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SUV im Fahrbericht:Der erste Maserati mit Anhängerkupplung

Die Auto-Edelschmiede spielt jetzt bei den SUVs mit. Der Levante ist außen riesig, aber trotzdem flott zu fahren - und innen ziemlich eng.

Test von Michael Specht

Der Aufschrei kommt verlässlich. Immer wenn eine Sportwagenmarke ein SUV auf den Markt bringt, sind die Traditionalisten auf dem Baum. "Ruin der Marke" heißt es dann, und es klingt wie der Untergang des Abendlands. So wie damals, vor 14 Jahren, als Porsche den Cayenne brachte. Heute machen in Zuffenhausen Cayenne und Macan mehr als 60 Prozent der Verkäufe aus. Von solchen Zahlen träumt auch Maserati. "Der Levante wird unser Volumenmodell", sagt Harald Wester. Der Maserati-Chef rechnet für 2017 mit 30 000 verkauften SUVs. Das wäre mehr, als die Marke von allen anderen Modellen zusammen verkauft.

Man darf also gespannt sein. Mit dem Design des Levante machten die Italiener keine großen Experimente, sie hielten sich an die Linien des Ghibli. Nur, dass hier alles viel wuchtiger daherkommt. Das SUV ist fünf Meter lang, zwei Meter breit und wiegt 2,2 Tonnen. Als Basis dient ihm die Technik des Ghibli, inklusive dessen Allradsystem.

Diesel schlägt Benziner

Was die Motoren angeht, dürfte man in Europa wohl den Dreiliter-V6-Diesel bevorzugen. Der 275 PS starke Sechszylinder klingt kernig und schickt sein maximales Drehmoment von 600 Newtonmeter schon bei 2000/min in die Achtgangautomatik von ZF. Das reicht, um ausgesprochen souverän unterwegs zu sein. 7,2 Liter gibt Maserati als Normverbrauch an, neun bis zehn Liter dürften es tatsächlich sein.

Der Dreiliter-V6-Benziner beeindruckt auf dem Papier zwar mit 430 PS. Doch der bullige Antritt, wie ihn der Diesel aus dem Ärmel schüttelt, fehlt ihm. Er will gedreht werden, damit es vorwärtsgeht. Gebaut wird das Aggregat übrigens bei Ferrari in Maranello. Ob auch ein V8 kommt, wie er beispielsweise im Quattroporte steckt? "Vielleicht mal eine kleine Serie," deutet Wester vage an. 2018 soll es aber auf jeden Fall einen Plug-in-Hybrid geben.

Äußerst handlich und flott

Um vor allem dem Cayenne Paroli bieten zu können, haben die Entwickler den Levante klar auf Agilität und Dynamik getrimmt. Alle Modelle sind luftgefedert und haben elektronisch verstellbare Dämpfer, eine Doppelquerlenker-Vorderachse und Fünflenker-Hinterachse mit mechanischem Sperrdifferenzial. Zusammen mit einer Achslastverteilung von 50:50 und dem angeblich niedrigsten Schwerpunkt im Segment lässt das den Levante in der Tat äußerst handlich und flott durch Kurven fahren. Da vergisst man sogar das hohe Gewicht.

Dafür tut man sich in der Stadt schwer. Enge Gassen und Parkhäuser sind erkennbar nicht sein Revier, auch wenn Sensoren und Kameras für ein wenig Erleichterung sorgen und die Außenwelt aufs Display im Armaturenbrett werfen.

Enttäuschendes Platzangebot

Ansonsten ist innen alles klassisch Maserati, zur Volldigitalisierung und virtuellen Instrumenten wollte man sich noch nicht durchringen. Vorerst begnügt man sich mit "Touch Control Plus", dem neuen Multimediasystem inklusive Dreh-Drück-Regelung und Fingerwischen auf dem 8,4 Zoll großen Bildschirm. Und Komfort ist überall: Sitzposition, Verarbeitung und Auswahl der Materialien sind tadellos, auch hinten sitzen Erwachsene bequem.

Enttäuschend ist dennoch, dass der Levante trotz seiner üppigen Außenmaße innen ziemlich eng geschnitten ist. Auch der Kofferraum mit seinen 580 Litern ist allenfalls durchschnittlich. Liegen die Rücksitzlehnen flach (keine Entriegelung vom Laderaum aus), sollen es 1600 Liter sein. Zum Vergleich: In den neuen Tiguan, immerhin einen halben Meter kürzer und damit zwei Klassen kleiner, passen 615 bis 1655 Liter. Wenigstens zieht der Maserati bis zu 2,7 Tonnen weg, denn er ist das erste Modell in der 100-jährigen Maserati-Geschichte, das mit Anhängerkupplung bestellt werden kann.

Zum Händler rollt der Levante im Mai zunächst als Benziner in der S-Version. Sie kostet 88 000 Euro. Im Juli folgt der Diesel, im nächsten Jahr womöglich ein schwächerer V6-Benziner mit 350 PS.

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Quelle:
SZ vom 07.05.2016/harl
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