Fahrtest Mini Electric:E-Power für die Stadt

Fahrtest Mini Electric: Gelb ist die Elektroleitfarbe beim Mini. Deshalb hat das neue Modell gelbe Außenspiegel, auch die Felgen sind gelb.

Gelb ist die Elektroleitfarbe beim Mini. Deshalb hat das neue Modell gelbe Außenspiegel, auch die Felgen sind gelb.

(Foto: Bernhard Filser/Mini)

Geringe Reichweite und hoher Preis sind sein Handicap - doch auf der Straße überzeugt der neue Mini Electric. Trotz Temperament und Kurvenspaß bleibt der Komfort nicht auf der Strecke.

Von Georg Kacher

Von wegen die Lichter der Großstadt - während eines mehrstündigen Stromausfalls flackert Manhattan im fahlen Licht der Notbeleuchtung. Bis in die Morgenstunden gibt es keine Möglichkeiten, Sprit zu zapfen oder Strom zu tanken. Immerhin hat BMW den E-Mini beizeiten vollgeladen: Ladezustand 86 Prozent, angezeigte Reichweite 230 Kilometer. Der SE ist zu gleichen Teilen Mini und Cooper. Mit dem Basis-Mini identisch sind die Platzverhältnisse im Innenraum und der Kofferrauminhalt von 211 Liter. Am Cooper orientieren sich das agile Handling und die ordentlichen Fahrleistungen. Den Spurt von 0 auf 60 Kilometer pro Stunde (hier endet normalerweise die Nachsicht der New Yorker Polizei) schafft das Schnurrwerk in 3,9 Sekunden - ein Z4 3.0i kann das kein Zehntel besser. Von 0 auf 100 Stundenkilometer vergehen 7,5 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 150 Kilometer pro Stunde elektronisch abgeregelt.

Der E-Motor leistet 185 PS. Das ebenfalls vom i 3 S ausgeborgte Eingang-Getriebe überträgt das maximale Drehmoment von 270 Newtonmeter an die Vorderräder. Damit die nahezu ansatzlos verfügbare Kraft nicht wie ein Blitz in die Lenkung einschlägt und an den Karkassen der optionalen 17-Zoll-Räder zerrt, sorgt eine superschnelle Regelmimik für Disziplin im Vorderwagen. Analog zum neuen 1er hat sich auch der Cooper SE übermütiges Untersteuern ebenso abgewöhnt wie jäh abreißenden Kurvengrip und Traktionsprobleme auf niedrigen Reibwerten. Das Resultat dieser Maßnahmen ist ein absolut souveränes Eigenlenkverhalten ohne Nachtreten auf welliger Fahrbahn, instabilem Geradeauslauf und zuckendem Heck bei Lastwechseln. Der Straßenlage zuträglich ist außerdem der durch das Batteriepaket bedingte, um 30 Millimeter niedrigere Schwerpunkt.

New York ist berühmt für den Times Square, die Freiheitsstatue, die Brooklyn Bridge und den von Schlaglochpocken und Dauerbaustellen durchsetzten Asphaltdschungel. Diese Topographie macht mit vielen Autos kurzen Prozess - nicht aber mit dem Elektro-Mini, der trotz kurzem Radstand, breiten Reifen und sportlichem Charakter den anspruchsvollen Parcours erstaunlich behände bewältigt. Das verwindungssteife Auto hat das Federn und Dämpfen nicht verlernt, obwohl ein Mehrgewicht von 145 Kilogramm gegenüber dem Cooper S mit Steptronic auf den Achsen lastet. Um das Batteriepaket vor Aufsetzern zu schützen, haben die Ingenieure ein vollflächiges Unterfahrblech installiert, das die Trimmlage um 18 Millimeter anhebt. Zu den auf den ersten Blick sichtbaren Unterschieden gehören der geschlossene Grill, die Heckschürze ohne Auspuff-Endrohre sowie die in knallgelber Signalfarbe lackierten Außenspiegel.

Ein Kipphebel steuert die Stärke der Rekuperation. Ideal ist das nicht

Ein in dieser Preisklasse durchaus übliches Head-up-Display sucht man im Cooper SE ebenso vergeblich wie Paddel am Lenkrad, mit denen sich die beiden Rekuperations-Stufen intuitiv bedienen ließen. In diesem Zusammenhang würde es sich anbieten, durch gleichzeitiges Ziehen der Paddel den Freilauf zu aktivieren. Mini hat sich stattdessen dazu entschlossen, die Rekuperation über das Fahrpedal (One Pedal Feeling) und über einen Kipphebel zu steuern, der in der Mittelkonsole direkt neben dem Start-Taster sitzt. Wer nicht aufpasst, schaltet schon mal versehentlich den Antrieb ab, der erst nach einem Umweg über die Stufen P oder N wieder zum Leben erwacht - ein unnötiges Risiko, nicht nur im Stop-and-go-Verkehr. Ein prinzipbedingter Kritikpunkt betrifft den für einen Mini zu großen Wendekreis, der sich nur im Rahmen einer Neukonstruktion mit nach innen versetzten Längsträgern beseitigen ließe. Einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen an diesem 34 Grad heißen Sommertag die vier Fahrprogramme. Green+ reduziert die Klimaleistung und verbietet sich damit von selbst, Green erzieht über Gaspedal- und Motor-Kennung zum allzu defensiven Fahren, der Normalmodus MID ist ein leider nicht segelfähiger Kompromiss, Sport treibt den Verbrauch von 15 auf 25 Kilowattstunden (kWh) und mehr - zaubert aber gleichzeitig dem Fahrer ein Lächeln aufs Gesicht.

Der 32,6-kWh-Akku kann an öffentlichen Ladesäulen oder über eine 11 kW-Wallbox zu Hause in zweieinhalb Stunden zu 80 Prozent nachgeladen werden. An einer 50-kW-Gleichstromsäule geht das in nur 35 Minuten. Das speziell für den Cooper SE entworfene ovale Digitaldisplay im direkten Blickfeld des Fahrers gibt detailliert Auskunft über den Zustand der Batterie, die zur Route passenden Ladestationen und gegebenenfalls die verbleibende Ladedauer. Auch Geschwindigkeit, Telefonie und Musik werden von diesem Zentralinstrument abgebildet.

Was dem E-Mini zur Bestnote noch fehlt, ist eine kräftigere, 50 kWh starke Power-Einheit mit entsprechend größerer Reichweite, ein Assistenzpaket mit den wichtigsten teilautonomen Fahrfunktionen, ein breiter gefächerter Algorithmus in Sachen Rekuperation und Segeln - sowie an diesem ganz besonderen Tag eine Entwarnungs-SMS, als der Strom in Manhattan wieder zu fließen begann.

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