SUVs im Test:Gedrängel in der Mittelklasse

Mit dem Grandland X will Opel bei den Kompakt-SUVs mitmischen, genau wie der neue Jeep Compass. Doch das Segment ist hart umkämpft.

Von Peter Fahrenholz

Als der Vertreter eines deutschen Premiumherstellers auf dem Genfer Autosalon Anfang März mit der Frage konfrontiert wurde, welche Modelle denn besonders gut liefen, fiel seine Antwort eben so kurz wie lapidar aus: Alles, was ein SUV ist. Vielleicht wird man in einigen Jahren mit Erstaunen auf jene Zeit zurückblicken, in der Fahrzeuge angesagt waren, die auf unterschiedliche Art eine Kreuzung aus großen, kompakten und kleinen Autos mit hochbeinigen Geländewagen waren. Hauptsache, schön hoch sitzen. Die Käufer lieben sie, also schieben die Hersteller ein Modell nach dem anderen in den Markt. Wer zu spät kommt oder die Modernisierung seiner Flotte verpasst, muss zusehen, wie die Konkurrenz glänzende Geschäft macht.

Besonders groß ist das Gedrängel in der Kompaktklasse. Hier tummelt sich praktisch die ganze Autowelt mit Fahrzeugen, die sich oft ähneln wie ein Ei dem anderen. Seit einigen Monaten sollen zwei Modelle mitmischen, von denen eines tatsächlich ganz neu, das andere immerhin ganz neu aufgelegt ist: der Opel Grandland X und der Jeep Compass.

Opel kommt um Jahre zu spät

Wenn ein Hersteller ein ganz neues Auto präsentiert, tun die Marketingstrategen gerne so, als sei soeben das Rad neu erfunden worden. Im Falle des Grandland X, mit dem Opel seine SUV-Flotte komplettiert, wäre das allerdings ein untauglicher Versuch. Denn Opel kommt mit diesem Modell eigentlich um Jahre zu spät. Jahre, in denen unzählige Konkurrenten aus Asien und Europa schon diverse Modellwechsel hinter sich haben und bestens eingeführt sind.

SUVs im Test: Mit dem Grandland X komplettiert Opel seine SUV-Flotte. Geländeambitionen sollten die Fahrer allerdings nicht haben, denn dem Wagen fehlt ein Allradantrieb.

Mit dem Grandland X komplettiert Opel seine SUV-Flotte. Geländeambitionen sollten die Fahrer allerdings nicht haben, denn dem Wagen fehlt ein Allradantrieb.

(Foto: Hersteller)

Im Falle des Grandland X kommt noch eine besonders unangenehme Konkurrenz im eigenen Haus dazu. Der Grandland X wurde auf einer gemeinsamen Plattform mit dem Peugeot 3008 entwickelt, lange bevor der französische PSA-Konzern Opel übernommen hat. Was als kostensparende Synergie begonnen hat, könnte mit der Vernachlässigung des deutschen Zwillings enden. Es dürfte jedenfalls interessant sein, ob die Franzosen bei der weiteren Modellpflege beiden Autos die gleiche Liebe und Aufmerksamkeit zukommen lassen. Auf dem Genfer Autosalon jedenfalls standen die Peugeots und Citroëns auf dem gemeinsamen PSA-Stand, während Opel dort überhaupt nicht vertreten war.

Neustart für den Compass

Bei Jeep ist der Fall anders gelagert. Natürlich hat man beim ältesten Geländewagenhersteller der Welt, der zum Fiat-Chrysler-Konzern gehört, keine Probleme damit, SUVs zu bauen. Und im Kompaktsegment, wo Autos wie der Nissan Quashkai oder der VW Tiguan seit Jahren reüssieren, gab es seit 2007 auch schon das Modell Compass. Doch dessen erste Version war von Design, Innenausstattung und Fahrleistungen so gruselig, dass sie 2009 vom deutschen Markt genommen wurde. Auch das Facelift, das 2011 herauskam, fand nicht viele Liebhaber.

SUVs im Test: Einen Allradantrieb bietet der völlig neu konzipierte Compass von Jeep, der sogar Fahrmodi für Sand und Schlamm offeriert.

