Süddeutsche Zeitung

Test Camper Kompanja:Nichts für Knöpfchendrücker

"Elektrik geht kaputt, Mechanik hält": Unter diesem Motto bietet Kompanja einen kompakten, leicht abgespeckten Camper an.

Von Matthias Kohlmaier

Es ist ein bisschen wie die Huhn-Ei-Frage - aber vielleicht auch gar nicht so wichtig, ob nun die in (fast) allen Bereichen der Gesellschaft angekommene Debatte übers Klima oder der Campingboom zuerst dagewesen ist. Fakt ist: Wer aus Gründen des hohen CO₂-Verbrauchs nicht mehr in den Urlaub fliegen mag, eine Zugreise aber als zu unflexibel empfindet, der geht Campen. Weil das nun schon seit Jahren immer mehr Menschen tun - freilich nicht nur des Klimaschutzes wegen - wächst der Markt für Campingbusse rasant.

Die kleine Manufaktur Kompanja aus Brühl bei Köln hat sich in diesem Segment schon seit ihrer Gründung im Jahr 2016 einen besonderen Ruf erarbeitet: Camping und Freiheit sind toll, aber bitte so ökologisch korrekt wie möglich. Damit schwimmt das Unternehmen quasi auf der Fridays-for-Future-Welle. Entstanden ist es aber aus ganz pragmatischen Gründen als Idee zweier Kumpels.

Als begeisterte Outdoorsportler hatten sie über Jahre Busse nach ihren Bedürfnissen umgestaltet, um dann das Hobby zum Beruf zu machen. Auf Basis des Kastenwagens Renault Trafic bauen Christoph Kneer und Uli Diefenbach nun einen Camper, der ganz anders ist als die Konkurrenz, etwa der VW California oder der Marco Polo von Mercedes. Denn eins vorweg: Der Kompanja ist kein Bus für Knöpfchendrücker. Wer etwas umbauen mag, ob nun das Aufstelldach, die Sitze oder den Esstisch, muss Hand anlegen. "Elektrik geht kaputt, Mechanik hält", sagt Mitgründer Kneer und grinst sehr fröhlich in seinen Vollbart. Und damit ab zur Testreise.

Die beginnt mit einer etwas überraschenden Erkenntnis: Die 145 PS beschleunigen den Renault Trafic X 82 Komfort nicht nur recht zügig, die Schaltung ist auch entgegen aller Vorurteile über französische Karossen weich und angenehm; der Kompanja gleitet in Stadt und Land stressfrei dahin. Auf der Autobahn tut er das, gepaart mit der ordentlichen Beschleunigung, so stressfrei, dass nach nicht mal einer Stunde Fahrzeit ein Lichtblitz aus dem Verkehrsleitsystem darauf hinweist, dass der Fahrer seinen Gasfuß mäßigen sollte.

Aber auch, wenn er sie brav erfüllt, ist das Fahren ja nur die sekundäre Aufgabe dieses Wagens, das Wohnen seine wichtigere. Einmal am Zielort abgestellt, ist das Hubdach mit ein paar Handgriffen aufgestellt, die Vordersitze um 180 Grad gedreht und das Wohnzimmer damit eingerichtet. Zu zweit lässt es sich dort bequem leben - wenngleich der Kompanja das ja eigentlich gar nicht will.

Camping findet schließlich draußen statt, und darauf ist dieser Bus auch vorbereitet: Küchenzeile und Kühlschrank sind nicht wie bei vielen Konkurrenten hinter dem Fahrersitz eingebaut, sondern befinden sich in einem großen Holzkasten an der Schiebetür. Vorteil: Man kann nicht nur draußen - und aufrecht stehend - kochen, auch der 35-Liter-Kühlschrank ist bequem erreichbar, ohne sich dafür jedes Mal quer durchs Auto recken zu müssen.

Umgeben ist der Urlauber dabei von viel Holz - und wenig Plastik. Darauf verzichtet Kompanja wann immer möglich, der Boden besteht zu großen Teilen aus recyceltem Material ohne Weichmacher und das verwendete Holz stammt aus nachhaltiger Produktion. "Wo immer wir kurze Lieferwege einhalten können, machen wir das auch", sagt Firmengründer Christoph Kneer über die Materialauswahl. Natürlich komme das Auto aus Frankreich und bei Teilen wie dem von extern gelieferten Hubdach müsse man Kompromisse eingehen: "Aber das Thema Nachhaltigkeit liegt uns am Herzen." Und dabei ist man auch in der Werkshalle so konsequent, dass in jeder Mittagspause für alle Mitarbeiter gemeinsam vegan gekocht wird.

Das Bett ist so konstruiert, dass darunter noch viel Stauraum bleibt

Auch beim Thema Schlafen geht der Kompanja eigene Wege. Wo Fahrer und Beifahrer in anderen Bussen die Rückbank zum Bett umklappen müssen, betten sie sich im Kompanja auf einen hoch gelegenen Ausziehlattenrost, der auf den umgeklappten Lehnen der Rücksitze aufliegt. Das bringt beispielsweise Outdoorsportlern eine Menge Stauraum unter dem Bett, wo von der Sportausrüstung bis zum Grill alles Platz findet. Der bessere Schlafplatz liegt dennoch unter dem Dach: Dort ist zwar kein Lattenrost verarbeitet wie zum Beispiel im VW California, auf der Matratze auf Tellerfedern schläft es sich aber ebenso gut. Dieses stabile Bett mit Aussicht bietet auf einer Fläche von 135 mal 195 Zentimetern genügend Platz für zwei.

Bleibt die Frage nach dem Preis. Der liegt für die Basisversion knapp jenseits der 50 000 Euro; der von der SZ getestete Bus mit allem Schnickschnack, den die Zubehörliste hergibt, kam auf gut 67 000 Euro. Dafür bekommt der Naturfreund zwar keinen CO₂-neutralen Urlaub, aber einen Bus, der sich zumindest ein wenig ökologische Mühe gibt. Dafür stehen auch die Solarpanele auf dem Dach, die den Kühlschrank sowie mehrere Smartphones während des zehntägigen Tests ohne zusätzliche Stromzufuhr mit Energie versorgten.

Wer also auf etwas elektronischen Komfort verzichten kann, dürfte mit dem Kompanja zügig warm werden. Interessenten benötigen allerdings etwas Geduld: Da sich der Absatz der kleinen Firma mit ihren gerade mal elf Angestellten zuletzt auf 96 Fahrzeuge pro Jahr in etwa verdoppelt hat, beträgt die Wartezeit aufs eigene mobile Zuhause derzeit zwölf Monate. Und wenn man den Unternehmensgründern glaubt, wird sich das auch in naher Zukunft kaum ändern: "Wir wollen kein Riesenkonzern werden, sondern den Manufakturcharme beibehalten", sagt Miteigentümer Kneer.

Das Fahrzeug wurde der Redaktion zu Testzwecken vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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Quelle:
SZ vom 05.10.2019/cku
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