Süddeutsche Zeitung

Thema: ILA:Ökotechnik zum Abheben

Auf der ILA 2010 präsentieren Hersteller und Forschungsinstitute eine Vielzahl grüner Technologien. Das Spektrum reicht von Technologien und Antrieben für ökoeffizientes Fliegen bis hin zur Umweltüberwachung aus dem All.

Susanne Kilimann

Alles muss bekanntlich sauberer, umweltschonender und klimafreundlicher werden - die Luftfahrt natürlich auch. Auf der Internationalen Luftfahrtausstellung (ILA) in Berlin stellen Hersteller und Wissenschaftler die unterschiedlichsten Ansätze vor, die das Fliegen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten umweltfreundlicher machen könnten.

Manches ist noch im Entwicklungsstadium, anderes bereits heute einsatzbereit. Zur ersten Kategorie gehört der Biotreibstoff aus Algen, den EADS Innovation Works, das Forschungsnetzwerk von Europas größten Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS, präsentiert. Algen bieten vielversprechende Möglichkeiten zur nachhaltigen Gewinnung von Treibstoffen für die Luftfahrt, die auf lange Sicht Treibstoffe aus Erdöl ersetzen können. Als Beispiel für den Stand der Technik bei der Algenproduktion wird die Prozesskette von lebenden Algen bis zum fertigen Biotreibstoff erklärt. Einen bereits in Serie produzierten Bioreaktor, der Algen zu Treibstoff verwandelt, zeigen die EADS-Forscher ebenfalls in Berlin.

Das Forschungsnetzwerk zeigt außerdem ein Hubschraubermodell mit einem futuristischen Antriebskonzept, von dem man sich eines Tages die Reduktion des Kraftstoffverbrauchs und damit eine deutliche Senkung der Abgasemissionen verspricht. Erst 15,dann 20, schließlich 30 Prozent weniger Kohlenstoffdioxid - das sind die Etappenziele, die sich das Unternehmen MTU Aero Engines bis zum Jahr 2035 gesteckt hat. Gleichzeitig sollen Stickoxide und Lärm verringert werden. Kernstück ihres Technologievorhabens "Claire" ist ein neuartiges Triebwerkskonzept, der Getriebefan, der bereits Serienreife hat.

Mit Wasserstoff in die Luft

Dass nicht nur die Autoindustrie sondern auch die Luftfahrt an der Brennstoffzelle forscht, erfährt man spätestens am Stand des deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR). Das Forschungsflugzeug Antares DLR H2 ist das weltweit erste bemannte Flugzeug, das sich mit Brennstoffzellentechnologie in die Lüfte schwingt. Start, Flug und Landung von Antares sind somit völlig CO2 frei. Das Flugzeug tankt flüssigen Wasserstoff, der in einer direkten elektrochemischen Reaktion mit dem Sauerstoff der Luft ohne Verbrennung in elektrische Energie umgewandelt wird. Während dieser partikelfreien Reaktion entsteht als Abfallprodukt ausschließlich Wasser. Antares DLR H2 hat die Einsatzfähigkeit der innovativen Antriebstechnik unter Beweis gestellt. Aktuell arbeiten die Wissenschaftler daran, die Leistungsfähigkeit der alternativen Antriebsquelle weiter zu erhöhen.

Bevor ein Flugzeug abhebt, werden bereits Unmengen von Kerosin verbraucht. Schuld daran sind die Triebwerke. Sie verarbeiten pro Sekunde etwa das Luftvolumen eines Einfamilienhauses und schlucken dabei unablässig Treibstoff - bei einer durchschnittlichen Passagiermaschine können das schon mal 700 Kilogramm sein. Bei Bewegungen der Fluggeräte müsste man auf den Einsatz von Triebwerken verzichten können, sagten sich die Forscher im Lufthansa-Entwicklungszentrum.

Auf der ILA 2010 präsentieren sie dazu einen speziellen Flugzeugschlepper, der die großen Vögel zur Startbahn schleppt. "TaxiBot", der über hochempfindliche Sensoren direkt aus dem Cockpit gelenkt wird, verbraucht selbst viel weniger Treibstoff als ein Flugzeug, bietet aber noch weitere Vorteile. So wird der Lärm vor dem Start reduziert und die gefürchteten Luftwirbel am Boden, die durch laufende Triebwerke erzeugt werden und für nachfolgende Maschinen gefährlich werden können, vermeidet das Flugzeug-Taxi auch.

Kosten vermeiden ist das Gebot der Stunde

Noch umweltfreundlicher ist es natürlich, gar nicht zu fliegen - oder zumindest die unnötige Fliegerei zu vermeiden. Bei der Heeresfliegerwaffenschule in Bückeburg wurde daher das elektronische Lernen für angehende Piloten eingeführt. Ganz ohne Praxis geht es natürlich nicht, aber durch neue Lernprogramm kann die Anzahl der Flugstunden reduziert werden - was nicht nur der Umwelt sondern der Lärm geplagten Bevölkerung und dem Budget der Bundeswehr zugute kommt. ILA-Besuche können die Lernprogramme in Augenschein nehmen.

Auch der Heli-Trainer für angehende Hubschrauberpiloten ersetzt etliche Praxisstunden. An diesem Simulator lassen sich das Starten, Landen und Schweben - die schwierigsten Phasen für Anfänger - trainieren - so der Hersteller. Die Stunden am Heli-Trainer bringen neben den Treibstoffkosten auch Start- und Landegebühren auf Null - ein Doppelargument, das vermutlich so manchen Fluglehrer überzeugt.

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