Einen Allradantrieb bietet der völlig neu konzipierte Compass von Jeep, der sogar Fahrmodi für Sand und Schlamm offeriert.

(Foto: Hersteller)

Also entschloss man sich zu einem kompletten Neustart mit dem Compass, denn in dieser Klasse werden nun einmal besonders viele Autos verkauft. Ehe sie einen neuen Irrweg beschritten, gingen die Jeep-Designer lieber kein Risiko ein, sondern machten aus dem neuen Compass eine kleinere Variante des populären Grand Cherokee. Herausgekommen ist ein durchaus gefälliges Auto, das auch bei der Qualität deutlich zugelegt hat. Mit dem Compass ist Jeep auf jeden Fall wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz in diesem Segment. Und auch Opel hat mit dem Grandland X ein äußerlich gelungenes Auto auf die Räder gestellt, weniger extrovertiert und verspielt als der französische Zwillingsbruder, nüchterner, aber nicht bieder.

Beide Modelle standen sich im SZ-Test mit vergleichbarer Leistungscharakteristik gegenüber. Der Grandland X mit einem 1,2 Liter Dreizylinder-Turbo Benziner mit 130 PS und Sechsgang-Schaltgetriebe, der Compass mit einem 2,0 Liter-Diesel mit 140 PS und neunstufiger Automatik. Der Opel ist gut acht Zentimeter länger als der Jeep (4,47 Meter zu 4,39 Meter), mit 1350 Kilo aber deutlich leichter als das US-SUV (1615 Kilo).

Grandland X durchzugsstark, Compass sparsam

Der Dreizylinder von Opel ist überraschend durchzugsstark, in der Stadt oder auf der Landstraße hat man nicht das Gefühl, untermotorisiert unterwegs zu sein. Die Quittung folgt aber, wenn sich der Motor über längere Zeit anstrengen muss, und zwar an der Tankstelle. Nach einer Fahrt mit mehreren längeren Autobahnabschnitten schnellte der Verbrauch auf 9,4 Liter pro 100 Kilometer hinauf, 75 Prozent mehr als die 5,4 Liter, die Opel als kombinierten Verbrauch ausweist.

Wer vom Opel in den Jeep umsteigt, hat zunächst das Gefühl, in einem Traktor zu sitzen, wenn auch in einem Traktor mit Komfort, denn das Dieselaggregat nagelt bei kalten Temperaturen unüberhörbar. Auf längeren Strecken ist der Compass aber ein unaufgeregtes, leises Fahrzeug, die Automatik agiert eher im Komfortmodus. Der Verbrauch lag im SZ-Test bei 6,6 Liter pro 100 Kilometer, das ist zwar mehr als der Normverbrauch (5,7 Liter), aber deutlich moderater als beim Opel.

Flotte Kurvenwedler sind beide nicht, bauartbedingt haben SUVs wegen ihrer größeren Höhe nun mal eine größere Wankneigung, und je weniger diese durch härte Federung und straffere Dämpfung bekämpft wird, desto deutlicher spürt man sie. Es ist also eher ein gemäßigter Fahrstil angesagt.

An Assistenzsystemen lassen sich die heute üblichen Helfer ordern, empfehlenswert ist bei beiden Autos auf jeden Fall eine Rückfahrkamera, denn die Sicht nach hinten ist SUV-typisch schlecht. Die Preise beginnen beim Opel bei 23 700 Euro, beim Jeep bei 24 900 Euro jeweils für die einfachste Variante und lassen sich natürlich durch alle möglichen Pakete kräftig nach oben schrauben.

Auch wenn beide SUVs im gleichen Segment unterwegs sind, werden sie wohl ganz unterschiedliche Kunden ansprechen. Der Grandland X ist im Grunde eine höhergelegte Limousine für komfortables Gleiten. Der Jeep hingegen verströmt ein viel klareres Geländewagen-Feeling. Dazu trägt neben dem Allradantrieb auch der Fahrmodusregler bei, den man etwa auf Sand oder Schlamm einstellen kann. Auf solchem Untergrund werden die Compass-Fahrer in der Praxis wohl nie unterwegs sein. Aber zumindest träumen können sie davon.

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