Auf der Tagesordnung der schwarz-roten Verhandler heißt der Punkt nüchtern "Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur". Nach reichlich Wahlkampfgetöse kommt dabei an diesem Donnerstag auch die Pkw-Maut auf den Tisch der Koalitionsgespräche von Union und SPD.
"Die Beteiligung nicht in Deutschland zugelassener Pkws an der Finanzierung der Infrastruktur muss Teil eines größeren Pakets sein", sagte der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) der Welt. Die Forderung der CSU nach einer Autobahngebühr nur für ausländische Autofahrer ist dabei nur ein eher kleines Element in einem Milliardenplan für mehr Verkehrsinvestitionen. Wichtige Fragen und Antworten zu dem Thema.
Wie viel Geld fehlt überhaupt?
Chronische Geldnot der öffentlichen Haushalte hat zu einem enormen Sanierungsstau geführt - nach der Konzentration auf den Aufbau Ost inzwischen verschärft im Westen der Republik. Allein für Investitionen in die 12.800 Kilometer Autobahnen und 39.700 Kilometer Bundesstraßen würden Jahr für Jahr 7,5 Milliarden statt der bisherigen fünf Milliarden Euro gebraucht, heißt es im Bundesverkehrsministerium. Für alle Straßen, Schienen- und Wasserwege bei Bund, Ländern und den Gemeinden errechnete eine Kommission einen Mehrbedarf von etwa sieben Milliarden - pro Jahr.
Was will die CSU mit einer Pkw-Maut erreichen?
Wie die Pkw-Maut konkret aussehen und wie viel Geld sie einbringen könnte, ist bisher nur zu erahnen. Klar ist, dass eine Autobahngebühr nicht allein für Ausländer gelten darf - eine Benachteiligung wegen der Nationalität verbietet das EU-Recht. Die CSU hat daher ein Modell mit einer Vignette für alle Autos vorgeschlagen, in dem Inländer aber einen Ausgleich über die Kfz-Steuer erhalten. "Wir wollen deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belasten", sagt der amtierende Bundesverkehrsminister Ramsauer. Er rechnet mit Einnahmen einer solchen Maut von bis zu 800 Millionen Euro. Der Autofahrerclub ADAC hält dagegen nur 262 Millionen Euro im Jahr für realistisch.
Politiker zur Pkw-Maut:Dagegen, dafür, dagegen, dafür
Die Kanzlerin lehnt die Pkw-Maut ab, ihr Verkehrsminister ist dafür. Spitzenpolitiker debattieren über die Abgabe - und widersprechen sich manchmal sogar selbst. Wie stehen Merkel oder Seehofer zur Maut? Sueddeutsche.de dokumentiert die Aussagen.
Was die Pkw-Maut wirklich bringt, lesen Sie hier.
Wie könnte eine Pkw-Maut funktionieren?
Das Verkehrsministerium prüft unter anderem eine Vignette, die für ein Jahr 100 Euro kostet. Daneben könnte es "Pickerl" für einige Tage und Wochen geben. Ein ähnliches Maut-System gilt auf Autobahnen in Österreich. Vorteil einer Vignette wäre, dass sie schon in zwei bis drei Jahren einzuführen wäre. Die SPD moniert aber, sie wäre "eine Flatrate fürs Vielfahren und ökologisch kontraproduktiv". Zum Ausgleich ist im Gespräch, dass heimische Autofahrer ihren jetzigen Kfz-Steuerbetrag in zwei Töpfe zahlen: als reduzierte Summe für die Steuer sowie als eine Art Infrastrukturabgabe für eine Vignette. Die Abgabe könnte zweckgebunden für Straßen-Investitionen verwendet werden. Ausländische Fahrer müssten eine Vignette kaufen und zahlten so ebenfalls in den Topf der Infrastrukturabgabe ein.
Wie hoch sind die politischen Chancen einer Pkw-Maut?
CSU-Chef Horst Seehofer hat die Einführung einer Pkw-Maut zur Bedingung für einen Koalitionsvertrag erklärt. Bei den Regierungspartnern in spe kann bisher von Zustimmung aber keine Rede sein. Die SPD sagt klar nein. "Weder europarechtlich noch praktisch funktioniert die volle Rückerstattung über die Kfz-Steuer für jeden Autofahrer", betont Verkehrs-Verhandlungsführer Florian Pronold. Die CDU hat keine klare Linie - einige Landesverbände haben Sympathie, andere sind strikt dagegen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im TV-Wahlkampfduell vor einem Millionenpublikum versichert: "Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben." Inzwischen relativierte Regierungssprecher Steffen Seibert, dies müsse im Zusammenhang gesehen werden, dass Inländer nicht belastet würden ( dazu hier ein SZ-Kommentar).
Welche Geldquellen sind noch im Gespräch?
Bei aller Aufregung um die Pkw-Maut sind Union und SPD eigentlich nahe beieinander, wenn es um andere Instrumente geht. Eigens für die Koalitionsgespräche haben nämlich alle 16 Länder parteiübergreifend ein Konzept vorgelegt. Vorgeschlagen wird darin ein Sanierungsfonds, der über 15 Jahre mit insgesamt 40 Milliarden Euro vom Bund gespeist werden soll. Ergänzend könnte allein eine Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen jährlich 2,3 Milliarden Euro mehr einbringen - bisher sind es auf Autobahnen und mehreren größeren Bundesstraßen 4,5 Milliarden Euro. Auch eine Pkw-Maut für Ausländer ist in dem Papier als Option genannt - zu prüfen auf Vereinbarkeit mit EU-Recht.