnell wie der Wind.

Kurze Zeit später glitt die 24 Meter breite Yacht auf einer Strecke von einer Seemeile im Durchschnitt mit 50,17 Knoten übers Wasser; dabei wurde kurzzeitig auch die 100-km/h-Grenze überschritten. Damit schrieb das Schiff, das sich ab etwa 15 Knoten auf sogenannten Foils aus dem Wasser hebt und dann nur noch auf Tragflächen schwebt, Segelgeschichte.

Der nur sechs Tonnen wiegende Leichtbau wird am Wind von 250 Quadratmeter Segelfläche angetrieben. Wie auf einer modernen Segelyacht nutzen Thèbault und seine Crew Foliensegel und Winschen; ansonsten hat die Hydroptère kaum noch etwas mit herkömmlichen Mehrrümpfern zu tun. Herzstück des aus extrem leichtem, aber hochfesten Karbon und Kevlar gebauten Trimarans ist ein leistungsstarker Zentralcomputer, der mehr als 100 Sensoren an stark belasteten Teilen überwacht.

An Bord: Testpiloten der französischen Luftwaffe

Auch die Crew der Rekordfahrt setzte sich anders zusammen als gewohnt: An Bord waren ehemalige Testpiloten der französischen Luftwaffe, die das rasende Dreibein überwachten und steuerten. Und auch sonst griff Skipper Alain Thébault auf das Knowhow der Luftfahrt zurück - er setzte bei Bau und Ausrüstung seines Schiffes auf die Hilfe des europäischen Luftfahrtkonzerns EADS und des Logistikunternehmens Alstrom. Zudem modifizierten Wissenschaftler der ETH Lausanne und Ingenieure des Schweizer America's-Cup-Teams Alinghi die Ausleger des Bootes, die Schwimmern von Wasserflugzeugen nachempfunden sind.

Mit der Idee von einem oberhalb der Wasseroberfläche segelnden Boot hatte sich Ende der siebziger Jahre bereits Frankreichs Segleridol Eric Tabarly beschäftigt. Doch Tabarly, der am 13. Juni 1998 in der Irischen See ums Leben kam, scheiterte seinerzeit wie viele andere an der Realisierung des Traumes, unter Segel auf Kufen zu gleiten, weil die Segelyachten durch die damaligen Bootsbaumaterialien viel zu schwer waren. Erst in den neunziger Jahren versprachen neu entwickelte leichte, aber besonders feste Bootsbaumaterialien wie Karbon und Kevlar einen erfolgreichen Vorstoß in die neue Dimension des Segelns.

Im Blick: die Transantlantikrekorde

Im Jahr 1994 schließlich stellte Alain Thèbault die erste Version seines 18 Meter langen Trimarans Hydroptère vor. Das Schiff hatte schon damals eine Segelfläche von rund 250 Quadratmeter und hob sich wie erwartet schon bei Windstärken um vier Beaufort aus dem Wasser. Aber: Diese erste Konstruktion war zu fragil und zerbrach bei einer Geschwindigkeit von rund 35 Knoten. Immerhin lasten auf den sechs Meter langen und 250 Kilogramm schweren Foils und den zwölf Meter langen Querverstrebungen bis zu 45 Tonnen.

Auch 1998, vier Jahre nach dem ersten Desaster, war die Konstruktion noch immer nicht ausgereift. Zwar hob sich die zweite Hydroptère dieses Mal schon bei drei Beaufort auf die rund drei Meter hohen Kufen, war aber für die Crew kaum noch zu beherrschen und drohte erneut auseinanderzubrechen. Alain Thèbault gab jedoch nicht auf und konnte die Probleme mit Hilfe der neuen Sponsoren in den Griff bekommen. Die Zusammenarbeit mit den Hightech-Unternehmen an der zur Zeit modernsten Segelyacht der Welt führte schließlich zum Weltrekord - und lässt noch einiges erwarten.

Denn Alain Thèbault ist fest entschlossen, weitere Segelrekorde knacken - zum Beispiel auch die bestehenden Transatlantikrekorde. Dafür entsteht zurzeit eine mit 30 Meter Länge sehr viel größere Version der Hydroptère. Und der französische Skipper geht fest davon aus, dass er mit dem neuen Trimaran irgendwann in weniger als 40 Tagen die Welt umsegeln kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: