Tokio Motor Show 2015:Visionäre Japaner, biedere Deutsche

Sauber, vernetzt, bunt: Japans Autobauer wollen bei ihrer Hausmesse mit ausgefallenen Studien die Zukunft des Automobils vorstellen. Die deutschen Hersteller wirken dagegen blass - bis auf einen.

Von Thomas Harloff

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Überblick über die Tokio Motor Show

Quelle: Bloomberg

Asiatische Wiederauferstehung: Während die Automessen in Shanghai und Peking in den vergangenen Jahren stark an Relevanz gewannen, schien die traditionsreiche Tokio Motor Show (Publikumstage vom 30. Oktober bis 8. November) immer unwichtiger zu werden. Das erscheint logisch, schließlich entwickelt sich der chinesische Markt für viele internationale Autohersteller zum wichtigsten überhaupt. Dagegen erweist sich das Absatzpotenzial in Japan als stark limitiert. Selbst die einheimischen Hersteller schienen sich von ihrer Hausmesse abzuwenden, spektakuläre und zukunftsorientierte Neuheiten wurden hier immer seltener. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Vor allem Toyota, Nissan, Mazda und Co. machen mit aufsehenerregenden Konzeptstudien auf sich aufmerksam.

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Mercedes Vision Tokyo: Connected Lounge

Mercedes Vision Tokyo: Connected Lounge auf der Tokio Motor Show 2015

Quelle: dpa

Und auch Mercedes. Zwar zeigten die Schwaben auf vielen Messen der jüngeren Vergangenheit hochautomatisiert fahrende Showcars mit alternativen Antrieben und ungewöhnlichen Innenraumkonzepten. Aber diese Studie sieht aus wie ein Van oder Lieferwagen des Jahres 2030. Aufsehenerregend. Und das liegt nicht nur am leuchtenden Blau der Front und Seiten.

Damit das Concept Car tatsächlich, wie von Daimlers Marketingstrategen proklamiert, "zu einer Chill-Out-Zone im quirligen Straßenverkehr von Megacities" avanciert, gibt es im Innenraum kein Vorne und Hinten mehr. Stattdessen nehmen die Passagiere auf einer oval geformten Couch-Landschaft Platz. Diese "Club-Lounge" soll die "Face-to-Face-Kommunikation" fördern. Da der Vision Tokyo autonom fährt, braucht es keinen Fahrer mehr, der den 4,80 Meter langen Mercedes durch den dichten Verkehr quält. Als Antrieb dient ein Hybridsystem der besonderen Art: Einerseits liefert eine Hochvoltbatterie Strom für den Elektromotor, andererseits wandelt eine Brennstoffzelle Wasserstoff in elektrische Energie um.

Ob Design, Antrieb, Technologien oder Interieur: Man darf gespannt sein, wann Elemente der Konzeptstudie in Serienautos zu finden sein werden.

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Toyota S-FR, Kikai und FCV Plus

Toyota S-FR auf der Tokio Motor Show 2015

Quelle: dpa

Gleich ein ganzes Konzeptstudien-Trio präsentiert Toyota in Tokio. Am nächsten an einer Serienumsetzung scheint der S-FR (Foto) zu sein, ein kompaktes Sportcoupé mit zwei Sitzen, Frontmotor und Hinterradantrieb. Der Kikai soll die Ästhetik der Technik sichtbar machen, weshalb sich Motor, Tank und Auspuff nicht in oder unter der Karosserie verstecken, sondern Teil des Exterieurs sind. Und der zweisitzige FCV Plus zeigt, dass Toyota den Wasserstoffantrieb für das zukunftsfähigste alternative Konzept hält. Der Tank ist hinter dem Rücksitz, die Brennstoffzelle, die das Gas in elektrische Energie wandelt, zwischen den Vorderrädern. Die Energie setzen an jedem der vier Räder platzierte Elektromotoren in Vortrieb um.

