Stickoxid-Belastung:Deutsche Großstädte liebäugeln mit Diesel-Fahrverboten

Feinstaub-Alarm in Stuttgart

Feinstaub-Alarm: In Stuttgart werden die zulässigen Stickoxid-Werte besonders häufig und besonders stark überschritten.

(Foto: Bernd Weissbrod/dpa)
  • Mehrere deutsche Großstädte sehen in der blauen Plakette eine Möglichkeit, gezielt Diesel-Fahrverbote durchzusetzen.
  • Durch den Aufkleber könnten Autos mit hohem Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden aus Städten und Ballungsräumen ausgeschlossen werden.
  • Bis die blaue Plakette wirklich kommt, wird es aber wohl noch einige Jahre dauern.

In einigen deutschen Großstädten könnten gezielte Fahrverbote für besonders umweltschädliche Dieselfahrzeuge kommen. Die Städte Berlin, München, Bremen und Stuttgart können sich vorstellen, eine solche Regelung per blauer Umweltplakette einzuführen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Durch den Aufkleber könnten Autos mit hohem Ausstoß von gesundheitsschädlichen Stickoxiden aus Städten und Ballungsräumen ausgeschlossen werden, in denen Grenzwerte immer wieder deutlich überschritten werden. Die Großstädte weisen jedoch auf die bislang fehlende gesetzliche Grundlage für eine blaue Umweltplakette hin. Die Stadt Bremen beispielsweise rechnet frühestens für das Jahr 2018 mit einer Einführung.

Die Plakette wurde im Frühjahr durch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) ins Gespräch gebracht. Von der Union und Automobilverbänden wurde sie dafür scharf kritisiert. Auch die Städte München oder Berlin warnten vor "sozialer Härte" bei der Einführung eines solchen Aufklebers. Es bedürfe Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen für Anwohner und ansässige Betriebe, hieß es aus den Stadtverwaltungen. Schließlich sei eine Nachrüstung der Dieselautos, wie etwa zur Reduzierung von Feinstaub mit einem Partikelfilter, nicht möglich.

Viele Städte testen bereits Alternativen zur Stickoxid-Reduzierung

Konkrete Pläne für Diesel-Fahrverbote gibt es in größeren deutschen Städten bislang jedoch noch nicht. In Düsseldorf wollen die Behörden abwarten, welche Rahmenbedingungen für die blaue Plakette gelten sollen. In Dortmund sagte eine Sprecherin der Stadt, erhöhte Stickoxid-Belastungen seien ausschließlich in Straßennähe nachweisbar. Bereits nach kurzer Distanz lägen die Belastungen unterhalb der Grenzwerte.

In München will die Verwaltung zunächst auf Alternativen setzen, um Stickoxid-Werte zu senken, etwa mit dem Ausbau von Ladestationen für Elektroautos oder der Förderung von Elektroautos und -fahrrädern für Handwerker, Vereine oder Lieferdienste. In Berlin verweist man auf die Anschaffung von neuen Linienbussen. Dadurch seien in bestimmten Straßen der Hauptstadt Stickoxid-Emissionen um mehr als zehn Prozent zurückgegangen.

Besonders kritische Überschreitungen in Stuttgart und München

Immer wieder werden in Städten und Ballungszentren die EU-Grenzwerte für Stickoxide deutlich überschritten. Das Umweltbundesamt stellte im vergangenen Jahr an rund 60 Prozent aller Messstationen für Stickstoffdioxid (NO₂) an stark befahrenen Straßen Überschreitungen fest.

Der von der EU festgelegte Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter im Jahresdurchschnitt wurde 2015 besonders deutlich in Stuttgart gerissen. Am Neckartor lag die Konzentration des lungenschädlichen Gases bei durchschnittlich 87 Mikrogramm. An der Landshuter Allee in München waren es 84 Mikrogramm pro Kubikmeter. Auch an einzelnen Messstationen in Köln, Kiel, Heilbronn, Hamburg und Darmstadt wurden Werte von mehr als 60 Mikrogramm pro Kubikmeter festgestellt.

Weil die Grenzwerte in Deutschland seit Jahren überschritten werden, hatte die EU-Kommission gegen Deutschland im vergangenen Jahr ein Verfahren eröffnet. Immer wieder warnen auch Umweltorganisationen vor gesundheitlichen Risiken durch Stickoxide.

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