SUV-Vergleichstest:Der BMW X2 beherrscht seine Rivalen

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Mit ein bisschen Ausstattung ist der BMW X2 deutlich teurer als Jaguar E-Pace und Volvo XC40. (Foto: Thomas Salt)

Der SUV-Neuling setzt sich gegen den Jaguar E-Pace und Volvo XC40 durch. Dabei zeigt auch er Schwächen - nicht nur bei den Kosten.

Von Georg Kacher

Schon die Testanordnung polarisiert: Warum Diesel-Dreckschleudern miteinander vergleichen, wo es doch saubere Benziner gibt? Weil Vorurteile nur darauf warten, entkräftet zu werden. Sowohl der BMW X2 als auch der Volvo XC40 erfüllen die künftige Euro 6d-Temp-Abgasnorm. Weniger Emissionen gehen kaum, denn die neuesten Verbrenner-Modelle unterschreiten die Grenzwerte auch im wirklichen Leben.

Nur der Jaguar kann da aktuell noch nicht mithalten, doch auch die Engländer müssen bis Herbst nachrüsten. Für Sofortbesteller mag der E-Pace damit aus dem Rennen sein. Wer mittel- bis langfristig auf Nummer sicher gehen will, sollte das Vermarktungsrisiko ohnehin dem Hersteller übertragen, das heißt in den meisten Fällen: leasen statt kaufen.

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Für einen Dacia Duster entscheidet man sich wegen des Preises, doch sobald Image und Prestige ins Spiel kommen, wird die Vernunft gerne ausgeblendet. Klar, Tiguan, Tuscon, Kuga oder Grandland X wären empfehlenswerte und deutlich günstigere Alternativen zu Audi Q3, Mercedes GLA und zu unserem Trio, aber es fehlt der Premium-Touch - der durchaus sein Geld wert sein kann. So ist der X2 fahrdynamisch kaum zu toppen, der aristokratisch-gediegene Jaguar kostet in der Basis keine 3000 Euro mehr als ein Skoda Kodiaq mit ebenfalls 150 PS, der nonkonformistische Volvo ist zumindest eine umweltfreundliche Zwischenlösung, bis 2020 der vollelektrische Polestar 2 auf den Markt kommt. Obwohl sonst zu oft der Kopf entscheidet, gibt ihm der Bauch diesmal gleich doppelt kontra. Warum eigentlich kein Coupé wie den X2, warum keinen Beinahe-Range Rover wie den E-Pace, warum keinen XC90 in klein?

BMW verlangt für den nackten X2 43 800 Euro; der mit 21 Extras vollgepackte Testwagen steht mit 63 800 Euro in der Liste. Der Jaguar E-Pace D 180 kostet in der Basis 39 550 Euro und ist mit entsprechender Ausstattung 57 286 Euro teuer. Den Volvo XC40 D4 gibt es ab 44 800 Euro; das erstrebenswerte Momentum-Paket treibt die Rechnungssumme auf 48 550 Euro.

Praxisverbräuche von etwa zehn Litern

Wem es vor allem um Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit geht, ist in dieser Fahrzeugklasse fehl am Platz. Abgesehen davon liegen Leistung und Drehmoment der Kandidaten ebenso dicht beisammen (BMW 190 PS/400 Nm, Jaguar 190 PS/ 400 Nm, Volvo 180 PS/430 Nm) wie die Praxisverbräuche von knapp unter bis knapp über zehn Liter. Der X2 ist spritzig und schnell, der E-Pace wirkt bemüht, aber nicht sonderlich ehrgeizig, der Volvo kann mehr oder weniger locker mithalten. Kaltstarts erinnern hier wie dort an Diesel-Eigenheiten, die man längst gebändigt glaubte und die Laufruhe könnte allen dreien größer sein.

Die Coupé-Variante des BMW sieht fetziger aus als der X1, hat aber einen kleineren Kofferraum und kostet 1600 Euro mehr. Beide Modelle haben im Fachgebiet Federn und Dämpfen nur den Grundschulabschluss. Diesen Eindruck hinterlässt zumindest das M Sport X-Paket mit 19-Zoll-Rädern und harter Abstimmung. In dieser Konfiguration rollt der BMW fast so spröde ab wie ein M3, lässt die Insassen Bodenunebenheiten gnadenlos spüren und verwechselt gerne mal Spontaneität mit Nervosität: Ein tolles Auto für frisch geteerte Autobahnauffahrten, aber die falsche Wahl für in die Jahre gekommene Nebenstraßen. Dafür lenkt der X2 so präzise und feinfühlig, als habe der Hersteller mit reichlich künstlicher Intelligenz nachgeholfen. Dabei ist es in Wirklichkeit ein seltener Fall von gefühlsechtem Fahrbahnkontakt ohne Filter oder Verstärker.

