Sportcoupé im Test:Der BMW M2 verursacht mehr Stress als Freude am Fahren

Das kleine Coupé könnte der perfekte Alltagssportler sein. Wenn er nicht so viel Mühe hätte, seine immense Kraft auf den Boden zu bringen.

Von Thomas Harloff

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BMW M2 Coupé

Quelle: BMW Group

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Allerweltsautos zu entwickeln ist ein undankbarer Job, denn so ein Auto steckt voller Zielkonflikte. Es soll schön sein, gleichzeitig aber praktisch und geräumig. Es soll aus hochwertigen Materialien gefertigt und solide verarbeitet sein, aber dennoch billig. Außerdem soll es einen starken Motor haben und trotzdem wenig Sprit verbrauchen. Sportwageningenieure haben es da einfacher: Ihre Kreationen dürfen nur schön sein, gern etwas teurer, und der Kraftstoffkonsum ist den Besitzern weitgehend egal.

Diese Freiheiten wussten die Entwickler der BMW M GmbH stets zu nutzen. Ob M3, M4, M5, M6 oder vor allem das völlig zu recht gehypte 1er M Coupé von 2011: Die Sport-BMWs aus Garching bei München waren meist die dynamischsten Vertreter ihres Segments. Wenn es nun um den M2 geht, der nach langem Warten das 1er M Coupé beerbt, sind die Erwartungen hoch. Und sie werden, untypisch für ein BMW-M-Modell, enttäuscht. Nicht grundsätzlich, aber zumindest in einem Punkt.

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Dabei vermittelt der M2 den Eindruck, alles sei wie immer. So ist es den Designern gelungen, die etwas pummelig aussehende Karosserie des normalen 2er Coupés plötzlich muskulös erscheinen zu lassen. Man kann die von Quer- und Längsstreben zerfurchte Frontschürze, die breiten Kotflügel oder die vier Auspuffrohre übertrieben, sogar prollig finden. Aber dafür muss man schon eine arg konservative Einstellung gegenüber Autodesign an den Tag legen. Die meisten dürften die optischen Änderungen auf der nach oben offenen Proll-Skala für genau richtig halten - und für perfekt zu einem BMW M passend.

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Auch innen passt alles. Die Mittelkonsole neigt sich zum Fahrer, weshalb alle Bedienelemente leicht zu erreichen sind und der zentrale Bildschirm gut ablesbar ist. Das Sportlenkrad liegt mit seinem dicken Kranz wunderbar in der Hand. Die Sportsitze geben dem Körper Halt und Sicherheit, engen aber nicht ein und sehen mit ihrer Lederhülle und den farblich abgesetzten Nähten verdammt gut aus. Außerdem können im Fond zwei weitere Passagiere mitfahren - sofern es sich dabei um Kinder handelt. Das Gepäckabteil fasst immerhin 390 Liter, für 200 Euro extra lassen sich die Rücksitzlehnen umklappen.

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Aber wer solche Dinge möchte, kann sich auch ein 2er Coupé kaufen, das nicht das M-Signet trägt. Den M2 gönnt man sich wegen seines Motors. Ganz der Tradition folgend handelt es sich dabei um einen Sechszylinder, dessen Brennräume in Reih' und Glied angeordnet sind. Der mit drei Litern Hubraum und einem Turbolader gesegnet ist und außerdem noch bis maximal 7000 Touren dreht. Der 370 PS leistet und über ein breites Drehzahlband ein maximales Drehmoment von 465 Newtonmeter bietet, das kurzzeitig sogar auf 500 Newtonmeter steigen kann. Den man am besten mit dem famosen, weil sowohl reaktionsschnellen als auch harmonischen Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe kombiniert, das sich BMW allerdings mit 3900 Euro extra bezahlen lässt.

