Autotest E.Go Life:Das taugt das günstige Elektroauto aus Aachen

Ego Life

Günstiger als mit dem E.Go Life kann aktuell kein E-Auto mit vier Personen unterwegs sein.

(Foto: oh)

Ein erschwinglicher City-Stromer statt der großen Batteriepanzer für die Autobahn: Den E.Go Life gibt es ab 12.000 Euro. Selbst für ein Billig-Elektroauto ist er reichlich karg - und alles andere als sparsam.

Von Christina Kunkel

Ausgerechnet ein Hochschulprofessor aus Aachen will den Autoherstellern zeigen, dass man mit kleinen Elektroautos ordentlich Geld verdienen kann. Große Batterien lehnt Günther Schuh grundsätzlich ab, die seien auch in Zukunft viel zu teuer, sagt der Gründer der E.Go Mobile AG. Stattdessen baut er einen preiswerten Stromer mit kleinem Akku und geringer Reichweite, der perfekt für Kurzstreckenfahrer sein soll. Die ersten Autos des Modells E.Go Life werden in diesen Tagen an Kunden übergeben. Aber kann das Konzept der emissionsfreien Basismobilität für die Stadt auch langfristig aufgehen?

Nüchtern betrachtet bringt der E.Go Life alles mit, was man für den Alltag braucht. Er ist zwar nur wenig größer als ein Smart Fortwo, hat aber vier Sitzplätze. Doch wenn wirklich vier Personen im Auto sitzen, gibt es nur noch einen sehr schmalen Kofferraum. Mit umgelegten Sitzen lässt sich aber der Wocheneinkauf locker transportieren.

Bei der Materialanmutung fällt einem sofort das Wort "Plastikbomber" ein. Das hört sich hart an, doch die gleichen Assoziationen ruft auch der Smart oder ein Seat Mii beim Einsteigen hervor. Wer ein günstiges Auto möchte, muss bei Design und Funktionalität Abstriche machen. Man merkt dem E.Go an, dass an vielen Ecken eben Teile verbaut wurden, die gerade günstig zu haben waren. Das gilt auch für sämtliche technischen Features. Wer das Basismodell für 12 000 Euro (nach Prämienabzug) möchte, muss unter anderem auf Klimaanlage, Sitzheizung und Parkassistenten verzichten. Mit ein bisschen Komfort kratzt auch der E.Go Life schnell an der 20 000-Euro-Marke.

Wenn man bedenkt, dass in Aachen vor vier Jahren keiner daran gedacht hat, dass dort einmal Autos hergestellt werden, hat Günther Schuh Einiges auf die Beine gestellt. Bislang hat kein anderer Hersteller ein ähnlich günstiges viersitziges E-Auto im Programm. Was daran liegt, dass der Professor für Produktionssystematik die Kosten durch günstige Materialien, aber auch durch eine besondere Produktionsweise drückt. Laufbänder gibt es in den E.Go-Produktionshallen keine. Stattdessen wird jedes einzelne Aluminium-Chassis auf einem eigenen Rollwagen umhergefahren. Eine Lackiererei braucht der Autobauer auch nicht, da die Außenhaut aus bereits eingefärbtem thermoplastischen Kunststoff besteht.

Ego Life

Eine Smartphoneanbindung über Apple Carplay oder eine Klimaanlage gibt es in der Basisversion des E.Go Life nicht.

(Foto: e.Go Mobile)

Daimler hat mit dem Elektro- Smart Verluste gemacht, kriegt E.Go jetzt die Kurve?

