Süddeutsche Zeitung

Suzuki Celerio im Test:Gutes kann auch billig sein

Was nichts kostet, ist nichts wert? Der nicht einmal 10 000 Euro teure Suzuki Celerio braucht nicht lange, um diese These zu widerlegen.

Von Thomas Harloff

Es gibt Modelle, die sind vollgestopft mit Technik. Modelle, für die ihre Käufer Unmengen an Geld ausgeben, nur um später festzustellen, dass sie die meisten Systeme überhaupt nicht nutzen. Irgendwann beschleicht einen das Gefühl, die ganzen Technologien dienen mehr dem Image des Herstellers als dem Fahrer des Produkts. Irgendwann hat man den Eindruck, dass es sich um eine Art milliardenschwerer Selbstbeweihräucherung des Autobauers handelt, für die sich Kunden nur allzu leicht instrumentalisieren lassen, indem sie das System durch überzogene Preise refinanzieren.

Doch am anderen Ende des Spektrums formiert sich ein immer größerer Widerstand gegen die Hightech-Aushängeschilder des modernen Automobilbaus. Da gibt es immer mehr Autos, die nicht mehr mitbringen als das, was man wirklich braucht. Autos der Unter 10 000-Euro-Klasse, die sich auch Normal- und Geringverdiener ohne ein ausgeklügeltes Finanzierungsmodell als Neuwagen leisten können. Autos wie den Dacia Sandero. Oder den Opel Karl. Oder, ebenfalls neu im Discount-Angebot, den Suzuki Celerio.

Mit dem Charme des Bodenständigen

Während andere Autos selbständig lenken, bremsen und einparken können, sind die modernsten technischen Dreingaben des Suzuki ein Bluetooth-fähiges CD-Radio mit MP3-Funktion und USB-Anschluss, ABS und ESP, eine Berganfahrhilfe und ein Start-Stopp-System. Wo andere Autos bis ins Detail ausgefeilte Türinnenverkleidungen haben, hinter denen sich Unmengen an Kabeln und Stellmotoren befinden, hat der Celerio schmale Türpappen. Die sind natürlich aus Plastik gefertigt, die Bezeichnung ist aufgrund ihrer haptischen Anmutung dennoch gerechtfertigt. Ob die Ausdünstungen des Hartplastiks dafür sorgten, dass der Testwagen innen nach Gras - also dem Gras, das man rauchen kann - roch, ein Putzmittel auf Biobasis oder vielleicht doch der Autotester, der den Suzuki zuvor fuhr, konnte nicht rekonstruiert werden. Der Geruch ändert jedoch nichts daran, dass die so offen zur Schau gestellte Bescheidenheit den Charme des Bodenständigen versprüht, der all diesen technokratisch durchgestylten Hightech-Boliden fehlt.

Während der ersten gefahrenen Meter sammelt der Suzuki weitere Pluspunkte. Zum Beispiel durch die Sitze. Denen fehlt es zwar an Seitenhalt, aber sie sind bequem und lassen sich so weit verstellen, dass es verschmerzbar ist, dass das Lenkrad nur in der Höhe justiert werden kann. Auch das Platzangebot überzeugt. Vier Erwachsene passen locker in den 3,60-Meter-Zwerg, und falls sich einer von ihnen über zu wenig Raum zur körperlichen Entfaltung beklagt, liegt das eher an dessen Statur als am Auto. Das Gepäck reist ebenfalls kommod. Der Kofferraum schluckt je nachdem, ob die Rücksitzlehne aufrecht bleibt oder eingeklappt wird, 254 bis 1053 Liter.

Der Motor knurrt, die Lautsprecher quäken

Und dann lässt sich das Auto auch noch kinderleicht bedienen. Kein ewiges Suchen in Bordcomputer-Menüs, kein stundenlanges Interpretieren kryptischer Symbole, keine Ablenkung beim Versuch, mit dem Zeigefinger viel zu kleine Touchscreen-Bedienfelder anzupeilen. Der Celerio hat große und klar bezeichnete Tasten und Regler, die gut erreichbar sind und von denen es eine überschaubare Anzahl gibt. Diese Klarheit hat viel Erfrischendes. Nur Radio und Sound enttäuschen. Die Musik quäkt so erbärmlich durch die maximal vier Lautsprecher, dass selbst der knurrende Dreizylindermotor auf Dauer die angenehmere akustische Untermalung ist.

