Süddeutsche Zeitung

Staatskarosse 2029:Dienstwagen der Zukunft

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Es muss nicht immer nur Audi, BMW oder Mercedes sein: Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee bekam nun Vorschläge von Designstudenten präsentiert.

Marcus Müller

Früher waren Regierungslimousinen vor allem eines: schwarz. Außerdem wollte Konrad Adenauer, erster Kanzler der Bundesrepublik, unbedingt mit Hut im Fond Platz nehmen. Mitte der Fünfziger war das nur im Mercedes 300 möglich. Entsprechend mächtig war das 5,17 Meter lange Staatsmobil - samt Klapptisch und Trennscheibe zum Fahrer.

Wenn Wirklichkeit wird, was sich Designstudenten der Fachhochschule Pforzheim ausgedacht haben, dann dürfte der automobile Auftritt der deutschen Politik in ferner Zukunft deutlich spektakulärer werden. Die angehenden Gestalter, alle sind im dritten Semester, stellten Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) jetzt in Berlin ihre Entwürfe für die Regierungslimousine 2029 vor - in Form von elf Holzplatten, auf denen die futuristischen Entwürfe aufgezogen waren.

"Das ist ein Feuerwerk an Ideen, ich bin begeistert", urteilte der hemdsärmlig angetretene Tiefensee. Der Minister hatte sich im April zu einem langen Gespräch mit den Studenten in seinem Amtssitz getroffen, um ihnen seine Vorstellung der perfekten Dienstlimousine zu erläutern. Die Nachwuchsdesigner und ihr Professor Lutz Fügener, der dem Ministerium das Projekt vorgeschlagen hatte, erfuhren dabei, dass es sich heute in den Ministerautos schlecht arbeiten lässt, weil es zu dunkel ist, ein ordentlicher Tisch fehlt, die Enge auf langen Fahrten unbequem ist oder eben durch die Sitzanordnung Gespräche schwierig sind.

Das soll künftig ausgeschlossen sein. Kanzler und Minister könnten etwa in einem flachen, sportlich-spitzen Gefährt zu einem Termin anrollen und durch ein großes, durchsichtiges, sich öffnendes Hinterrad ihrer Staatskarosse entsteigen. So jedenfalls stellt sich Studentin Christina Koch die Regierungslimousine des Jahres 2029 vor.

Auch die Visionen ihrer zehn Kommilitonen reichen von noch entfernt an heutige Limousinen erinnernden Autos bis zu extrem avantgardistischen Formen. Marc Chirek etwa erdachte für den Passagier eine vom Fahrerraum getrennte Kugel, an deren Innenwände sich beliebige Umgebungen oder Video-Konferenzen projizieren lassen.

Kugelig ist auch der Entwurf von Nicolai Braun, in dem die zwei Passagiere im eiförmigen Fond in einem Winkel statt parallel zueinander sitzen, damit sie sich gut unterhalten können. Der Beifahrersitz lässt sich um 180 Grad drehen, sodass sich Referenten oder Dolmetscher nicht unbequem umdrehen müssen.

Die angehenden Designer setzten auch die Forderung Tiefensees nach möglichst umweltfreundlichen Antrieben um. Elektromotoren, deren Akkus entweder durch schon heute vorhandene Technik gespeist werden oder etwas futuristischer durch Induktionsschleifen im Boden, sind danach 2029 Standard. Studentin Koch will auch die Magnetschwebetechnik nutzen.

Die Entwürfe, die auch auf der IAA im September gezeigt werden, würden wohl nicht eins zu eins umgesetzt, sagte Minister Tiefensee nach der Vorstellung. Man könne sich aber nun durchaus gut vorstellen, dass sich Mobilität auch ganz neu denken lasse.

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Quelle:
SZ vom 20.07.2009
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