Bei den Spaltmaßen, die durch die Dehnungen des Kunststoffs zustande kommen, würde jeder Käufer eines Mittelklasse-Wagens die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber bei einem Start-up wie E.Go drückt man erst einmal ein Auge zu. Bis nächsten Sommer will E.Go die Produktion hochfahren, dann könnten im Drei-Schicht-Betrieb jährlich rund 30 000 Autos produziert werden - was immer noch eine Kleinserie ist. Im Moment profitiert Schuhs Firma davon, dass die Volumenhersteller ihre Produktionsweise nicht so schnell umstellen können. Im Gegenteil: VW gibt sogar seinen elektrischen Baukasten für E.Go frei, um vom Wissen des Start-ups zu profitieren. Sollte das gelingen, hat E.Go mittelfristig ein Problem, wenn andere Hersteller bessere Qualität und mehr Reichweite zu einem ähnlichen Preis anbieten.

Schon jetzt zeigt sich, dass jede Pionierarbeit auch Rückschläge bedeutet. Wer den ersten E.Go Life geordert hat, bekommt zunächst nur eine abgespeckte Variante - obwohl die erste Version 4000 Euro teurer ist als das künftige Einstiegsmodell. Weil Zulieferer Bosch die Freigabe für das elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) nicht rechtzeitig bekam, muss die First Edition zunächst ohne das Assistenzsystem auskommen. Da ohne ESP auch die Energierückgewinnung beim Bremsen (Rekuperation) nicht aktiviert werden kann, schrumpft die ohnehin schon geringe Reichweite des Kleinwagens auf etwa 100 Kilometer. Das ist laut E.Go allerdings kein Dauerzustand. Im September sollen die jetzt noch fehlenden Funktionen per Over-the-air-Update aufgespielt werden.

Die ersten frei konfigurierbaren E.Go Life werden bereits die neue Software haben und eine Reichweite von rund 150 Kilometer bieten. Damit ist der Stromer definitiv kein Auto für die Langstrecke, aber das soll er laut Günther Schuh auch gar nicht sein: "Es geht darum, dort elektrisch zu fahren, wo es ökologisch sinnvoll ist." Also im Stadtverkehr, wo ein Verbrenner vor allem im Kaltlauf und durch häufiges Bremsen und Anfahren besonders viele Schadstoffe ausstößt. Die Neugier der Kunden auf das Elektroauto aus Aachen scheint zumindest da zu sein. Die First Edition hatte über 3300 Vorbestellungen, wer seinen Wagen jetzt konfiguriert, muss mit einer Wartezeit von rund einem Jahr rechnen. Dabei zeigt sich auch, dass nicht unbedingt Sparfüchse mit kleinem Geldbeutel die typischen E.Go-Fahrer sind. Laut Günther Schuh wird der Elektroflitzer aktuell noch oft als Zweit- oder Drittwagen gekauft.

Auf der Straße ist der elektrische Kleinwagen sportlich unterwegs. Die Beschleunigung ist wie bei allen Stromern flott, auch bei der Fahrwerksabstimmung erinnert der E.Go Life eher an einen Sportwagen. Das führt unter anderem dazu, dass es auf unebenen Straßen beim Fahren doch deutlich ruckelt. Auch das Lenkrad könnte einen Tick leichtgängiger sein. Richtig Spaß macht das Fahren im Sport-Modus, in dem der E.Go sich spritzig in jede Kurve wirft. Beim Laden geht es allerdings deutlich langsamer zu. Der E.Go Life ist nicht schnellladefähig, so dass es etwa sieben Stunden dauert, bis ein leerer Akku wieder voll ist. Dazu kommt die Erkenntnis: Klein heißt nicht gleich sparsam. Laut WLTP zieht der E.Go Life in der First Edition auf hundert Kilometern 16,2 kWh Strom. Zum Vergleich: Das deutlich teurere und leistungsfähigere Model 3 von Tesla verbraucht nur 16 kWh.

Zur SZ-Startseite
Porsche Taycan
Pressefoto

Autotest Porsche Taycan
:Das E-Auto der Extreme

Schnelles Laden, hohe Reichweite, viel Drehmoment: Mit dem Taycan präsentiert Porsche einen batteriebetriebenen Sportwagen, der vieles besser können soll als Tesla. Das allerdings hat seinen Preis.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: