Tipps für Autofahrten mit Kindern: So kommen Ihre Kinder gut an

Gesundes Essen und reichlich Getränke empfiehlt der ADAC für Kinder bei langen Autofahrten. Das mag kurzfristig helfen, aber erfahrene Eltern wissen: Es braucht mehr als Essen und Trinken. Neben klassischen Spielen macht vor allem moderne Unterhaltungstechnologie den Kleinen Spaß.

Titus Arnu

Es ist manchmal Zeit, innezuhalten und sich die Sinnfrage zu stellen. Was ist wirklich unser Ziel? Wohin wollen wir überhaupt? Und wann sind wir endlich da? Diese Frage ist von so fundamentaler Bedeutung, besonders zur Ferienreisezeit, dass sich die Universität Dortmund mal ausführlich und ernsthaft damit beschäftigte. In einer Vorlesung der Fakultät für Raumplanung zum Thema ,,Wann sind wir endlich da?'' hieß es: ,,Früher lebten die Menschen in einem engen familiären Verbund. Freunde und Verwandte wohnten gleich nebenan, der Laden zum Einkaufen lag um die Ecke. Veränderte Ansprüche an Lebens- und Freizeitqualität haben zu immer längeren Wegen geführt.'' Okay, das erklärt einiges, aber wie sagt man das einem quengelnden Kind auf dem Rücksitz, im Stau, bei 35 Grad Außentemperatur?

Erfahrene Eltern wählen Wischiwaschi-Vokabeln wie ,,bald'', ,,ganz, ganz bald'' oder ,,noch ganz lange''. Das kann vom Nachwuchs großzügig ausgelegt werden, was gleichzeitig ein Nachteil ist. Denn während für einen Erwachsenen zwei Stunden noch unter die Kategorie ,,bald'' fallen, ist ,,ganz lange'' für einen Dreijährigen bereits nach zweieinhalb Minuten vorbei. Das führt zu Konflikten.

In dieser gefürchteten Situation gibt es für den Fahrer gleich mehrere Strategien, von denen leider kaum eine Erfolg verspricht. Stummes Starren und einsilbige Antworten? Strenge Ruhebefehle? Viele Pausen, phantasiefördernde Frage-Antwort-Spiele, Spaziergänge? Der ADAC rät, möglichst viel Essen und Getränke mitzunehmen. Erfahrene Eltern etwas größerer Kinder raten: Nehmen Sie zusätzlich möglichst viele elektronische Geräte mit. Das ist zwar unpädagogisch, aber effektiv. Es führt garantiert zu Ruhe auf dem Rücksitz, was den Blutdruck der Erwachsenen und die Unfallgefahr senkt. Unbedingt mindestens zwei Geräte und die dazu passenden Ladekabel einpacken!

Stunde 1: Need for Speed

Gute Vorbereitung ist alles. Einen Tag vor Abfahrt sollten möglichst viele Apps auf das iPhone oder den Blackberry, Spiele auf den Laptop und, falls vorhanden, das iPad geladen werden. Das Suchwort ,,Kinder'' führt allerdings zu einer Xylophon-Simulation und zu einer Sammlung von Weihnachtsliedern zum Mitsingen. Also besser den Sohn fragen. Der nennt auf Anhieb die Renner der Saison: Doodlejump, Shrek Kart, Need for Speed. Need for Speed! Der Wunsch nach Geschwindigkeit steht im Stau an oberster Stelle, und falls es stockt am Inntaldreieck, ist wenigstens der Sohn auf der Rückbank im Geschwindigkeitsrausch. Need for Speed ist übrigens ein Rennspiel, bei dem es auch darauf ankommt, Polizeiautos zu rammen und Style-Punkte zu sammeln, indem man geräuschintensiv an Laternenpfählen vorbeischrammt (unbedingt Kopfhörer einpacken!).