Das Triebwerk arbeitet unter schwierigen Voraussetzungen. Auf die drei Brennräume verteilt sich ein Hubraum von nicht einmal einem Liter. Technische Lösungen zur Leistungssteigerung wie die Aufladung per Turbo oder Kompressor kennt der Celerio nur vom Hörensagen. So quetscht er gerade einmal 68 PS und maximal 93 Newtonmeter aus seinem winzigen Motörchen. Aber, und das passt zum Charakter dieses Autos, der Dreizylinder ist ein Kämpfer mit vorbildlicher Arbeitseinstellung, der das Optimum aus den bescheidenen Mitteln herausholt. Dabei helfen ihm das geringe Leergewicht von 890 Kilogramm und das präzise zu schaltende manuelle Fünfgang-Getriebe, dass die Ingenieure in den unteren Gängen kurz gestuft haben, damit der Japaner beim Beschleunigen ordentlich aus den Startblöcken kommt. Von null auf 100 km/h mag er 14 Sekunden brauchen, aber auf Innenstadttempo kommt der Celerio nicht langsamer als die anderen. Mit nur 1,60 Meter Breite und seiner ebenso leichtgängigen wie zielgenauen Lenkung zischt er nur so durch die City und erobert auch kleine Parklücken für sich.

Seinen überraschendsten Charakterzug offenbart der Suzuki, sobald man einen Ausflug auf die Autobahn unternimmt. Mit offiziell 155 km/h sollte er hier eher zu den Langsameren zählen, aber der lang übersetzte fünfte Gang macht einiges möglich. Den entsprechenden Anlauf und einen etwas abschüssigen Streckenverlauf vorausgesetzt, wandert die Tachonadel immer mal wieder über das von der Tachoskala gesetzte 180-km/h-Limit hinaus. Dabei wird der Celerio nicht etwa zum lauten und nervösen Zitterer, der heftig ins Wanken gerät, sobald er beim Überholen aus dem seitlichen Windschatten eines 40-Tonners fährt. Gelassen, in sich ruhend und viel Sicherheit vermittelnd zieht er seine Bahn und hinterlässt ob seiner Schnelligkeit einige fragende Gesichter hinter den Lenkrädern der Autos, die ihn gerade auf der linken Spur passieren lassen mussten.

Wer das Gaspedal derart malträtiert, darf sich nicht wundern, wenn er die Zeche an der Tankstelle zahlt. Tatsächlich konsumierte der Celerio während des vorrangig auf der Autobahn und im Stadtverkehr absolvierten Tests 6,4 Liter. Dabei sollten es 3,6 sein, wenn er, wie der Testwagen, mit dem 1100 Euro teuren Eco+-Spritsparpaket ausgerüstet ist. Nutzt man den Kleinwagen allerdings im Rahmen dessen, wofür er vorrangig konstruiert wurde, nämlich anspruchslos die alltäglich anfallenden Dinge zu erledigen und nur selten auf große Fahrt zu gehen, sollte man keine Mühe haben, einen Durchschnittsverbrauch mit einer Vier vor dem Komma zu erreichen.

Die Spritspar-Technologien rechnen sich nicht

Günstige Spritkosten sind also garantiert, und auch sonst gibt sich der Suzuki Celerio Mühe, das Budget seines Besitzers zu entlasten. Die Kfz-Steuer kostet 20 Euro im Jahr, die Versicherungseinstufung ist günstig, der Kaufpreis sowieso. Die 9690 Euro teure Basisversion muss es nicht unbedingt sein, denn die bietet weder das Radio noch die Vorhangairbags für vorne und hinten, die in den beiden höherwertigen Ausstattungslinien serienmäßig sind. Empfehlenswert ist die mittlere Club-Ausstattung, die alles beinhaltet, was man braucht und 1200 Euro zusätzlich kostet. Ob man das Eco+-Paket wählt, will wohlüberlegt sein, denn bis sich dessen Kosten amortisieren, bedarf es vieler gefahrener Kilometer.

Doch egal ob mit oder ohne Spritspar-Technologien und unabhängig von der Ausstattung: Der Suzuki Celerio ist ein ehrliches, komfortabel gefedertes, sicheres (ab der Club-Ausstattung bietet er sechs Airbags) und praktisches Auto, das sich in der Stadt genauso wohlfühlt wie auf der Autobahn. Er begeistert durch seine Bescheidenheit - und wenn man ehrlich ist, reicht das voll und ganz.

Technische Daten Suzuki Celerio 1.0 Eco+ Club:

R3-Benzinmotor mit 1,0 Litern Hubraum; Leistung 50 kW (68 PS); max. Drehmoment: 93 Nm bei 3500/min; Leergewicht: 890 - 920 kg; Kofferraum: 254 - 1053 l; 0 - 100 km/h: 14,0 s; Vmax: 155 km/h; Testverbrauch: 6,4 l / 100 km (lt. Werk: 3,6; CO2-Ausstoß: 84 g/km); Euro 6; Grundpreis: 11 990 Euro

Der Testwagen wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

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