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Nur mit diesem Getriebe verfügt der M2 über die Launch Control, eine Startautomatik, die ihn in 4,3 Sekunden von Null auf Hundert beschleunigt. Und eine "Burnout"-Funktion, die auf Knopfdruck beim Losfahren die Hinterräder qualmen lässt. Das alles ist sinnfrei bis peinlich, aber demonstriert die Potenz dieses Triebwerks, das bei fast jeder Gelegenheit und annähernd jeder Drehzahl eine irre Kraftentfaltung anbietet. Und mit seinem dumpfen, grollenden und ziemlich rohen Klang die passende Soundkulisse dazu entfaltet. Als wolle es sagen: "Ich bin eine Höllenmaschine, und wenn Du mich reizt, dann verlässt Du ganz schnell den Pfad der Tugend."

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Dem Fahrer wird schnell klar, was das bedeutet. Klickt er den Kippschalter in den Sportmodus, sind die beiden Hinterräder immer wieder überfordert. Trotz ihres Breitreifen-Formats 265/35 ZR 19 mühen sie sich oft ohne Erfolg, die immense Kraft auf den Untergrund zu übertragen. Ein herzhafter Tritt auf das Gaspedal im dritten Gang am Kurvenausgang, um Speed auf die folgende Gerade mitzunehmen? Vergiss' es, das Heck kommt! Durchbeschleunigen im Vierten am Tunnelausgang auf der Autobahn? Hat wenig Sinn, weil das Hinterteil schwänzelt! Ständig muss das elektronische Stabilitätsprogramm Kraft wegregeln, damit der M2 sie überhaupt in Vortrieb ummünzt. Oder muss der Fahrer schnelle Reaktionen am Lenkrad beweisen, um das Coupé auf Kurs zu halten.

Natürlich muss man dem Testwagen zugutehalten, dass er mit Winterreifen ausgerüstet war und der oberbayerische Winter die Straßen hatte auskühlen lassen. Keine leichten Bedingungen, um Traktion aufzubauen. Doch glaubt man den Tests der Fachpresse, beweist der M2 seine driftfreudige Abstimmung auch bei warmem Sonnenschein. Das überrascht, denn einen solchen Charakter zeigten bislang weder der M3/M4 noch der Vorgänger. Im Gegenteil, das 1er M Coupé war der Beweis, dass sich aus einem Kompaktwagen ein traktionsstarker, ultimativ agiler Hecktriebler zaubern lässt.

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Okay, der 1er M war manchmal zu nervös und zappelig. Das ist der M2 nicht. Seine Lenkung ist recht schwergängig, aber liefert genau das richtige Maß an Direktheit und Rückmeldung. Das Fahrwerk ist straff abgestimmt, aber lässt den BMW auch auf einer unebenen Fahrbahn auf der gewählten Linie kleben. Jedenfalls dann, wenn der Fahrer das rechte Pedal in Ruhe lässt. Denn ein kleiner Gasstoß genügt, und das Heck keilt aus. Ein Fest für Freunde qualmender Drifts, aber Stress für alle, die entspannt eine flotte Landstraßen-Tour absolvieren wollen.

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Anhänger dieses Hobbys sollten lieber den M240i statt des M2 wählen. Der hat auch einen Sechszylinder-Turbo, ist nur 30 PS schwächer, kann aber optional mit Allradantrieb ausgerüstet werden. Zudem ist er 7800 Euro günstiger als der mindestens 57 500 Euro teure M2. Oder doch lieber das 1er M Coupé? Dafür muss man allerdings bereit sein, den Preis eines M2 für einen Gebrauchtwagen auszugeben.

Technische Daten BMW M2 Coupé DKG:

R6-Benzinmotor mit 3,0 Litern Hubraum und Turboaufladung; Leistung 272 kW (370 PS); max. Drehmoment: 465 Nm bei 1400 - 5560/min (im Overboost: 500 Nm bei 1450 - 4750/min); Leergewicht: 1595 kg; Kofferraum: 390 l; 0 - 100 km/h: 4,3 s; Vmax: 270 km/h (mit M Driver's Package); Testverbrauch: 9,7 l / 100 km (lt. Werk: 7,9; CO-Ausstoß: 185 g/km); Euro 6; Grundpreis: 61 400 Euro

Das Testfahrzeug wurde vom Hersteller zur Verfügung gestellt.

© SZ.de/ihe/mane
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