Beim E-Pace handelt es sich im Prinzip um einen neu eingekleideten Range Rover Evoque, und der hat bekanntlich bald sieben Jahre auf dem Buckel. Da überrascht es nicht, dass der Jaguar vor allem von seinem Flair lebt, vom stimmigen Design, der ordentlichen Ausstattung und vom großen Namen. Das verbesserte Infotainment setzt dagegen immer noch keine Maßstäbe, die Werkstoffe erinnern eher an Sainsbury´s als an Harrods, der Vierzylinder ist vergleichsweise laut, rau und drehfaul.

Auf der Habenseite darf der Brite den größten Kofferraum, das größte AdBlue-Reservoir und die größte Beinfreiheit im Fond für sich beanspruchen, aber die dicken Pluspunkte sammelt er anderswo. Zum Beispiel mit seinem geschmeidigen Fahrwerk, der ausgewogenen Lenkung, der aufmerksamen Neunstufen-Automatik und den souveränen weil kräftigen und leicht dosierbaren Bremsen. Was das Auto von der Insel, das bei Magna in Graz gebaut wird, am Ende zum Verhängnis wird, ist das viel zu hohe Gewicht von 1843 Kilogramm. Der XC40 wiegt 100 Kilo weniger, der X2 ist gar 168 Kilo leichter, selbst der größere F-Pace macht 68 Kilo gut.

Obwohl offenbar auch Volvo glaubt, dass SUV-Kunden es kernig-straff mögen, bleibt dem XC40 genug Restfederweg, um den Kickbox-Effekt der optionalen 19-Zoll-Räder zu kompensieren. Lange Wellen schlucken alle drei Teilnehmer mit Bravour, und genauso einig sind sie sich in ihrer Abneigung gegen Querfugen. Der Volvo lenkt lässig-präzise wie ein guter Dirigent sein Orchester, er ist ein ordentlicher Gleiter ohne Quertreiber-Ambitionen, sein Eigenlenkverhalten wirkt ausbalanciert und geerdet.

Nicht nur optisch, auch charakterlich unterscheiden sich die drei SUVs stark. (Foto: Thomas Salt)

Nur die Bremse lässt unter Druck spürbar nach, und das träge Geartronic-Getriebe mag selbst im Sportmodus nicht spontan zurückschalten. Außerdem fehlen Schaltwippen am Lenkrad, und der Volvo-typische Doppelklick beim Einlegen der Stufen D oder R ist einfach nur nervig. Ähnliches gilt für das wenig intuitive Infotainment. Die Bedienoberfläche, die Anzahl der Eingabeschritte und die Menüführung sind unnötig komplex.

Natürlich will erstmal die Eingangsfrage "Diesel oder Benziner" geklärt sein. Auch ob es den Allradantrieb wirklich braucht, muss jeder für sich entscheiden. Doch nichts bestimmt den Charakter dieser Autos so nachhaltig wie die Ausstattung. Der Volvo ist mit R-Paket und Sportfahrwerk nur noch halb so charmant wie im Goldene-Mitte-Trimm, der Jaguar mutiert als HSE zum opulenten Luxus-Schlitten, beim X2 erfordern die spitz ausgelegten Varianten im Alltag ausgeprägte Nehmerqualitäten.

Noch fehlt jede Art von Elektrifizierung

Leistungsmäßig ist rundum noch Luft nach oben. BMW verbaut gegen Aufpreis einen 231 PS starken Diesel, der kräftigste Jaguar-Selbstzünder bringt es sogar auf 240 PS, Volvo hat den D5 mit 235 PS in der Hinterhand. Was bislang leider fehlt, ist jede Art von Elektrifizierung. Selbst den eigentlich serienreifen Mild-Hybrid sucht man ebenso vergebens wie ein 48-Volt-Bordnetz und den dadurch möglichen Boost-Effekt, der die Anfahrdelle ausbeult und beim Beschleunigen das Turboloch zuschüttet.

Fazit: Der BMW beherrscht seine Rivalen souverän. Er kann fast alles besser, doch den Haken am Sportfahrwerk sollte man genau überdenken. Der Volvo gefällt sich als nonkonformistischer Underdog mit Stil und Substanz, aber ohne ausgeprägtem Ehrgeiz auf leeren Autobahnen und kurvigen Nebenstrecken. Der Jaguar ist deutlich günstiger, aber eben auch weniger attraktiv als der leichtere und agilere F-Pace, und mit dem Evoque-Nachfolger von Land Rover läuft sich schon der nächste Konkurrent aus dem eigenen Haus warm.

© SZ vom 24.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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