Test Toyota RAV4:Sparsames SUV

Toyota RAV4

Guck doch nicht so grimmig: Tatsächlich will der Toyota Rav4 nicht überholen, sondern Energie sparen.

(Foto: Toyota)

Der neue Toyota RAV4 sieht groß und wuchtig aus - wie ein typischer Spritfresser eben. Doch wer mit dem Auto einige Testrunden dreht, stellt fest: In der Praxis ist das SUV das genaue Gegenteil davon.

Von Joachim Becker

Ja, was denn nun? Rambo-SUV oder Öko-Auto? Spaßbremse oder Familienfreund? Der neue Toyota Rav4 lässt sich schwierig einordnen. Was für ein Unterschied zum kleineren Vorgänger mit den Kulleraugen. Statt Kindchenschema ist bei der fünften Modellgeneration klare Kante angesagt: Das riesige Kühlermaul mit den abfallenden Mundwinkeln erinnert an den Helm des dauerhaft schlecht gelaunten Darth Vader aus dem "Krieg der Sterne". Einerseits. Andererseits will der Rav4 ein genügsames Arbeitspferd mit viel Platz im unspektakulären Innenraum sein. Mit einem Einstiegspreis von 32 990 Euro ist der bequeme Raumtransporter auch nicht allzu teuer.

Viel Aufhebens um seinen Antrieb macht der Rav4 nicht. Dabei birgt er eine der wichtigsten Alternativen zu den alternativen Autos mit Ladekabel. Denn er ist ganz anders: Kein monströses Elektro-SUV, das mit 2,5 Tonnen Lebendgewicht das Klima retten will. Nicht einmal ein Plug-in-Hybrid, der zumindest 50 Kilometer elektrisch fahren kann und dafür 250 Kilogramm extra auf die Waage bringt. Viele Umweltverbände halten solche Teilzeitstromer ohnehin für einen großen Bluff. Die Deutsche Umwelthilfe etwa fordert einen Förderstopp für Dienstwagen mit dem Doppelantrieb. Stattdessen sollten Plug-in-Hybride an ihrem realen CO₂-Ausstoß mit leerer Batterie gemessen werden. Und der liegt bekanntlich um das Drei- bis Vierfache über dem Normwert, der sich nur in wohlüberlegter Steckdosen-Reichweite realisieren lässt.

Der Toyota Rav4 Hybrid will vor allem eines sein: Maximal effizient. Im 732 Kilometer langen Praxistest begnügt er sich mit 34,54 Liter Super. Das sind im Durchschnitt 4,72 Liter und damit weniger als Dieselmodelle dieser Größenklasse benötigen. Auch Plug-in-Hybride können ihn nur unterbieten, wenn sie alle 100 Kilometer am Ladekabel hängen. Dabei ist das Effizienzwunder beileibe nicht neu. Seit fast 25 Jahren spannen die Toyota-Hybride einen verschnarchten Vierzylinder und einen Elektromotor über ein Planetengetriebe zusammen. Im Testwagen schickte ein zweiter Elektromotor im elektrischen Allradsystem zusätzliches Drehmoment an die Hinterachse. In dieser Ausstattung kostet der neue Rav4 mindestens 38 490 Euro. Zur Rakete wird er dadurch auch nicht.

Wo genau sich die Leistung von 163 kW (222 PS) versteckt, ist beim Fahren nicht immer auszumachen: Der sanfte Druck auf das rechte Pedal wirkt beinahe wie ein Entschleunigungsbefehl. Gemütlich macht sich der Doppelantrieb an die Arbeit, um - nur keine Hektik - bald wieder in seinen Dämmerzustand zurückzufallen. Übertriebener Sportsgeist auf dem Fahrersitz wäre kontraproduktiv für das in vierter Generation fein ausgeklügelte Spritsparsystem. Wird die Leistung energischer angefordert, jault der Benziner auf wie ein aufgeschreckter Hofhund: Achtung, CO₂-Alarm! Viel lieber segelt die Fuhre mit leichter Elektro-Unterstützung und geringem Energieverbrauch vor sich hin. Nach und nach wird der rechte Fuß des Fahrers davon genauso phlegmatisiert wie der Verbrennungsmotor.

Man kann den Toyota als unsportlich abkanzeln - wie das die deutschen Wettbewerber lange Zeit gemacht haben. In Wirklichkeit ist er ein visionärer und konsequent weiterentwickelter Effizienzantrieb. Wenn 2030 gut ein Viertel der Neuwagen elektrisch fahren, wie die meisten Experten annehmen, hätten drei Viertel der neuen Autos noch immer einen Verbrennungsmotor unter der Haube. Die teuren Plug-in-Hybride deutscher Machart werden mit ihrer Positionierung als durchzugkräftige Dynamiker dann noch immer umstritten sein. Und die sogenannten Mildhybride mit 48-Volt-System sparen bestenfalls zehn Prozent Sprit. Toyotas Hybride ohne Ladestecker bleiben also bis auf weiteres eine überzeugende Lösung für den Massenmarkt.

Und das System ist noch lange nicht zu Ende entwickelt. Toyota will zwar im großen Stil auf reine Stromer umsteigen. Das hilft aber auch den klassischen Hybriden: Werden die Hochvolt-Akkus billiger, könnten Lithium-Ionen-Batterien auch in Autos wie dem Rav4 Einzug halten. Das ist gut für die elektrische Reichweite und einen längeren Segelmodus. Sollte der Fahrspaß davon profitieren - um so besser.

Der Testwagen wurde der Redaktion vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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