Kein Zweifel, die Schreiben aus Italien sind amtlich. Das Siegel der Polizei in der einen Ecke, der " Security Stamp" einer Firma namens Emo in der anderen: ein Strafzettel. "Wir informieren Sie darüber", so erfahren dieser Tage reihenweise deutsche Italien-Urlauber, "daß dem Fahrzeug Ihres Eigentums ein verwaltungsrechtlicher Bußgeldbescheid auferlegt wurde", wegen "einer Übertretung der italienischen Straßenverkehrsordnung". Binnen 20 Tage nach Erhalt sei die Strafe zu zahlen, sonst - tja. Sonst passiert erst mal gar nichts.
So gehen Italiens Kommunen derzeit auf die Jagd nach deutschen Bußgeldern. Die Schreiben kommen von der Polizei in Florenz, Rom oder sonstwo, sie richten sich mal an Parksünder, mal an dreiste Busspur-Benutzer. Nicht selten sind die Strafen dreistellig, eingetrieben werden sie von einem Florentiner Subunternehmer namens "European Municipality Outsourcing", eben Emo. Praktischerweise bietet er die Begleichung der Schuld gleich online an. Sofern man überhaupt zahlen will: Buße ist Privatsache, so steht es im Kleingedruckten. Es liege "im Ermessen des Empfängers, ob er in gütiger Einigung eine Zahlung durchführen möchte". Automobilclubs raten, solche Schreiben schlicht zu ignorieren.
Ein Akt der Verzweiflung
Die Post aus Florenz ist ein Akt der Verzweiflung. Seit Jahren schon ringen die Europäer darum, wie sie die Bußgelder von Touristen eintreiben können. Seit vergangenem Herbst ist das in Deutschland sogar möglich, zumindest theoretisch. Das Bonner Bundesamt für Justiz ist seitdem für die Vollstreckung ausländischer Bußgeldbescheide zuständig. Allerdings gestalte sich das Inkasso etwas "zählebig", wie es auch im Bundesverkehrsministerium heißt. Die Sache ist eben ziemlich kompliziert.
Das beginnt schon bei der Frage, wer für ein Vergehen zu büßen hat. In Deutschland ist die Frage klar: der Schuldige. Deshalb zeigen Beweisfotos für Raser immer den Fahrer; deshalb muss, wer seine Schuld abwälzen will, auch stets angeben, wer denn in der fraglichen Zeit am Steuer saß. Das ist in vielen Ländern anders, hier haftet der Halter. Deswegen richtet sich das Emo-Knöllchen an "das Fahrzeug Ihres Eigentums", und die zugehörigen Beweisfotos zeigen dieses Auto mitunter nur von hinten. Für eine Vollstreckung des Bußgeldbescheids in Deutschland aber reicht das nicht.
Formfehler verhindern Vollstreckung
Auch müssen ausländische Behörden jeden Vorwurf ins Deutsche übersetzen, sonst bleibt er folgenlos: Das Bundesamt treibt Geld nur ein, wenn ein Bescheid rechtskräftig ist und förmlich erging, dies wird eingehend geprüft. "Jeder kleine Formfehler verhindert die Vollstreckung in Deutschland", sagt Volker Lempp, Justiziar des Autoclubs Europa.
Für viele Urlauber bleibt das Regelwerk so folgenlos. Mit Österreich gab es schon vorher ein Spezialabkommen; und um Amtshilfe aus Bonn ersuchten bislang vornehmlich niederländische Behörden. Wie oft, lässt das Bundesamt im Dunkeln. Nur so viel: Kein einziges Mal setzte es bisher ein ausländisches Bußgeld mit Zwang durch. Italiens Eintreiber Emo versucht es derweil mit Drohungen. Der erste Brief sei "eine Art Höflichkeitssschreiben", warnt Emo im Internet. Wer nicht zahle, erhalte binnen 60 Tagen einen Bußgeldbescheid, zu zahlen binnen weiterer 60 Tage. "Nach Ablauf dieser Frist veranlasst die Polizei den Einzug", droht der outgesourcte Eintreiber. "Ich würde da gelassen bleiben", sagt Justiziar Lempp. Nur der Polizei in Italien sollte man besser nicht noch einmal begegnen.