Toyota Prius im Fahrbericht:Mit Fleiß zum Drei-Liter-Auto

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Windschlüpfrig: Der neue Toyota Prius wirkt der Form nach ganz wie der alte. Seine neue, modulare Fahrwerksarchitektur sorgt für eine bessere Fahrdynamik. (Foto: dpa-tmn)

Mehr Dynamik bei weniger Leistung und Verbrauch: Der neue Toyota Prius kann alles besser als sein Vorgänger. Aber einiges ist noch immer gewöhnungsbedürftig - nicht nur das Design.

Von Georg Kacher

Toyota hat mit dem Prius alles richtig gemacht. Das schräge Design fiel von Anfang an auf wie ein bunter Hund und der Hybridantrieb verschaffte den Kunden ein schmeichelndes Gutmensch-Image. Auch die vierte Prius-Generation muss zumindest in der alten Welt weiterhin mit Nickel-Metall-Hydrid-Zellen auskommen. Dank viel Feinarbeit im Detail lebt das 2016er-Modell dennoch auf einem fast 25 Prozent schlankeren CO₂-Fuß als sein Vorgänger. Der Durchschnittsverbrauch sinkt von 3,9 auf 3,0 Liter, das Abgas enthält statt 89 nur noch 70 Gramm Kohlendioxid pro gefahrenem Kilometer.

Interessanterweise tragen E-Motor und Akku nur zehn Prozent zu diesem Wertewandel bei. Hilfreich ist eine neue, effizientere Leistungselektronik. Das Gros der Verbesserungen geht jedoch auf das Konto des optimierten Verbrenners, des reibungsärmeren Getriebes und der Aerodynamik. Der 1,8-Liter-Benziner erreicht mit einem Wirkungsgrad von 40 Prozent das Niveau eines Dieselmotors - Weltrekord!

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Eintrittskarte in eine ganz andere Autowelt

Wir sammelten erste Fahreindrücke auf dem Fuji International Speedway, der zum Prius ungefähr so gut passt wie SojaSauce zur Sachertorte. Um die Erinnerung aufzufrischen, galt die Aufmerksamkeit zunächst dem Vorgänger. Auch dieser Toyota war bereits eine Eintrittskarte in eine ganz andere Autowelt - trotz des schrägen Designs, des weltfremden Cockpits und der banalen Fahreigenschaften, die ungefähr so viele Emotionen auslösen wie das TV-Testbild nach Mitternacht. Entsprechend niedrig sind die Erwartungen vor dem Fahrzeugwechsel. Doch siehe da: Schon das neue Interieur ist keine dunkle Hartplastik-Höhle mehr, sondern ein freundliches Umfeld mit weißen Farbkontrasten, wertigeren Oberflächen und viel besseren Sitzen.

Gestartet wird wie gehabt auf Knopfdruck, zum Anfahren muss man den Joystick antippen und sich dann für einen Fahrmodus entscheiden. Die EV-Funktion setzt natürlich eine geladene Batterie voraus, das frisch aufgespielte Eco-Programm wurde offenbar von Prof. Dr. Valium persönlich konfiguriert. Auch die normale Gangart ist nur mäßig unterhaltsam. Erst in der Power-Stellung kann der Antrieb die Vorzüge der neuen stufenlosen Automatik ausspielen, die viel spontaner anspricht, linearer beschleunigt und sich das nervige Volllast-Aufheulen weitgehend abgewöhnt hat. Damit ist zumindest der Grundstein für Fahrspaß gelegt. Im richtigen Moment wird aus dem gemächlichen Gleiter ein spritziger Sprinter, mit dem sich mühelos überholen lässt. Das Getriebe muss ohne eine virtuelle Staffelung der Gänge auskommen, aber es bügelt die Drehzahl-Täler und Höhen sauber aus und manifestiert so eine bisher nicht gekannte Souveränität.

