Ein grüner Pfeil zum Rechtsabbiegen nur für Radfahrer an einer roten Ampel - das wird im Laufe des Jahres in neun deutschen Städten getestet. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) startet damit ein Pilotprojekt, das bereits seit mehr als einem Jahr angekündigt wurde.
Vergleichbar mit dem grünen Pfeil für Autofahrer wird den Radfahrern an bundesweit mehr als 40 ausgewählten Kreuzungen das Rechtsabbiegen nach vorherigem Anhalten gestattet, wie es von Seiten der Behörde heißt. Neu ist, dass dieses Verkehrszeichen durch den Zusatz "nur Radverkehr" das Abbiegen bei Rot ausschließlich den Radfahrern gestattet. Autofahrer müssen warten, bis die Ampel auf Grün springt. Die bisherige Regelung mit dem Grünpfeil für Rechtsabbieger gab es in der DDR bereits seit den Siebzigerjahren, genauer: seit 1978, in die bundesdeutsche Straßenverkehrsordnung wurde sie nach der Wende 1994 aufgenommen.

Eigentlich sollte das Rechtsabbiegen trotz roter Ampel den Verkehrsfluss verbessern. Eine Studie der Unfallforschung der Versicherer (UDV) aus dem Jahr 2015 ergab allerdings, dass der Grünpfeil unterm Strich nicht zu weniger Staus führt, dafür aber Fußgänger und Radfahrer behindern oder gar gefährden kann. Der UDV folgerte deshalb: "Der Grünpfeil ist rein objektiv betrachtet ein überflüssiges Verkehrszeichen."
Der Fußgänger-Fachverband Fuss e. V. wird sogar noch deutlicher und stellte im Oktober 2018 fest: "Viele Pfeile dürften nach den Vorschriften zu ihrem Einsatz gar nicht hängen. Mehr als drei Viertel der Autofahrer brechen am Grünpfeil die Sicherheitsregeln. Das macht Grünpfeil-Ampeln zu chronischen und brandgefährlichen Konflikt- und Unfallstellen." Untermauert wird dies durch eine Studie, bei der Fuss e. V. insgesamt 505 Kreuzungen in fünf Großstädten untersucht hatte. Das Ergebnis: An den Kreuzungen mit Grünpfeil passierten in drei Jahren im Schnitt 20 Unfälle mit Personenschaden, an den Ampeln mit strikter Rot-Regelung und ohne den zusätzlichen Abbiegepfeil waren es dagegen nur 14.

Bundesweit wird der grüne Pfeil für Radfahrer in diesem Jahr nun in Bamberg, Darmstadt, Düsseldorf, Köln, Münster, Leipzig, Stuttgart und Reutlingen an 40 Kreuzungen von der BASt getestet. Auch in München sollen zusätzlich neun Ampeln das Zusatzschild für Radfahrer bekommen. Der Pilotversuch ist zunächst auf ein Jahr angelegt. Sollte das Ganze gut funktionieren und den Radfahrern das Vorankommen erleichtern, muss das Bundesverkehrsministerium entscheiden, ob der grüne Pfeil für Radfahrer dauerhaft eingeführt wird. Ob die Regelung für Autofahrer komplett abgeschafft wird, ist ebenfalls offen. Laut Schätzungen des UDV gibt es derzeit in Deutschland noch rund 5000 grüne Pfeile an Ampeln.
In anderen Ländern ist die Vorfahrt für Radfahrer schon über den Pilotversuch hinaus
In anderen Ländern ist die Vorfahrt für Radfahrer schon lange über den Pilotversuch hinaus: Die in den USA erstmals eingeführte Regel ist auch in Frankreich, Holland und Belgien Praxis. Im US-Bundesstaat Idaho etwa dürfen Radfahrer rote Ampeln wie Stoppschilder behandeln. Und auch in Paris gilt: An den mit Schildern markierten Ampeln können Radler bei Rot rechts abbiegen, wenn sie angehalten und sich umgeschaut haben. Stadtweit bekamen deshalb 1800 Ampeln ein Vorfahrt-achten-Zusatzschild mit Fahrradsymbol.