Stunde 2: Rabbids

Was empfehlen Elternratgeber eigentlich an intelligenter Unterhaltungssoftware? Lernspiele, mit denen man Vokabeln ,,spielerisch'' pauken kann. Gehirn-Jogging. 3-D-Puzzles. ,,Wir haben Ferien!'' ist die Reaktion vom Rücksitz. Jede Art von Lernspiel gilt als schulaffin und ist damit indiskutabel. Also verbringen die Kinder eine weitere Stunde mit Rabbids, einem albernen kleinen Spiel, bei dem man Hasen ärgert. Mittlerweile ist Österreich erreicht, die Autos bewegen sich im Schneckentempo, aber sie bewegen sich. Jetzt fliegen können! Dazu passt X-Plane, ein Flugsimulator, dessen Performance auf dem Smartphone allerdings unbefriedigend ist. Für diesen Zweck ist der Laptop mit auf die Reise gegangen. Allerdings benutzt die Tochter es gerade, um das 254.Foto mit der eingebauten Kamera zu schießen und anschließend mit einem Fotoprogramm zu verfremden. Auch schön. So gehen zwei Stunden locker rum.

Stunde 3: Android

Der App-Store für Apple-Geräte und die App World für andere Smartphones haben jeweils einige Tausend Spiele im Angebot. Noch größer ist die Auswahl bei der offenen Software-Plattform Android, wo es schätzungsweise mehr als 100000 Anwendungen zum Download gibt. Unter anderem Comics wie ,,Calvin and Hobbes'' oder ,,Garfield'' in elektronischer Form, mit denen die Kinder locker weitere 45 Minuten verbringen. Lesend! Leise Lachend!

Stunde 4: Jelly Car

Zwischen Brixen und Bozen gerät die Zeit ins Wabern. Stop-and-go auf allen Spuren, und die Reise zieht sich immer wieder wie ein Kaugummi. Dazu passt ein Spiel, das durch eine poppige Grafik besticht und die Bewegungssensoren des iPhones mit einbezieht. Bunte Mini-Autos, die aus einer Wackelpudding-artigen Masse zu bestehen scheinen, müssen Hindernisse überwinden und einen immer schwieriger werdenden Parcours absolvieren. Gesteuert werden sie durch Hin- und Herbewegen des Telefons. Wenn das im realen Autoverkehr doch auch nur so einfach funktionieren würde! Wieder eine Stunde vorbei.

Doodlejump und Google Sky Map

Stunde 5: Doodlejump

Einfache Hüpfspiele, bei denen bunte Monster sich durch die Level hocharbeiten und dabei Punkte sammeln, gibt es Tausende. Erstaunlich, dass es das relativ neue Hüpfspiel Doodlejump auf Platz1 der Download-Hitliste im App-Store geschafft hat - obwohl es nur darum geht, einem grünen Rüsseltier zu helfen, von Plattform zu Plattform zu springen. Beim Kauf des Spiels (79 Cent) wurde man gewarnt: ,,Achtung, höchste Ansteckungsgefahr!''

Stunde 6: Immer noch Doodlejump

Die Warnung ist berechtigt. Langsam wird es fast langweilig auf dem Fahrersitz ohne das übliche Gemotze vom Rücksitz.

Stunde 7: Pause

Das iPhone glüht. Draußen 40 Grad. Brandgefahr! Zwangspause.

Stunde 8: Doodlejump

Es muss doch irgendwie möglich sein, mit dem Hüpfrüssler an diesem schwarzen Loch vorbei zu kommen, ohne aufgesaugt zu werden. Schon wieder eine Stunde vorbei. Der Verkehr fließt. Das Ferienhaus in der Toskana ist nicht mehr weit.

Stunde 9: iPad

Immer noch nicht da? Doodlejump zu Ende gespielt? Dann muss das iPad her, auf dem Reisesektor wahrscheinlich die größte Errungenschaft seit Erfindung des Rades. Kreatives Zeit-Totschlagen ist mit der Tatsch-Tafel ein Kinderspiel: Mit Musikprogrammen wie Magic Piano oder dem Malprogramm Canvas Pro gehen locker weitere Minuten und Stunden vorbei.

Stunde 10: Google Sky Map

Es ist dunkel. Der Blick aus dem Dachfenster geht auf den klaren Himmel. Mit Google Sky Map, einem Gratis-Programm aus dem Internet, lassen sich die Sternbilder über uns identifizieren. Unter den Reifen knirscht Kies. Wir sind endlich da. Eigentlich ging die Zeit doch recht schnell vorbei. Aus pädagogischen Gründen werden zwei Wochen Spiel-, Email- und Internet-Verbot ausgesprochen. Das gilt aber nicht für den Fahrer. Der muss unbedingt auch mal in Ruhe Doodlejump ausprobieren.

Ihre Kinder sollen oder wollen sich ohne Technik unterhalten? Hier finden Sie zehn analoge Spieletipps für Auto, Bahn und Flugzeug.

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