Dieser unaufgeregte Bewegungsablauf findet in der deutlich geschmeidigeren Feder-Dämpfer-Abstimmung eine adäquate Entsprechung. Wie wir das nach einer Fahrt auf der Rennstrecke beurteilen wollen? Nun, zum einen gibt's dort diverse schlecht geteerte Zufahrtsstraßen, und zum anderen hatte Toyota die Boxengasse mit zahllosen kleinen Plastikschwellern vermint, um die übermütigen Gaijins einzubremsen. Während im 2015er-Auto der Polstergeist das Überfahrerlebnis bestimmt, führt im Nachfolger bereits Frau Holle Regie.

Das liegt zum einen an der überarbeiteten Vorderachse und zum anderen an der neu entwickelten Hinterachse, der man auch im unbeladenen Zustand das leichte Hoppeln und Versetzen ausgetrieben hat. Auch die exzessive Seitenneigung, das Stampfen des Vorderwagens durch unebene Kurven und das viel zu früh beginnende Untersteuern sind kein Thema mehr. Statt dessen gibt's Pluspunkte für die rascher ansprechende Lenkung, das willigere Einlenkverhalten und das besser ausbalancierte Handling.

Die neuen Batterien mögen leichter, kompakter und leistungsfähiger sein, aber diese Vorteile sind nicht wirklich erfahrbar. Der ausgeglichene Gesamteindruck wird durch die Werksangaben untermauert, wonach sich alt und neu in Bezug auf Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit ein beinahe totes Rennen liefern. Der brustschwache Benziner mit 142 Nm Drehmoment ist jetzt an einen 6 kW schwächeren E-Motor gekoppelt. Die Systemleistung sinkt von 136 auf 122 PS. Trotzdem braucht der Prius IV für die Beschleunigung von null auf hundert nur 0,2 Sekunden länger. Sportlich, wie Toyota behauptet, ist der Wert von 10,6 Sekunden für den Spurt aber wirklich nicht.

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Viele Detailverbesserungen

Der Prius IV basiert als erstes Modell auf der neuen Modularchitektur TNGA. Obwohl Radstand (2700 mm) und Gewicht (1445 Kilo) unverändert blieben, liegt der Schwerpunkt jetzt 2,5 cm tiefer. Das Batteriepaket passt ab sofort unter den Rücksitz, wodurch das Gepäckraumvolumen um 56 auf 502 Liter anwächst. Durchaus der Rede wert ist auch der nochmals verbesserte Aerodynamik-Beiwert von 0,24.

Wenn die Spannungslage es zulässt, setzt sich der Prius fast so geräuschlos in Bewegung wie ein Kabuki-Kämpe vor dem entscheidenden Schwerthieb. Obwohl die Flüsterei nur von kurzer Dauer ist, verläuft der Auftritt des Verbrenners ab sofort akustisch unauffälliger und relativ vibrationsarm. Die fast nahtlose Interaktion zwischen Motor, Getriebe und E-Maschine sorgt für ein entspannt-unaufgeregtes Fahrerlebnis. Nach wie vor gewöhnungsbedürftig sind das nur axial verstellbare Lenkrad, der mäßige Nässegrip der Leichtlaufreifen und das digitale Mäusekino, das im Souffleurkasten weit vorne am Fuß der Windschutzscheibe seine Schau abzieht.

Das Design muss man nicht mögen, aber es sticht heraus aus der Masse der Verwechselbarkeiten, und es steht für eine ganz bestimmte Weltanschauung. Obwohl auch dieser Prius mittelfristig in einer Plug-in-Ausführung mit Lithium-Ionen-Akkus zu haben sein wird, wollen die Japaner gleichzeitig dem Parallelhybrid die Treue halten. In der Vergangenheit sind sie damit gut gefahren: 2014 war jeder zweite in Europa verkaufte Hybrid ein Toyota. Kein Wunder, dass sich die Marke die teurere Lithium-Ionen-Variante zunächst für Japan und Amerika aufspart.

© SZ vom 21.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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