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Lexus LF-FC Concept

Lexus LF-FC Concept auf der Tokio Motor Show 2015

Quelle: dpa-tmn

Im Gegensatz zu den kompakten Toyota-Studien wirkt der 5,30 Meter lange und zwei Meter breite LF-FC Concept, vorgestellt von der Konzerntochter Lexus, allein schon wegen seiner Ausmaße und seines Protz-Designs anachronistisch. Die Limousine soll einen Ausblick auf ein künftiges Flaggschiff der japanischen Edelmarke geben, und die großen Lexus-Limousinen sind außerhalb Europas durchaus gefragt. Auch der LF-FC tankt Wasserstoff, die Brennstoffzelle versorgt Motoren sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterachse mit Energie, was die Konzeptstudie zum Allradler macht.

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Nissan IDS Concept, Teatro for Dayz und Gripz Concept

Nissan IDS Concept auf der Tokio Motor Show 2015

Quelle: dpa-tmn

Ebenfalls mehrere Konzeptstudien zeigt Nissan in Tokio. Mit dem IDS (Foto) nimmt der japanische Hersteller nun erstmals das autonome Fahren ins Visier. Und nicht nur das. Wenn der Wagen auf Autopilot schaltet, soll er sein Fahrverhalten an den Stil seines Fahrers anpassen können. Natürlich fährt der IDS elektrisch - genau wie der Nissan Leaf, das weltweit meistverkaufte Elektroauto, das sich in Tokio leicht überarbeitet zeigt.

Der Teatro for Dayz soll das Auto für die Generation sein, die von Kindesbeinen an mit dem Internet aufgewachsen ist und auf ein Höchstmaß an digitalen Medien auch an Bord eines Fahrzeugs nicht verzichten möchte. Er bietet die totale Vernetzung, wobei Sitze, Kopfstützen, die Türinnenseiten und das Armaturenbrett zu Projektionsflächen für jene Fotos und Videos werden, die etwa ein Dutzend Beamer wiedergeben. Auch der Teatro for Dayz hat einen Elektromotor. Der Gripz Concept setzt dagegen auf Vereinigung: Antriebsseitig von Elektro- und Benzinmotor, beim Karosseriekonzept mixt er die Gattungen SUV und Coupé.

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Mazda RX-Vision

Mazda RX-Vision auf der Tokio Motor Show 2015.

Quelle: dpa

Obwohl auch am Mazda-Stand eine Konzeptstudie im Fokus steht, dürften dort vor allem Auto-Nostalgiker verträumte Seufzer ausstoßen. Das liegt nicht nur am sinnlichen, mit klassischen Sportwagenproportionen gestalteten Design, sondern vor allem am Antriebskonzept. Der RX-Vision wird von einem Kreiskolbenmotor, besser bekannt als Wankelmotor, angetrieben. Zwar enthält Mazda Fachpresse und Messebesuchern weitere Informationen oder technische Daten vor, aber allein die Tatsache, dass die Firma die ausgestorben geglaubte Technologie zurückbringt, dürfte nicht nur Wankel-Fans gespannt auf ein Serienauto warten lassen. Dabei ist allerdings Geduld gefragt. Irgendwann zwischen 2017 und 2020 könne es soweit sein, lässt Mazda verlauten.

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Honda Clarity Fuel Cell

Honda Clarity Fuel Cell auf der Tokio Motor Show 2015.

Quelle: dpa-tmn

Auch der Honda Clarity mutet futuristisch an. Doch das Brennstoffzellenauto wird so, wie es auf dem Messestand präsentiert wird, von Anfang 2016 an auf Japans Straßen unterwegs sein. Der 177 PS starke Antrieb passt komplett in den Motorraum. Diese Anordnung soll Platz für bis zu fünf Insassen schaffen. Die Reichweite beziffert Honda mit mehr als 700 Kilometern. Ein Tankstopp, um Wasserstoff nachzufüllen, soll in drei Minuten erledigt sein. Nach Europa soll der Clarity ebenfalls kommen, wenn auch nur in homöopathischen Stückzahlen. Wann es soweit ist, will Honda im nächsten Jahr bekanntgeben.

