Smart Key:Sehnsucht nach dem Zündschlüssel

Smart Key: Georg Kacher findet nicht jeden elektronischen Schnickschnack sinnvoll.

Georg Kacher findet nicht jeden elektronischen Schnickschnack sinnvoll.

(Foto: SZ)

Heute heißt das Zugangs- und Fahrtberechtigungsmittel Smart Key. Ihn fallen zu lassen oder zu verlieren, kostet so viel wie ein Dinner mit Weinbegleitung beim Sternekoch. Ist er also wirklich besser als der alte Autoschlüssel?

Von Georg Kacher

Autoschlüssel, das war gestern. Heute heißt das Zugangs- und Fahrtberechtigungsmittel Smart Key. Hinter dem Marketingsprech verbirgt sich ein Mini-Computer mit Farbdisplay, der kaum größer ist als ein Schminkspiegel, aber so schwer wie eine Handvoll Kleingeld. Der intelligente Handschmeichler dümpelt im Schrittrhythmus in der Hosentasche. Der Alleskönner will regelmäßig drahtlos aufgeladen werden - natürlich genau in jener Mulde, in der eigentlich das Mobiltelefon zu Hause ist. Vollgesogen mit Energie, gibt das schwarze Kunststoffteil minutenlang mehr Wärme ab als eine Handvoll heißer Maroni.

Man kann mit dem Ding den Wagen mehr oder wenig prompt per Funk öffnen und verschließen. Oder die Fuhre fahrerlos rückwärts in die zu eng gekaufte Garage einparken lassen. Oder mit einem angedeuteten Dropkick vom Elfmeterpunkt hinter der Heckklappe Sesam-öffne-dich spielen. Nur zünden hat dieser Schlüssel nie gelernt. Ihn fallen zu lassen oder zu verlieren, kostet so viel wie ein Diner mit Weinbegleitung beim Sternekoch. Auf dem Tresen der Eitelkeiten wirkt das lutscherförmige Ding mit dem unübersehbaren Logo kaum weniger peinlich als ein Smartphone mit Totenkopfschutzhülle.

Der Hersteller spart sich durch den mit Chips vollgepackten Multifunktionsknubbel teure Zünd- und Türschlösser. Über den Mehrwert für den Kunden kann man freilich geteilter Meinung sein. Muss man den aktuellen Service-Status auch mobil abfragen können? Wäre eine automatische Sicherheitsschließung nicht sinnvoller als die Hinweiszeile auf ein offenes Fenster oder Schiebedach? Ist die Restreichweite wirklich ein Thema für den Stadtbummel? Ganz abgesehen davon, dass die im Mobiltelefon gespeicherte App ähnliche Talente besitzt wie der aufpreispflichtige E-Schlüssel, unabhängig vom Standort funktioniert und mit Extra-Zuckerln lockt wie dem drahtlosen Programmieren des nächsten Reiseziels, inklusive Tank- oder Ladestopps und Parkplatzsuche.

Diebstahlsicher ist übrigens weder das eine noch das andere elektronische Helferlein. Die Verbindung zwischen Nutzer und Fahrzeug kann mangels aufwendiger Verschlüsselung relativ leicht gehackt werden. Stimmt - im modernen Schlüsselzeitalter vereist nichts mehr, der einst störrische Tankdeckel ist jetzt in die Zentralverriegelung eingebunden, und der Memory-Butler serviert Sitz, Lenkrad und Spiegel ungefragt in Wunschposition. Trotzdem war der gute alte Zündschlüssel in Sachen Funktionssicherheit und Bedienbarkeit nicht zu toppen, denn seinerzeit hauchte keine Minibatterie beim ersten Frost ihr Leben aus, konnte kein kapriziöser Transponder dazwischenfunken, verwischte kein Elektrosmog die Spur von Sender zu Empfänger.

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