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Mini Cabrio

Mini Cabrio auf der Tokio Motor Show 2015

Quelle: dpa-tmn

Im Vergleich zu dem, was die japanischen Hersteller in Tokio aufbieten, sehen die deutschen Autobauer - von Mercedes abgesehen - im Wortsinn recht alt aus. Oder, je nach Sichtweise, realistisch. Mini hat sich die japanische Hauptstadt ausgesucht, um erstmals vor großem Publikum sein neues Cabrio zu zeigen. Dessen Optik durfte man so erwarten, auch die Drei- und Vierzylindermotoren mit 116, 136 und 192 PS kennt man aus den anderen Modellvarianten. Das vollautomatische Dach öffnet und schließt in 18 Sekunden. Hat sich das Verdeck in den Kofferraum gefaltet, schrumpft dessen Volumen von 215 auf 160 Liter. Die Preise starten bei 23 950 Euro (Cooper mit 136 PS starkem Dreizylinder-Benziner), die Markteinführung ist im nächsten Frühjahr.

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BMW M4 GTS

BMW M4 GTS auf der Tokio Motor Show 2015.

Quelle: dpa-tmn

Konzernmutter BMW präsentiert sich in Tokio in erster Linie sportlich. Zwar blieb der kürzlich mit Fotos und Daten vorgestellte und 370 PS starke M2 zuhause, dafür haben die Bayern den M4 GTS im Gepäck. Die auf 700 Autos limitierte Sonderserie macht mit ausladendem Spoilerwerk und kontrastreichem Farbkonzept auf sich aufmerksam und hat auch technisch was zu bieten. Beispielsweise die Wassereinspritzung, mit deren Hilfe die Leistung des Doppelturbo-Sechszylinders von 431 auf 500 PS steigt. Die Technik soll künftig in anderen Modellen des Konzerns aber vor allem für geringere Spritverbräuche sorgen. Der Preis des M4 GTS liegt bei 142 600 Euro - fast doppelt so hoch wie bei einem normalen M4 Coupé.

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VW Tiguan GTE

Sven Stein und der VW Tiguan GTE bei der Tokio Motor Show 2015.

Quelle: dpa

Am Volkswagen-Stand gab es einige Entschuldigungen: Die undankbare Aufgabe, um Verzeihung für den Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos zu bitten, fiel Sven Stein (Foto), Japan-Chef des Konzerns, und Markenchef Herbert Diess zu. Beide zogen nach ihren Demutsgesten und warmen Worten das Tuch vom Tiguan GTE, der jedoch keine Weltpremiere feierte, sondern vor etwa sechs Wochen bereits auf der Frankfurter IAA zu sehen war.

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Porsche Macan GTS

Porsche Macan GTS auf der Tokio Motor Show 2015.

Quelle: dpa-tmn

Ähnliches bei Porsche. Obwohl vom Dieselskandal des Mutterkonzerns weitgehend unberührt, tauchen die Schwaben in Tokio lediglich mit den Allradversionen des jüngst überarbeiteten Elfer und einer Sportvariante ihres kleinen SUV Macan (Foto) auf. Der GTS basiert auf dem Macan S mit Dreiliter-V6-Biturbo-Benziner, leistet mit 360 PS aber 20 PS mehr als dieser. Außerdem bietet er ein sportlicher abgestimmtes und um 15 Millimeter abgesenktes Fahrwerk, mattschwarz lackierte 20-Zoll-Räder in einem speziellen Design und einige Alcantara-Elemente im Innenraum. Mit einem Grundpreis von 73 400 Euro ist der GTS allerdings üppige 13 685 Euro teurer als das benzinbetriebene S-Modell.

© SZ.de/harl/kaeb/rus
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